Donnerstag, 05.06.2008

Die Bavarisierung der Pfalz schreitet voran. Ein Gesetzesvorhaben, das nach bayrischem Vorbild die vollständige Abschaffung des Versammlungsrechts anstrebt ist, für Rheinland-Pfalz noch nicht angekündigt. Das hindert die dortige Polizei jedoch nicht daran, die praktische Umsetzung eines solchen Gesetzes schon einmal zu proben. Am 31. Mai nutzte sie ausgerechnet eine Demonstration gegen Polizeigewalt, um unverholen zu zeigen, dass sie in der pfälzer Provinz tun und lassen kann, was sie will. Hintergrund der Demonstration waren die massiven Übergriffe der Polizei gegen Linke beim Naziaufmarsch am 1. Mai in Neustadt (an der Weinstrasse). Dort hatten linksradikale und bürgerlichen AntifaschistInnen die repressive Strategie des Ignorierens von Stadt und Polizei durchbrochen und gemeinsam einen Aufmarsch von 300 Neonazis in Neustadt verhindert. Neben Schikanen und Gewalt auf der Straße fiel die Polizei auch durch ihr Verhalten gegenüber festgenommenen GegendemonstrantInnen auf: Unter anderem musste sich eine Minderjährige im Polizeigewahrsam vollständig entkleiden und wurde rechtswidrig ohne Wissen der Eltern verhört. Obwohl selbst die lokalen Medien diesen Vorfall nicht völlig verschweigen konnten und die Polizei nun gezwungenermaßen gegen sich selbst ermittelt, hinderte es diese nicht daran die Repression gegen Linke zu verschärfen. Nach der medialen Hetze des Provinzblatts Rheinpfalz, schikanöser Auflagen (1 2) und eines Verbots großer Teile der Demonstrationsroute im Vorfeld machte die Pfälzer Polizei am 31. Mai mit einem Aufgebot von 800 BeamtInnen, Wasserwerfern, Räumpanzern und einem Hubschrauber — gegenüber 150 DemonstrantInnen — das Versammlungsrecht vollständig zur Farce. Die komplette Abriegelung der Neustädter Innenstadt sowie zahlreiche verbale und körperliche Übergriffe bei Kontrollen sollten bewusst ein Klima der Angst erzeugen und deutlich machen, dass Freiheitsrechte in der bürgerlichen Gesellschaft letztlich immer vom good will der staatlichen Gewalt abhängig sind. Die zunehmende Abschaffung des Versammlungsrechts — ob rechtlich oder faktisch — zielt auf die Zerschlagung jeglicher emanzipatorischer Opposition. Wahrscheinlicher ist, dass sie lediglich eine Verlagerung auf andere Widerstandsformen zur Folge haben wird.