Der Coburg Stadtrat hat am 28. November über den Stadtratsantrag der Grünen (6 Sitze von 40 plus Oberbürgermeister) abgestimmt. Die Aufstellung einer Informationstafel zu dem militaristischen CC-Kriegerdenkmal wurde beschlossen, was längst überfällig ist. Die Entfernung der Plaketten der CC-Altnazis Max Lindemann und Ferdinand Ernst Nord an der Umfassung des kreisrunden Platzes um die kriegsverherrlichende Skulptur wurde jedoch mit 21:11 Stimmen abgelehnt (9 Ratsmitglieder fehlten bei der Abstimmung).
In der Coburger Stadtratssitzung tat sich als Wortführer der Pro-CC-Fraktion der rechte CSUler und derzeitige zweite Bürgermeister Hans-Herbert Hartan hervor. Hartan will im März 2026 für die CSU bei der Coburger Oberbürgermeisterwahl kandidieren, am 7. Dezember ist die Aufstellungsversammlung des CSU-Kreisverbands Coburg-Stadt.
Zwar ist Hans-Herbert Hartan selbst nicht korporiert, aber er ist gern gesehener Gast in „waffenstudentischen“ Kreisen. Anfang September 2023 feierte die „Landsmannschaft Mecklenburgia-Rostock zu Hamburg“ im „Coburger Convent“ ihr „153. Stiftungsfest“ mit Hartan als Ehrengast:
„Wir feierten heuer 153 Jahre Mecklenburgia und begannen das Festwochenende traditionell mit einem schneidigen Kommers in unserem mit Freundschafts-, Verbands- und Waffenbrüdern sowie einigen externen Gästen proper gefüllten Kneipsaal. Wir bedanken uns sehr bei allen für ihr Kommen. Als Festredner durften wir den 2. Bürgermeister unserer Kongreßstadt Coburg, Herrn Hans-Herbert Hartan, begrüßen. Die Corona lauschte aufmerksam seinen persönlichen Ausführungen und Einschätzungen als Coburger zum CC und seinem Kongreß.“
Die „Mecklenburgia“ ist eine Nazilandsmannschaft aus Hamburg mit Sendungsbewusstsein und das versteckt sie auch nicht: „Nichts für Mitläufer sondern für unerschrockene Haudegen mit Lust auf eine starke Gemeinschaft. Auch Gymnasialschüler finden hier in der Schülergruppe ihren Spaß.“
Gegründet wurde die „Mecklenburgia“ zu Beginn des Deutschen Kaiserreichs in Leipzig als Verein dort studierender Mecklenburger. Sie wurde „waffenstudentischen Korporation“ und verlegte nach Rostock, wo sie mit der „Turnerschaft Baltia“ fusionierte. Nach dem 2. Weltkrieg gründete sich die „Mecklenburgia“ 1958 wieder, dieses Mal in Hamburg. Als Reaktion auf die Wende gründete die „Mecklenburgia“ 1989 wie viele andere westdeutsche Korporationen eine „Schwesterverbindung“ in „Mitteldeutschland“: die „Akademische Landsmannschaft Baltia zu Rostock“.
Zu ihrem 150. Jubiläum im Jahre 2020 verfasste die „Landsmannschaft Mecklenburgia“ eine mehrere hundert Seiten dicke „Festschrift“. Zumindest war das der Plan, doch der Schinken wurde nicht rechtzeitig fertig und das um mehrere Jahre. Die „Festschrift“ zeigt einmal mehr, wie sehr Erinnerungspolitik die eigene Gesinnung widerspiegelt.
In ihrer „Festschrift“ berichtet die „Mecklenburgia“ über ein „Stiftungsfest“ aus anderen Zeiten, in denen Korporierte noch mehr zu feiern hatten: „1933 konnte Baltia ihr 50. Stiftungsfest feiern. Es dauerte vom 21. bis 25. Juli (diesmal von Freitag bis Dienstag), begann wieder mit Turnen und Sport auf dem Universitätssportplatz, am zweiten Tag folgten vormittags ein Festakt in der Universitätsaula (im Frack oder Smoking), bei der auch die Universitätsrektor eine Ansprache hielt. Daran schloß sich die bereits ausführlich erwähnte Gefallenengedenkfeier an und ein feierlicher Landesvater, sowie abends der Festball im Ratsweinkeller, am dritten Tag Konvente und Festkommers in der Tonhalle und am Montagabend ein Gartenfest.“
Auf der Doppelseite 338/339 sind Fotos von NSDStB-Kameradschaftern aus dieser Zeit abgebildet. Die „Landsmannschaften“ und „Turnerschaften“ gingen zum weit überwiegenden Teil in den NS-Studentenbünden auf: „Von den Kameradschaften ,Blücher‘ und ,Theodor Körner‘ gibt es leider keine Fotos. Beispielhaft seien daher oben zwei Bilder von NSDStB - Kameradschaften an der Universität Würzburg gezeigt – nicht Mecklenburgia.“
Auf der Doppelseite 320/321 feiert die „Mecklenburgia“ einige Fotos aus Coburg aus der guten, alten Zeit: hunderte am Kriegerdenkmal im Hofgarten („Beim letzten Pfingstkongreß 1935 noch einmal Studentenromantik pur: Totengedenken am Ehrenmal bei Fackelschein“) und tausende Hitlergrüßer auf dem Coburger Marktplatz („Pfingstkongreß 1935: Gemeinsame Veranstaltung mit der Deutschen Turnerschaft auf dem Marktplatz“).
Auf der Doppelseite 304/305 werden dank ihres Zynismus’ letzte Zweifel an ihrer Gesinnung ausgeräumt: „An den von den NS-Autoritäten organisierten Feierlichkeiten zum 1. Mai 1933 als ,Tag der Arbeit‘ nahmen nun auch die Korporationen teil – vermutlich auf Anordnung der Deutschen Landsmannschaft oder der Deutschen Studentenschaft. Nicht mehr feststellen läßt sich, ob die betont unmilitärische und schlappe Haltung der drei Mecklenburgen-Chargierten bei dem Aufmarsch eventuell Ausdruck einer inneren Distanz zu den Feierlichkeiten war.
Ebenfalls im Mai 1933 fand auch in Rostock die von der Deutschen Studentenschaft organisierte Bücherverbrennung statt. Offizieller Titel der Kundgebung war ,Wider den undeutschen Geist‘. Nach einem Fackelzug der Rostocker Korporationen mit ihren Chargierten (!) durch die Hauptstraßen Rostocks am 8. Mai 1933 wurde vor dem Universitäts-Hauptgebäude ein sog. ,Schandpfahl‘ errichtet, an den verschiedene Schriften jüdischer oder anderweitig verfemter Autoren angenagelt wurden (seit 2003 steht an derselben Stelle ein Mahnmal).
Am Folgetag wurden dann die Universitätsbibliotheken nach weiterer unliebsamer Literatur durchsucht. Diese wurde am 10. Mai in einer Aktion auf dem Vögenteichsplatz öffentlich verbrannt. In der Mecklenburger Zeitung wird diese Aktion nicht erwähnt. Aus einem Rundschreiben der Turnerschaft Baltia wissen wir aber, daß alle Rostocker Korporationen dabei waren, also wird das auch für Mecklenburgia gegolten haben.“