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Dienstag, 01.08.2023
Der Bundesgerichtshof hat seinen Beschluss zur Verlängerung der Untersuchungshaft der ehemaligen AfD-Bundestagsabgeordneten Birgit Malsack-Winkemann veröffentlicht. Sie gehörte zu den NaziputschistInnen um Heinrich XIII. Prinz Reuß zu Köstritz, deren Umsturzpläne laut BGH weit fortgeschritten und sehr konkret waren. Zu Malsack-Winkemann heißt es:
„Das Justizresort war der Beschuldigten zugewiesen, einer früheren Bundestagsabgeordneten und Richterin. Zwischen den Ratssitzungen hielt sie regelmäßig Kontakt zu anderen Mitgliedern der Vereinigung, unterschrieb die Verschwiegenheitserklärung und verfügte über ein Satellitentelefon zur vereinigungsinternen Kommunikation.“
Die Ex-AfD-Abgeordnete führte nicht nur Mitverschwörer durch den Berliner Reichstag, sie wollte offenbar auch selbst tödliche Gewalt anwenden:
„Ihre Vorbereitungen für einen erwarteten Ausnahmezustand nach gewalttätigen Auseinandersetzungen werden durch bei ihr aufgefundene Waffen in Form eines Revolvers und einer halbautomatischen Selbstladebüchse mit Zielfernrohr sowie etwa 7.000 Patronen belegt.“
Zwar kommunizierten die Nazis sehr spacig über Satellitentelefone, von bodenständiger Verschlüsselung hielten sie aber wohl nicht viel:
„Die Ermittlungen in dem vorliegenden Komplex, zwei gegen 63 Beschuldigte und gesondert Verfolgte betriebenen Verfahren, waren und sind sehr umfangreich; dies spiegelt sich unter anderem im Aktenbestand wider, der derzeit mehr als 200.000 Blatt Papier umfasst. Im Kontext der Verhaftungen der Beschuldigten sowie von mehr als 20 Mitbeschuldigten und gesondert Verfolgten ist es zu zahlreichen Durchsuchungen in mehreren Bundesländern gekommen. Dabei sind über 5.000 Asservate, darunter gut 1.800 Speichermedien, sichergestellt worden. Die diesbezügliche Datenmenge beträgt mindestens 265 Terabyte. Deren Durchsicht, Auslesung und Auswertung gestalten sich besonders zeit- und arbeitsintensiv. Daneben sind etwa 1.300 Waffen oder Waffenteile aufgefunden worden“.
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Mittwoch, 02.08.2023
Am 2. August 2023 durchsuchten Bullen des Landeskriminalamts Baden-Württemberg (LKA), des Polizeireviers Freiburg und der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) vier Wohnungen von fünf Linken in Freiburg. Die Durchsuchungen fanden wieder bei den Leuten statt, deren Wohnungen auch im August 2017 durchsucht worden waren.
Die Linken sollen linksunten.indymedia.org, die im August 2017 verbotene Nachrichtenplattform, weiter fortgeführt haben. Als statisches Archiv oder strafbares Denkmal – je nach Framing.
In der gemeinsamen Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe und des LKA BW heißt das „Aufrechterhaltung des organisatorischen Zusammenhalts dieser verbotenen Vereinigung“, im Juristendeutsch Verstoß gegen § 85 Abs. 1 Nr. 2 StGB.
Die BFE-Bullen rammten die Eingangstüren der vier Wohnungen auf, stürmten maskiert und schreiend in die Wohnungen und fesselten die Beschuldigten, soweit sie angetroffen wurden. Es wurden rund ein Dutzend Mobildevices und mehr als ein halbes Dutzend Computer beschlagnahmt, dazu etliche Speichermedien. Allein der Sachschaden geht in die Zehntausende – mal wieder.
Im Januar 2023 kriminalisierte der Karlsruher Staatsanwalt Manuel Graulich einen Hyperlink auf die linksunten-Archivseite, was zu den RDL-Razzien am 17. Januar 2023 in Freiburg führte. Nun hat der Staat fast genau sechs Jahre nach den ersten die zweiten linksunten-Razzien durchgeführt.
Aber dieses Mal kamen sie nicht, um eine aktive Open Posting-Seite abzuschalten, sondern um die vermeintlichen ErstellerInnen eines Archivs der Bewegungen zu verfolgen, das von den Bewegungen gespiegelt wird – ganz sicher nicht nur von fünf Menschen.
Repression gegen Archive ist nicht nur verwerflich, sie ist auch ahistorisch. Das linksunten-Archiv dokumentiert beispielsweise die Anfangsjahre der AfD wie kein Zweites. Wer den Aufstieg der AfD verstehen will, muss linksunten lesen.
Von den Vorläufern über die Gründung 2013 bis zur Bundestagswahl 2017. Denn vor sechs Jahren zog die AfD zum ersten Mal in den Deutschen Bundestag ein. Zwei Wochen vorher wurde Indymedia linksunten verboten. Doch auch wenn die AfD bei zwanzig Prozent steht: In Baden-Württemberg steht der Feind noch immer links.
Repression gegen eine linksradikale Nachrichtenseite ist offene Zensur. Sie ist ein Mittel der Reaktion im politischen Kampf. Repression gegen ein statisches Archiv hingegen erinnert irgendwie an irgendwas mit Windmühlen und Eseln.
linksunten bleibt.
Presse: RDL | SWR | SZ | Spiegel | jW | nd (English) | Netzpolitik | Heise | Golem | taz | BZ1 | BZ2 | LTO -
Donnerstag, 03.08.2023
Vom 1. bis zum 3. September soll im österreichischen Klagenfurt der „39. Burschentag“ des „Österreichischen Pennäler Rings“ (ÖPR) stattfinden. Die Mitglieder des rechtsradikalen Dachverbands österreichischer Schülerverbindungen wollen sich am Freitag ab 16 Uhr für einen „Redenwettbewerb“ auf der „Bude“ der „Tauriska“ und anschließend für einen Begrüßungsabend in der „Schleppe Eventhalle“ treffen. Am Samstag, den 2. September, beginnt um 10 Uhr ein „Symposium“ im Konzerthaus in der Mießtaler Straße 8, anschließend finden dort um 13 Uhr der „Verbandsconvent“ und um 14 Uhr der „Bundes-Delegierten-Convent“ des ÖPR statt. Ebenfalls im Konzerthaus soll am Abend auch der „Festkommers“ abgehalten werden. Vor dem „Kommers“ treffen sich die rechtsradikalen Burschen für einen Empfang im Landhaus Klagenfurt und veranstalten ein „Totengedenken“. Der „Burschentag“ des ÖPR endet mit einer Veranstaltung am Sonntag ab 11 Uhr auf Schloss Mageregg.
Vorsitzender des Dachverbands ist der FPÖler Udo Guggenbichler von der „Technischen Verbindung Hollenburg zu Ferlach“, der „Schülerverbindung Gothia zu Meran“, der „Burschenschaft Albia Wien“ und der „Burschenschaft Armina Graz“. Schriftwart ist der FPÖler Herwig Götschober von der „Wiener pennäler Burschenschaft Franko Cherusker“ und der „Wiener Burschenschaft Bruna Sudetia“. Im Jahr 2022 fand der ÖPR-Burschentag in Wels statt. -
Freitag, 04.08.2023
Laut eines BekennerInnenschreibens war der Fahrzeugbrand am Morgen des 31. Juli in Bötzingen am Kaiserstuhl ein Brandanschlag. Angegriffen wurde der AfD-Nazi Marco Näger, der „in der Hauptstraße 8 wohnt. Dort parkt auch sein silberner Ford Focus mit dem Kennzeichen FR-MH 3107.“
Der Brand wurde laut Pressemitteilung der Bullen von einem „aufmerksame[n] Fahrzeugführer [...] gegen 3.50 Uhr [...] mit Hilfe von Anwohnern“ gelöscht. „Die Höhe des Sachschadens bewegt sich Schätzungen zufolge im niedrigen vierstelligen Bereich.“
Zur Flucht der glücklich Entkommenen heißt es weiter im Schnitzeljagdjargon: „Laut Zeugenaussagen konnten kurz vor der Brandentdeckung zwei männliche Personen gesehen werden, welche auf Fahrrädern von der Schulstraße nach links in die Bahnhofsstraße einbogen und von dort den Fuß- und Radweg entlang der Bahnlinie in Richtung Steinstraße davonfuhren.“
Das BekennerInnenschreiben endet mit „[s]olidarischen Grüße[n] an die Betroffenen des Antifa Ost Verfahren[s]!“
Update: Autovervollständigung kaputt
Offenbar haben die Brandstifter von „Marco Nägers Auto“ das Kennzeichen verwechselt. Statt des Auto mit den Initialen des AfD-Kreisrats „FR-MN 3101“ wurde vor einer Woche wohl ein Wagen mit einem anderen KFZ-Kennzeichen angezündet. Laut Badischer Zeitung dementiert Näger, dass es sich um sein Auto handelt, und eine unbeteiligte Nachbarin bekennt sich zu ihrem ausgebrannten Wagen. -
Samstag, 05.08.2023
Am 29. Juli gab es in Heidelberg einen Antifa-Spaziergang zum Haus der Burschenschaft Normannia Heidelberg. Die Antifaschistische Initiative Heidelberg (AIHD) schreibt:
„Vom Uniplatz zogen wir mit rund 70 Antifaschist*innen lautstark zum Haus der Burschenschaft Normannia, das offensichtlich kurz zuvor mit Farbe angegriffen worden war.“
Doch trotz Farbbeuteln, Nachrufen und viel schlechter Presse ist die „Villa Stückgarten“ noch immer im Besitz der „Burschenschaft“. Wir stimmen der AIHD deshalb vollumfänglich zu, wenn sie die Notwendigkeit direkter Aktionen vor Ort betont:
„Zuletzt braucht es aber ebenso Aktionen, die rechte Netzwerke in ihrem Handeln einschränken und ihnen verdeutlichen, dass wir ihnen überall dort entgegentreten, wo sie sichtbar werden. Es liegt an uns, wie oft wir noch VOR diesem Haus stehen. Die Normannia ist am Boden. Sorgen wir dafür, dass sie nicht mehr aufsteht.“ -
Sonntag, 06.08.2023
Für den 19. August lädt die sächsische AfD-Abgeordnete Martina Jost zu einer „AfD-Frauenkonferenz“ nach Bautzen ein. Die Konferenz soll von 10 Uhr bis 16 Uhr im Residence-Hotel in der Wilthener Straße 32 stattfinden. Die sächsischen AfDlerinnen wollen sich dort „über Themen wie Frühsexualisierung und Gender“ austauschen. Als Referentin zu „Migration und Sicherheit“ wird Laila Mirzo angekündigt.
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Montag, 07.08.2023
Hessische Antifas haben vor der Landtagswahl am 8. Oktober umfangreiche Recherchedaten zur AfD Hessen aufbereitet und veröffentlicht. Auf der Seite finden sich Analysen, Fakten und Fotos der knapp 70 Personen die auf der Landesliste oder als DirektkandidatInnen für die AfD antreten. Antifas schreiben dazu:
„Gemeinsam mit euch wollen wir der AfD die Räume streitig machen, an denen sie sich oftmals wie selbstverständlich bewegen, unbehelligt fühlen und in Sicherheit wähnen. Ob Restaurant, Verein oder Arbeitsplatz: wer andere aufgrund eines rassistischen, antisemitischen, sexistischen und queerfeindlichen Weltbildes ausschließen, einsperren oder entsorgen will, sollte sich über Gegenwehr und Ausschluss nicht beklagen.“ -
Dienstag, 08.08.2023
In Brandenburg hat ein „Reichsbürger“ des Kampfmittelräumdienstes offenbar kiloweise Sprengstoff unterschlagen. Bei einer Razzia am 28. Juni in Zossen wurden außerdem Schusswaffen, Munition und Handgranaten gefunden.
In einer dpa-Meldung vom 30. Juni hieß es noch: „Ein Bezug zur Reichsbürgerszene habe sich bislang nicht bestätigt.“ Das Berliner Boulevardblatt BZ schrieb einen Monat später: „Verwandte berichten von Reichsbürger-Aussagen.“
Die Zeitung berichtet außerdem von einem zufälligen Fund illegaler Munition bei einem Berliner LKA-Bullen: „Er arbeitet auf einer technischen Dienstelle im Anti-Terror-Zentrum des LKA an der Ringbahnstraße (Tempelhof). In der Nacht zum 25. April ging in einer Fahrzeughalle auf dem LKA-Gelände ein Wagen in Flammen auf. Die Feuerwehr setzte zunächst einen Wasserwerfer ein, weil die Retter zu große Sorgen vor Munition oder Explosivstoffen hatten.“
Die Feuerwehr fand haufenweise scharfe Munition: „In einem Stahlblechschrank lagerten 200 Patronen unterschiedlichen Kalibers, darunter auch Munition, wie sie von den Präzisionsschützen des Spezialeinsatzkommandos (SEK) verwendet wird (7,62×51 NATO und Cal .50).“ -
Mittwoch, 09.08.2023
Das Antifamagazin Der Rechte Rand hat in der Ausgabe Juli/August 2023 den Artikel „Expansionsfantasien im Ländle“ zu den Aktivitäten der „Reichsbürger“-Organisation „Königreich Deutschland“ (KRD) um Peter Fitzek veröffentlicht.
Unter anderem werden darin die Freiburger Ortsgruppe des KRD und ihr Propagandafilmer Niclas Dreier thematisiert. Die KRD-Ortsgruppe hat sich mehrmals im Haus 37 auf dem Vauban getroffen. Ausgerechnet im Stadtteilzentrum des Grünen Modellstadtteils also, welches die „Reichsbürger“ allerdings nach einem Hinweis sofort rausschmiss. -
Donnerstag, 10.08.2023
Am 9. August wurde Findus aus der JVA Heimsheim entlassen. Der Antifaschist und Redskin war im September 2020 vor dem Stuttgarter Amtsgericht angeklagt und zu zweieinhalb Jahren ohne Bewährung verurteilt worden. Zehn Anklagepunkte standen im Kontext antifaschistischer Demonstrationen, aber es gab auch andere wie Hausfriedensbruch im Zuge einer Hausbesetzung. Findus organisierte sich im Knast und wurde dabei von außen unterstützt. Aus Solidarität mit der Forderung nach Rücknahme der Zensur kurdischer Fernsehsender in der JVA Stammheim machte Findus zusammen mit zwei weiteren Gefangenen im Mai einen befristeten Hungerstreik. Wir freuen uns sehr über die Entlassung, der Kampf geht weiter!
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Freitag, 11.08.2023
Am 11. August hat die Umweltkampagne Soulèvements de la terre in einem Eilverfahren vor dem französischen Staatsrat einen juristischen Teilerfolg gegen die Auflösung des Kollektivs durch Innenminister Gérald Darmanin erreicht. Vorgeworfen wird den Linken „Anstiftung zur Begehung von Sabotage und materiellem Schaden, auch durch Gewalt“. Der Staatsrat hingegen ist der Ansicht, dass die Regierung keinen Beweis dafür geliefert habe, dass das Ökokollektiv „gewalttätige Handlungen gegenüber Menschen“ befürwortet habe. Das Hauptverfahren wird erst in ein bis zwei Jahren erwartet.
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Samstag, 12.08.2023
Mitte Juli haben Feuerwehrleute in Gundelsheim bei Heilbronn auf der Rückfahrt von einer Veranstaltung aus einem Mannschaftswagen heraus „Sieg Heil“ über die Lautsprecheranlage gerufen. Ebenfalls Mitte Juli haben Feuerwehrleute in Leonberg bei Stuttgart, die auch auf dem Rückweg von einer Veranstaltung waren, ebenfalls über die Lautsprecheranlage ihres Feuerwehrautos Naziparolen gerufen.
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Sonntag, 13.08.2023
Die Desiderius-Erasmus-Stiftung der AfD ist seit März 2023 „Mitglied in der europäischen Stiftung Identität und Demokratie (ID Foundation)“. Damit kann die rechtsradikale DES laut ihres aktuellen Rundschreibens „europäische Mittel“ abgreifen, um damit auch ohne Bundesmittel Veranstaltungen zu finanzieren. Als erste solche Veranstaltung soll ein „Kongress“ der „ID Foundation“ mit AfD-Beteiligung in Wien stattfinden, anschließend sollen „ein weiterer Kongress in Straßburg und mehrere Einzelveranstaltungen in Deutschland“ folgen.
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Montag, 14.08.2023
In Weißenfels wurde am 12. August die erste CSD-Parade im sachsen-anhaltinischen Burgenlandkreis von Nazis angegriffen. Rund 20 Rechtsradikale zeigten Hitlergrüße und warfen Flaschen auf den Umzug, an dem sich etwa 600 Menschen beteiligten. Die Polizei hatte hatte zu Beginn zu wenig Bullen zusammengezogen, um die TeilnehmerInnen zu schützen, woraufhin sich der Beginn der Demonstration eine dreiviertel Stunde verzögerte.
Gegen den diesjährigen CSD in Freiburg am 24. Juni hatte es mediale Angriffe von den baden-württembergischen Homosexuellen-Verbänden LSVD und IG CSD Stuttgart gegeben. Anlass war, dass die Freiburger OrganisatorInnen den CSD explizit unter ein antifaschistisches Motto gestellt und mit entsprechender Symbolik Werbung gemacht hatten. In Stuttgart gab es daraufhin beim CSD am 19. Juli Proteste gegen die IG CSD Stuttgart. Trotz der Anfeindungen war der Freiburger CSD mit rund 17.000 TeilnehmerInnen und bis zu 40.000 ZuschauerInnen der größte CSD in der Freiburger Stadtgeschichte. -
Dienstag, 15.08.2023
Recherche Nord hat eine Naziwanderung am 15. Juli im Bremer Umland zur NS-Kultstätte „Stedingsehre“ dokumentiert. Unter den 33 Teilnehmenden befanden sich Nazis von IB, JN und NPD über den „III. Weg“ bis zur AfD. Darunter waren bekannte Nazis wie der Rechthaber und IB-Schläger Mario Müller, der Bremer Netzwerker Henrik Ostendorf oder der ehemalige JN-Bundesvorsitzende Sebastian Richter, aber auch sechs Kinder, denen Naziaufkleber in die Hände gedrückt wurden.
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Mittwoch, 16.08.2023
Die schwedische Antifa hat die internationalen Kundendaten eines Naziwebshops veröffentlicht:
„Dank der fehlenden IT-Kenntnisse der ,Nordischen Widerstandsbewegung‘ hatten wir teilweise über mehrere Jahre vollständigen Zugriff auf die Kundendaten des ‚Greenpilled‘ Webshops. Wir haben seitdem Monat für Monat die Bestellungen verfolgt und uns nun entschlossen, die Informationen zu veröffentlichen.“ -
Donnerstag, 17.08.2023
Bad Säckingen liegt an der Schweizer Grenze, rund 40 Kilometer rheinaufwärts östlich von Basel. Die Stadt hat knapp 18.000 BewohnerInnen, das angrenzende Dorf Stein AG auf Schweizer Seite des Rheins etwas über 3.000. Bad Säckingen baute 2016 Unterkünfte für Geflüchtete, so wie viele Gemeinden in Baden-Württemberg: Möglichst billig.
Die Gemeinschaftsunterkunft in der Gettnau, einem Gewerbegebiet am Rhein, musste nun geschlossen werden. Unter einer abgefallenen Wandplatte war schwarzer Schimmel gefunden worden, „so giftig, dass keine Menschen mehr in der Unterkunft untergebracht werden können“.
„Erste Hinweise auf derartige Probleme“ gab es bereits vor sieben Jahren, „schon bald nach Einweihung des mehr als drei Millionen Euro teuren Gebäudes im Jahr 2016“. Aber die Stadt Bad Säckingen und Landratsamt mauern und verschweigen die katastrophalen Zustände. Schon vor 2019 war dort bekannt, dass „in Zimmern Wasser aus der Decke laufe“.
Gefunden wurde Pfusch am Bau, verantwortlich gemacht wurden die Geflüchteten: „[M]anche Bewohner wüssten nicht mit den Duschen umzugehen, zu viel Wasser sei auf den Boden außerhalb der Duschen gelangt. Das Wasser dringe dann mangels Bodenablauf in die Decken und Wände ein, suche sich einen Weg und trete dann in Zimmern aus der Decke aus.“ Getreu des urdeutschen Grundsatzes „Selbst Schuld“ ließ die Stadt es laufen und verzichtete auf ihre Gewährleistungsansprüche.
Mitarbeiter des zivilgesellschaftlichen Integrationsvereins Refugees Integrated berichteten, dass im Dezember 2022 „beim Öffnen einer Wand massiv schwarzer und gelber Schimmel zutage getreten ist. Bei Messungen durch das Gesundheitsamt wurde offenbar eine hohe und gesundheitsgefährdende Sporenbelastung festgestellt. Deshalb hat man wahrscheinlich Haus eins geräumt.“ -
Freitag, 18.08.2023
In Berlin hat ein 63-jähriger Mann eine rechtsradikale und homosexuellenfeindliche Anschlagsserie gestanden. Der Täter wurde am 15. August verhaftet, die gestandenen Taten hatte er in den Tagen zuvor verübt.
„Auf das Konto des Mannes gehen sollen demnach eine brennende Bücherbox am Holocaust-Mahnmal ,Gleis 17‘ im Berliner Grunewald sowie ein Angriff auf das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen am Tiergarten. Nach einem Brandanschlag auf einen Verein lesbischer Frauen in Neukölln Montagfrüh wurde ein Haftbefehl gegen den Beschuldigten erlassen“.
Der Mann dürften noch weitaus mehr Delikte begangen haben. Überführt wurde er aufgrund seines Namens, der er bei früheren Taten auf Plakaten hinterlassen hatte.
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Samstag, 19.08.2023
In der italienischen Stadt Carrara in der Toskana führte auf Betreiben der Staatsanwaltschaft Genua die berüchtigte Bulleneinheit DIGOS am Morgen des 8. August eine Razzia durch. Die Razzia fand in dem nach einem lokalen Anarchisten benannten Anarchistischen Zentrum „Gogliardo Fiaschi“ statt. Es wurden Zeitschriften, Bücher, Flugblätter, Plakate und Datenträger beschlagnahmt. Ziel war die Zensur der zweiwöchentlichen Zeitung „Bezmotivny“ – „eine Zeitung ohne Motiv, internationalistisch, anarchistisch“.
Der italienische Staatsanwalt Federico Manotti hatte zuvor Haftbefehle gegen zehn italienische GenossInnen beantragt. Der zuständige Ermittlungsrichter erließ jedoch „nur“ vier Mal Hausarrest, fünf Meldeauflagen mit nächtlichen Aufenthaltsvorschriften und lehnte in einem Fall Maßnahmen ab. Angeklagt sind die GenossInnen als „subversive Vereinigung zu terroristischen Zwecken (Art. 270 Strafgesetzbuch) und der „Anstiftung zu einem Verbrechen“ (Art. 414 Strafgesetzbuch), verschärft noch durch „terroristische Ziele“. Neben Majestätsbeleidigung von Meloni ist der Vorwurf im Wesentlichen „subversive Propaganda“ verbreitet zu haben. -
Sonntag, 20.08.2023
Am 19. Dezember 1980 ermordete der 29-jährige Nazi Uwe Behrendt den Rabbiner und Verleger Shlomo Lewin und dessen Freundin Frida Poeschke mit einer Maschinenpistole an ihrer Wohnungstür in Erlangen. Zumindest ist das bisher die offizielle Einzeltäterversion des Doppelmordes an dem Mann, der sich wie Wenige gegen Karl-Heinz Hoffmann engagiert hatte, den Gründer der „Wehrsportgruppe Hoffmann“ (WSG).
Bevor Behrendt Mitglied der WSG wurde, war er Mitglied im „Hochschulring Tübinger Studenten“ (HTS) des Reutlinger Nazis Axel Heinzmann – beide waren von der BRD aus der DDR freigekauft worden. Über Heinzmann bekam Behrendt Kontakt zur WSG.
Durch einen Zeit-Artikel (Kopie) wurde nun der V-Mann Franz Lippert als Mitwisser zumindest der Anschlagsvorbereitungen enttarnt. In einer Quellenmeldung des bayerischen Landesamtes an das Bundesamt für Verfassungsschutz „berichtet der V-Mann von einem Besuch bei Hoffmann, [Franziska] Birkmann und Behrendt, die zu diesem Zeitpunkt gemeinsam in einem Schloss nahe Erlangen lebten. In der Küche des Schlosses Ermreuth traf der Informant am 13. Dezember 1980 auf die drei, die gerade dabei waren, Metallrohre zurechtzusägen. Insbesondere Hoffmann soll durch große Vorsicht aufgefallen sein, Fingerabdrücke auf dem Material zu vermeiden.“ Bei dem Attentat wurde ein selbstgebauter Schalldämpfer verwendet.
Aber der Verfassungsschutz schwieg und der Mord geschah. Hoffmann erzählte später vor Gericht, dass der Schalldämpfer der Prototyp für eine Waffenproduktion im Libanon und keine Mordwaffe gewesen sei. Der bayerische Richter akzeptierte die Erklärung und Hoffmann wurde freigesprochen. Und der Verfassungsschutz schweigt noch immer und nichts geschieht. -
Montag, 21.08.2023
Der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz von 2012 bis 2018, Hans-Georg Maaßen, ist bei Ermittlungen zur Reuß-Putschtruppe ins Visier des LKA Hessen geraten. Das LKA beschlagnahmte das iPhone des im Reuß-Verfahren als Zeuge geführten Nazis Markus Krall. Darauf befanden sich WhatsApp-Chats zwischen Krall und Maaßen, in denen die beiden kämpferische Grüße austauschten.
Das hessische LKA informierte das federführend ermittelnde BKA und dieses stellte eine „Erkenntnisanfrage“ ans Bundesamt für Verfassungsschutz, was Maaßen – bekanntlich selber Nazi – höchst empörend fand. Zuletzt gab Maaßen der Nazizeitung „Zuerst“ ein Interview, in dem er das Verbot der Antifa forderte.
Im Februar 2022 analysierte der Spiegel Maaßens Wirken für Rechts: „Bevor er als Verschwörungsideologe auffiel, führte Hans-Georg Maaßen den Verfassungsschutz. SPIEGEL-Recherchen zeigen: Schon während seiner Amtszeit ignorierte er neue Gefahren von rechts und bremste die Beobachtung der AfD aus.“
Nicht thematisiert wird zumeist Maaßens Wirken gegen Links: Hans-Georg Maaßen betrieb 2017 das Verbot von Indymedia linksunten, seine Behörde sollte für das BMI Entschlüsselung und Auswertung übernehmen. Der VS-Chef wurde später als Nazi gegangen, aber seine Politik geht weiter, wie die linksunten-Razzien am 2. August in Freiburg gezeigt haben. -
Dienstag, 22.08.2023
Nur kurze Zeit nach seinem Auftritt in der Nazizeitschrift „Zuerst“ hat Hans-Georg Maaßen dem österreichischen Nazimagazin „Freilich“ ein längeres Interview gegeben. Geführt wurde das auf zehn Seiten präsentierte Interview über „die Gefahren des Linksextremismus“ durch den rechtsradikalen Publizisten Bernd Kallina von der „Burschenschaft Danubia München“. Kallina hatte am 25. Oktober 2022 in der Godesberger Stadthalle bereits eine Veranstaltung mit Maaßen organisiert. Der Ex-Geheimdienstchef referierte dort im Rahmen von Kallinas Vortragsreihe „Godesberger Pressestammtisch“ über das Thema „Deutschlands Lage – Wie stabil und sicher ist unsere Demokratie?“ Kallinas „Pressestammtische“ finden teilweise auch auf dem Haus der „Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn“ statt.
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Mittwoch, 23.08.2023
Die deutsche Polizei hat im Jahr 2021 in 55 Fällen versucht, Geräte von Beschuldigten zu hacken, um Staatstrojaner aufzuspielen, in 32 Fällen erfolgreich. In vielen Fällen dürften Handys die Ziele gewesen sein und meistens ging es um Drogen. Oft hilft es schon, regelmäßig Updates zu machen und regelmäßige Neustarts. Auch ein alternatives Betriebssystem mit erweiterten Sicherheitsfunktionen wie GrapheneOS für Android kann helfen oder bei Apple-Geräten aller Art den Blockierungsmodus anzuschalten. Alle Geräte sollten sich zudem gegen Beschlagnahmen automatisch sperren und falls möglich zeitgesteuert von alleine ausschalten. Nach dem Ausschalten greift dann die Verschlüsselung der Daten.
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Donnerstag, 24.08.2023
Das Antifa Infoblatt hat eine Zusammenfassung unseres Coburg-Communiqués zum „Coburger Convent“ veröffentlicht. Das AIB fokussiert auf das Kapitel „Der Burgfrieden“ über Hansjörg Müller und seinem Waffenhändler Alexander Reichl. Es geht um Korruption und Filz im Coburger Rathaus und den Kampf des CC gegen die „Feindpresse“. Und am Ende wird der Kongressbeauftragte abgesetzt. Nach 51 Jahren. Antifa wirkt.
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Freitag, 25.08.2023
In Leipzig-Connewitz wurde nach den Razzien am 15. März bekannt, dass tags zuvor ein Hauseingang in der Eichendorffstraße mit einer verdeckten Videoüberwachung observiert worden war. Aufgrund einer Verwechslung schoss das SEK am Abend zwei Türen auf.
Am 23. August wurde ebenfalls in der Eichendorffstraße / Kochstraße eine verdeckte Videoüberwachung aus einem geparkten Auto heraus entdeckt.
„Hinter der getönten Heckscheibe befinden sich auf dessen Hutablage 2 Kameras, versteckt in einem Korb und in einem Beutel der Marke Congstar. Ein Kabelstrang führt verborgen unter Handtüchern in den Kofferraum. Die Objektive sind ausgerichtet auf einen Hauseingang / Gehweg.“ -
Samstag, 26.08.2023
Vom 26. August bis 3. September findet in der Nähe des französischen Bure ein transnationales Treffen zur Vernetzung der ländlichen und kleinbäuerlichen Kämpfe statt. Die Wahl des Ortes ist keineswegs zufällig, denn unter dem lothringischen Bure baut der französische Staat das Atommüllendlager CIGEO. Auf dem LPR-Camp (Rencontres des Luttes Paysannes et Rurales) werden dutzende Workshops und viele kulturelle Events angeboten und es sind fast hundert Vorträge und Podiumsdiskussionen geplant. Am Samstag hat das LPR begonnen, nächstes Wochenende nach Frankreich?
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Sonntag, 27.08.2023
Die britische Polizei hat Datenschutzprobleme, also Probleme, ihre Daten zu schützen. Zuerst der Nordirland-Leak Anfang August, bei dem die Namen und Dienstgrade und -orte aller rund 10.000 PSNI-Bullen und -Verwaltungsangestellten kurzzeitig veröffentlicht wurden.
Die Veröffentlichung geschah aus Versehen, als Antwort auf eine Informationsfreiheitsanfrage. Genau wie in Norfolk and Suffolk, wo Daten von mehr als tausend Menschen nach einer anderen Freedom of Information-Anfrage veröffentlicht wurden, darunter auch solche von Verbrechensopfern.
Ende August wurde der MET-Hack publik. Ein IT-Dienstleister der Londoner Metropolitan Police wurde gehackt, der Informationen zu allen MET-Bullen und -Angestellten wie Namen, Dienstgrade, Sicherheitsfreigaben und Fotos hatte. Die Folgen sind noch unbekannt, aber unter den Bullen grassieren Wut und Angst.
Am 23. August meldete dann die Polizei von South Yorkshire – immerhin die Region um Englands viertgrößte Stadt Sheffield – eine „erhebliche und ungeklärte Verringerung der auf seinen Systemen gespeicherten Daten“. In this case at least not in the wrong hands. -
Montag, 28.08.2023
Die RDL-Razzien am 17. Januar waren rechtswidrig. Das Landgericht Karlsruhe hat am 22. August entschieden, dass das Amtsgericht Karlsruhe „die Durchsuchungen ohne ausreichende Prüfungen durchgewunken hatte“, wie RDL veröffentlichte. Der SWR schrieb: „Die Hausdurchsuchungen sind laut Gericht nicht verhältnismäßig gewesen. Außerdem muss die Staatsanwaltschaft die bei den Durchsuchungen gefundenen Daten löschen.“
Anlass für die Razzien war ein RDL-Artikel zur Einstellung des §129-Verfahrens gegen die fünf als BetreiberInnen von Indymedia linksunten Verdächtigten fünf Jahre nach dem Verbot. Der Artikel enthielt einen Link auf das Archiv von linksunten.indymedia.org.
Diese fünf Personen werden nun wiederum der Verbreitung des linksunten-Archivs beschuldigt. Am 2. August ließ der ermittelnde Karlsruher Staatsanwalt Manuel Graulich die Wohnungen der fünf wie schon 2017 durch LKA, BFE und Freiburger Polizei durchsuchen und nahezu sämtliche IT-Infrastruktur beschlagnahmen. Die bei den RDL-Razzien beschlagnahmte Technik wurde nach drei Tagen herausgegeben, die Asservate vom August liegen auch nach mehr als drei Wochen noch immer beim LKA in Stuttgart.
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Dienstag, 29.08.2023
Der Langzeitgefangene Thomas Meyer-Falk wurde am 29. August nach 27 Jahren aus dem Gefängnis entlassen. Nach 17 Jahren Strafhaft wurde Thomas 2003 zur „Sicherungsverwahrung“ in den Freiburger Knast überstellt. Nach 10 Jahren gilt im Falle von „Sicherungsverwahrung“ eine Art juristische Beweislastumkehr. Nicht mehr der Gefangene muss beweisen, dass er keine Gefahr für die Gesellschaft darstellt, sondern der Staat muss beweisen, dass der Gefangene eine Gefahr darstellt. Dies misslang der Justiz gründlich, so dass das Warten endlich ein Ende hat. Willkommen draußen!
Presse: junge Welt | neues deutschland -
Mittwoch, 30.08.2023
Der Baden-Badener AfD-Stadtrat Martin Kühne ist zurückgetreten. Anlass war die „Hakenkreuz-Affäre“. Kühne hatte im Januar und März in einer Tiefgarage mit einem Stift Hakenkreuze und „Fuck UA“ auf zwei Autos mit ukrainischem Kennzeichen gemalt. Dafür wurde er vom Amtsgericht Baden-Baden per Strafbefehl zu 50 Tagessätzen verurteilt.
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Donnerstag, 31.08.2023
Am 31. August gab es zeitgleich Hausdurchsuchungen der Polizei bei „identitären“ Nazis in Oberbayern und Schwaben sowie im Landkreis Emmendingen in Baden-Württemberg und in drei Schweizer Kantonen: „Sieben Männern und einer Frau werfen die Ermittler unter anderem Volksverhetzung und Nötigung vor.“ Die Nazis seien „zwischen 20 und 33 Jahre alt“.
Ziel der Razzien waren Mitglieder der Nazigruppen „Identitäre Bewegung Deutschland“, „Wackre Schwaben“, „Lederhosenrevolte“ und „Junge Tat“ aus der Schweiz. Unter anderem beschwerte sich Martin Sellner über die Razzia bei den IB/JA-AktivistInnen Adrian Segner, Annie Hunecke und Michael Seibold sowie Manuel Corchia und Tobias Lingg.
Anlass für die Strafverfahren war eine rassistische Aktion am 9. Februar in Peutenhausen, einem 600 Leute-Kaff auf halbem Weg zwischen Ingolstadt und Augsburg, an der Grenze der Bezirke Oberbayern und Schwaben. Vermummte Nazis hatten an einer Geflüchtetenunterkunft ein Banner „Gefährderstandort“ aufgehängt, Rauchtöpfe gezündet und die Aktion gefilmt. Drei der Nazis konnten anschließend 24 Kilometer entfernt auf einem Rastplatz verhaftet werden.
Die „Wackren Schwaben“ machten eine ähnliche Aktion auch am 23. Juli in Stuttgart. Drei Nazis kletterten auf das Dach des Inselbads in Untertürkheim, entrollten ein rassistisches Banner, zündeten Rauchtöpfe, warfen rassistische Flugblätter und flüchteten per Auto – alles für die Bilder.
Nach den Razzien wurde viele Twitterkonten von Nazigruppen gesperrt – sowohl die Accounts der von den Razzien betroffenen Gruppen, als auch andere, die den Spendenaufruf geteilt hatten.