Meldungen 2024 Dezember

  • Sonntag, 01.12.2024

    In Coburg wird einen Monat nach Beginn unserer Herbstoffensive eine hitzige Debatte um die stressigsten Gäste der Stadt geführt: die Männer vom „Coburger Convent“. Vordergründig geht es um zwei Plaketten für CC-Altnazis, die an der Umfassung des Platzes rund um das Kriegerdenkmal der „Deutschen Landsmannschaft“ im Coburger Hofgarten eingelassen sind. Sie zeigen den Freikorps-Kämpfer, SA-Schläger, Scharniernazi und Wehrmachtssoldaten Ferdinand Ernst Nord (Foto) und den Waffenstudentenführer, DNVP-Funktionär, NS-Vereinsmeier und Nazirichter Max Lindemann (Foto). Tatsächlich aber geht es um die Schuld einer Stadt.
    Anlass ist ein Stadtratsantrag der Coburger Grünen zur Entfernung der Naziplaketten im Hofgarten. Dieser wurde am 28. November mit 21:11 Stimmen abgelehnt, was für Coburg ein passables Ergebnis ist. Über die Abstimmung berichteten die Neue Presse und das Coburger Tageblatt am 29. November und Radio Eins am 30. November.
    Nach drei Wochen schlechter Presse hatte sich der CC kurz vor der Stadtratsabstimmung über die Plaketten doch noch gegenüber der Lokalpresse zu einer Stellungnahme zur Habel-Studie aufgerafft, die von der Neuen Presse am Tag der Abstimmung aufgegriffen wurde. Wenn wir uns im Verband so umsehen, dann dürfte allerdings bis heute kaum jemand im CC die Studie gelesen haben. Sicher nicht der Pressesprecher Martin Vaupel, der wie üblich mit leeren Worthülsen wie „nicht wirklich wissenschaftlich“, „unausgewogen“ und „allzu einseitig“ um sich warf.
    Ähnlich unsubstantiiert äußerte sich auch der 2. Bürgermeister Hans-Herbert Hartan, der 2026 als Coburger Oberbürgermeister kandidieren will: „Doch allen voran der CSU-Fraktionsvorsitzene Hans-Herbert Hartan kristisierte diese wissenschaftliche Studie – beziehunsgweise: Hartan sprach explizit von einer ,sogenannten wissenschaftlichen Studie‘. Er nannte sie gar ,unseriös‘. Hartan begründete dies unter anderem damit, dass sich Habel laut den Fußnoten der Studie 116 Mal auf Wikipedia als Quelle berufe und 71 Mal auf die linksextreme Antifa Freiburg.“
    Das Coburger Tageblatt druckte am 30. November die Replik von Hubertus Habel auf die Kritik vollständig ab. Via Neue Presse forderte Habel am gleichen Tag Belege ein und verbat sich weitere unbegründete Behauptungen von CC und CSU. Wir finden es durchaus verständlich, dass Hans-Herbert Hartan mit anarchistischen Ideen wenig anzufangen weiß, der Mann ist schließlich in der CSU. Wenn er aber Habels zahlreiche Referenzen auf unsere Veröffentlichungen als „linksextrem“ denunziert, so ist dies eine perfide Falschdarstellung. Denn Habel hat mitnichten auf die von uns geschriebenen Teile der Communiqués verwiesen, sondern auf die von uns veröffentlichten CC-Originalquellen. Über die sagte CC-Pressesprecher Vaupel schon im Mai 2023 gegenüber inFranken.de: „Soweit ich das gesehen habe, ist da nichts getürkt. Das ist kein Fake, das ist alles echt.“
    Unsere Veröffentlichungen werden zu Quellen nicht weil, sondern obwohl wir anarchistischen Ideen anhängen. In unserem Fall ist Quellenkritik einfach: wir sind mit dem „Coburger Convent“ verfeindet, aber nicht einmal der bestreitet die Authentizität der von uns veröffentlichten CC-Quellen.
    Anders verhält es sich mit Stimmen aus dem korporierten Lager, die sich in der aktuellen Debatte um das Kriegerdenkmal zu Wort gemeldet haben. Markus Witte beispielsweise hat sich gegenüber der Neuen Presse am 15. November zwar als CC-Mitglied zu erkennen gegeben, doch lediglich als Mitglied der (bisher) wenig beachteten „Turnerschaft Alsatia Straßburg zu Frankfurt“. Nicht jedoch als Mitglied der „Landsmannschaft Saxo-Suevia Erlangen“. Diese „Landsmannschaft“ ist wie die „Landsmannschaft Thuringia Berlin“ Mitglied des „Silberkartells“ und steht als „gefühlte Vorpräsidierende“ – nach dem Totalausfall der „Thuringia“ – der Verbandsspitze noch immer mit Rat und Tat zur Seite.
    Erheblich dreister ging „Uwe Mathony, Dessau“ vor, dessen Leserbrief die Neue Presse am 26. November abdruckte. Mathony instrumentalisiert darin die Mitgliedschaft von „homosexuellen und ausländischen Mitgliedern des CC“ und preist ein „authentisches Bild von den Menschen in Couleur“. Er sagt: „wieder mit den Menschen reden statt über sie“. Aber er meint: sich selbst. Denn Uwe-Armin Mathony ist „Alter Herr“ der „Landsmannschaft Hercynia Jenensis et Hallensis zu Mainz“. Rezeptionsdatum: 1. Oktober 1986. Die „Landsmannschaft Hercynia“ ist derzeit „Nachpräsidierende“ des „Coburger Convents“, will also 2026 den „Pfingstkongress“ leiten.
    Ohne Frage die dummdreisteste Stellungnahme hat Christian Boseckert am 30. November auf Facebook abgegeben, der momentane Coburger Stadtheimatpfleger: „mit seiner Expertise bereichert er immer wieder den Diskurs in der Stadt“, denn „Coburg hat eine reiche Geschichte, die es zu bewahren gilt“. Die Neue Presse hat Boseckerts Kritik am 1. Dezember aufgegriffen, die sich inhaltlich weitestgehend darin erschöpft, das „Entsetzen der Nationalsozialisten“ über die Nutzung des „Kriegerehrenmal[s] selbst von einigen Liebespärchen als Rückzugsort“ zu beschreiben, um die vermeintliche Mehrdeutbarkeit des Kriegerdenkmals zu belegen.
    Ein konkretes Beispiel, wie falsch Boseckert mit seiner Unterstellung einer „4. Überbetonung der NS-Kontinuität ohne historische Brüche“ liegt, zeigt sich auf der Doppelseite 338/339 der „Festschrift“ der „Landsmannschaft Mecklenburgia Hamburg“, die kürzlich Hartan als Ehrengast empfing. Dort wird Hans Büchsel abgebildet, ein Mitglied der „Kameradschaft ,Blücher‘“. Er war trotz der 1935 „aufgelösten“ Landsmannschaften „aktiv 1937“ und sitzt auf einem „Foto von ca. 1954“ zufrieden grinsend beim Bier: „Alte Kameraden: Hans Büchsel fand bereits nach dem Krieg zur Silesia-Mecklenburgia“.
    Christian Boseckert, Jahrgang 1981, kanzelte mit aufgeplusterten Backen seinen Vorgänger im Amt ab: Hubertus Habel. In seiner persönlichen Vendetta schreckt Boseckert auch nicht vor der Instrumentalisierung fünf gefallener jüdischer Soldaten zurück, um Habel Antisemitismus zu unterstellen. Boseckert strebt nach „objektiver“ Geschichtsdarstellung und listet à la Hartan als wichtigste Kritik an Habels Studie „1. Fehlende Quellenkritik und mangelnde Objektivität“ auf. Denn Habels Text nehme „Aussagen und Interpretationen unkritisch auf, ohne deren Quellen zu hinterfragen“.
    Für eine angemessene Quellenkritik von Boseckerts Stellungnahme finden wir es unabdingbar zu wissen, dass er selbst korporiert ist. Christian Boseckert ist nämlich 1. Vorsitzender des „Ernesto-Albertina- Altherren-Verband Coburg e.V“, dem „Altherrenverein“ der Schülerverbindung „Ernesto-Albertina“ am Coburger Albertinum-Gymnasium. „Biername“: „Worschd“.

  • Montag, 02.12.2024

    Allenthalben wird vor den Gefahren von Künstlicher Intelligenz gewarnt, nur ist die Polizei selten Ziel der Kritik. Dabei stellt eine durch KI aufgerüstete Staatsmacht eine erhebliche Gefahr für eine freiheitliche Gesellschaft dar. Nicht nur ein Missbrauch der Technologie, gerade der Gebrauch einer Precrime-Software führt zu einer Normalisierung der Nutzung waffenfähiger Software außerhalb des Militärs.
    Nach einer „Einigung in der grün-schwarzen Koalition als Teil des vereinbarten Sicherheitspakets“ will der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl nun eine solche Precrime-Software des US-Konzerns Palantir Technologies für die Landespolizei kaufen. Die Abkürzung ist typisch deutsch: VeRA für „verfahrensübergreifende Recherche- und Analyseplattform“.
    In Hessen und Nordrhein-Westfalen ist die Repressionssoftware trotz juristischer Probleme bereits im Einsatz. Palantir wird von den Milliardären Alex Karp und Trump-Supporter Peter Thiel geleitet.

  • Dienstag, 03.12.2024

    Aufgrund einer Initiative der baden-württembergischen Landesregierung hat die Justizministerkonferenz beschlossen, dass Autohersteller zur Herausgabe von Zweitschlüsseln oder -Codes an die Polizei verpflichtet werden sollen, um Bürgerinnen und Bürger einfacher akustisch überwachen zu können.
    „Die Polizei darf Verdächtige innerhalb eines Autos abhören, wenn es dazu zum Beispiel eine richterliche Anordnung gibt. Es werde für den Staat aber immer schwerer, Autos zu verwanzen, weil die Systeme zum Diebstahlschutz wie etwa von Türverriegelungen besser würden, argumentiert die CDU-Politikerin“ und baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges, schreibt der SWR.
    „,Die Notwendigkeit der Ortung eines Zielfahrzeugs oder einer Innenraumüberwachung ist somit bei realistischer Einschätzung in einer Vielzahl von verdeckt geführten Ermittlungsverfahren der schweren und organisierten Kriminalität sowie des Staatsschutzes grundsätzlich gegeben‘, heißt es in der Begründung Baden-Württembergs. Über diesen erläuternden Zusatz haben die Ländervertreterinnen und -vertreter in Berlin aber nicht abgestimmt.“
    Presse: SWR | DLF | Heise

  • Mittwoch, 04.12.2024

    Wenn der „Coburger Convent“ am Pfingstmontag die Paradeuniformen glatt streicht, die Reihen fest geschlossen, wenn die Fackeln entzündet werden, dann weiß der CC die Coburger Politik hinter sich.
    Coburgs Oberbürgermeister Dominik Sauerteig ist Mitglied der Schülerverbindung „Ernestina Coburg“, genau wie sein Bruder, der SPD-Stadtrat Stefan Sauerteig. Der 2. Bürgermeister Hans-Herbert Hartan von der CSU besuchte zusammen mit dem 3. Bürgermeister Can Aydin von der SPD am 3. Februar 2024 die „Semesterabschlußkneipe“ der „Landsmannschaft im CC Franco-Borussia zu Coburg“, die „den Dekaden bis 1960 gewidmet“ war.
    Eingeladen hatte Sauerteigs Vorgänger im Amt des Oberbürgermeister von Coburg: Norbert Tessmer, „Alter Herr“ der „Franco-Borussia“. Da ist der Stadtheimatpfleger Christian Boseckert als 1. Vorsitzender der Schülerverbindung „Ernesto-Albertina Coburg“ nur noch eine Fußnote.
    Doch die Zeiten ändern sich und unsere Kampagnen 2023 und 2024 haben ihren Anteil daran. Die von den Coburger Grünen vorgestellte Habel-Studie zum CC stieß auf reges Interesse und entsprechend waren die Schlagzeilen der Coburger Presse während der Coburger Herbstdebatte.
    Was einst undenkbar schien, wird heute in Coburg diskutiert: ein Abbau des Kriegerdenkmals, ein Ende der Fackelmärsche, der „Pfingstkongresse“ und letztlich des CC in der Stadt. Nur dieses Mal nicht wie 1935, als die Nachwuchsnazis für Holocaust und Weltkrieg benötigt wurden, sondern durch den Entzug des Gastrechts durch die Stadt.