Am 1. März begann vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe das NPD-Verbotsverfahren. Anwesend waren neben NPDlerInnen vor allem JournalistInnen und viele hochrangige PolitikerInnen und BeamtInnen. Hauptthema des ersten Verhandlungstags waren mögliche Verfahrenshindernisse wie etwa V-Leute in Führungspositionen der Nazipartei und ihrer Teilorganisationen, die laut Testaten der InnenministerInnen alle vor Beginn des Verfahrens abgeschaltet, nicht jedoch aus ihren Ämtern abgezogen wurden. Nach diversen später abgelehnten Befangenheitsanträgen der NPD gegenüber Mitgliedern des Gerichts wurden Stellungnahmen der Verfahrensbeteiligten abgegeben. Schon während des ersten Redebeitrags des Verfahrensbevollmächtigen des Bundesrats packte der bekennende Nationalsozialist Thomas Wulff demonstrativ den im Gerhard Hess Verlag erschienenen Wälzer „Kühnen. Portrait einer deutschen Karriere. Die Biographie“ aus. Die NPD versuchte sich in Verschwörungstheorien, wonach die NSA sie abhören und die Informationen deutschen Diensten weiterleiten könnte, weswegen ihnen in den vergangenen drei Jahren keinerlei vertrauliche Besprechung ihrer Prozesstrategie möglich gewesen sei. Dies erklärte jedoch nur teilweise die offensichtlich mangelhafte Vorbereitung der Nazipartei – zu großen Teilen hatten sie schlicht keine Argumente. Der von der NPD großspurig angekündigte „Knaller“ verpuffte in Form einer polizeilichen Kollateral-Observation zweier NPD-Vorstandsmitglieder aus NRW, die sich eigentlich gegen einen Nazistraftäter richtete. Weiterhin führte der NPD-Anwalt Peter Richter einen „Facebook-Spitzel“ des bayerischen Landesamts an: Das Amt hatte einem Fake-Profil durch die „Freundschaft“ mit Peter Richter höhere Glaubwürdigkeit verleihen wollen, diese „Freundschaft“ jedoch kurz nach der Bevollmächtigung Richters durch die NPD im Verbotsverfahren wieder aufgekündigt. Außerdem wurde ein wahrscheinlich vorgetäuschter Anquatschversuch präsentiert, bei dem sächsische Bullen einem Nazi 4000 Euro für Spitzeldienste auf der Facebookseite der NPD geboten haben sollen, was bei der Riege der VSlerInnen für Kopfschütteln sorgte und auch sonst wenig glaubwürdig erschien. Für die Verfassungsschutzbehörden legte Beate Bube vom Landesamt Baden-Württemberg die schrecklichen Konsequenzen eines möglichen Outings enttarnter V-Leute dar, von Jobverlust für diese bis hin zu „elementaren Beeinträchtigungen der Arbeitsgrundlage des Verfassungsschutz“. Bestehende V-Leute könnten die Zusammenarbeit aufkündigen, neue würden sich sehr viel schwerer anwerben lassen. Bube wies darauf hin, dass AnwerberInnen des Geheimdienstes durch eine provozierte Notwehrsituation enttarnt werden könnten. Im Klartext bedeutet dies, dass Gewalt gegenüber GeheimdienstlerInnen entweder nicht geahndet wird oder aber zur ihrer Enttarnung führt. Über reale Angriffe auf enttarnte V-Leute sprach sie nicht. Aus ihrer Dienstzeit sei ihr an Enttarnungen lediglich „ein Fall erinnerlich“. Im Oktober 2015 sei eine „VP Rechtsextremismus“ durch „Linksextremisten“ enttarnt worden: „Diese Vertrauensperson ist bereits verstorben.“
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