Am 30. September 2023 diskutierte der Gemeinderat von Schönau im Schwarzwald über einen Antrag der Freien WählerInnen zu dem wohl bekanntesten Sohn der Stadt: Albert Leo Schlageter.
Das Grab des von alten und neuen Nazis gefeierten 1923 hingerichteten rechtsradikalen „Freikorps“-Paramilitärs und Verbindungsstudenten der „Katholischen Deutschen Studentenverbindung Falkenstein zu Freiburg“ im „Cartellverband“ (CV) ist bis heute offiziell ein „Ehrengrab“, weshalb die Stadt die Grabpflegekosten aus Steuermitteln zahlt. Der Antrag der Freien Wählervereinigung Schönau (5 Sitze) auf Umwandlung in ein normales Grab fand jedoch keine Mehrheit im Gemeinderat, da nicht nur die CDU (4 Sitze), sondern auch die SPD (3 Sitze) den Antrag ablehnte.
CDU-Bürgermeister Peter Schelshorn sagte laut Markgräfler Tageblatt, „ein Ehrengrab sei eine Grabstelle für bedeutende Persönlichkeiten im Ort. Schlageter sei eine solche bedeutende Persönlichkeit für Schönau.“ Problematisiert wurden von der CDU die „Vereinnahmung“ Schlageters durch die Nationalsozialisten – als ob es irgendetwas Ruhmvolles über deutsche Freikorps-Saboteure zu sagen gäbe – und die Antifademos gegen die jahrzehntelange Pilgerbewegung deutscher Neonazis zum „Ehrengrab“.
Schelshorn „wehrte sich gegen den Vorwurf, die Stadtverwaltung habe das Thema ,Schlageter‘ nicht aufgearbeitet. Er verwies auf die ausführliche Dokumentation in den Sitzungsunterlagen“. Die wurden allerdings von den Freien WählerInnen scharf kritisiert: „Die in den Sitzungsunterlagen beigefügte Ansprache von Albrecht Timm zum 80. Geburtstag von Schlageter sei kein neutrales Schriftstück. Timm war Lehrstuhlinhaber in der Abteilung für Geschichtswissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum. Aber: ,Er war NSDAP-Mitglied.‘“
Statt des Antrags der Freien WählerInnen wurde vom Schönauer Gemeinderat einstimmig ein „Kompromissantrag“ beschlossen. Dieser sah die Beibehaltung des „Ehrengrabes“ und die Errichtung einer Infotafel vor, was zu erheblichem Streit um den Textinhalt führte.
Der einstimmig beschlossene „Kompromisstext“ ist eine ahistorische und skandalöse Distanzierung von „jede[r] Form von Extremismus“, was sich offensichtlich gegen die Antifademos richtet, welche die Debatte überhaupt erst auf die Tagesordnung gesetzt haben: „Dieses Grab dient als Mahnmal gegen den Nationalsozialismus und der Vereinnahmung von Personen durch denselben. Gleichzeitig positioniert sich die Stadt Schönau im Schwarzwald und der Gemeinderat hierdurch gegen jede Form von Extremismus.“
Am 20. Februar 2025 wurde an Schlageters Grab in Schönau die Infotafel aufgestellt. Ohne Erwähnung von „Freikorps“ oder „Cartellverband“, am „Ehrengrab“ des „ersten Soldaten des Dritten Reichs“.