Montag, 17.03.2025

Die Uni Konstanz und das Progressive Zentrum haben im Dezember 2024 eine Studie (als PDF) zur Administrativen Ungleichbehandlung in der deutschen Justiz und Verwaltung veröffentlicht. Ihr Ergebnis: „Wie in Ämtern, Behörden und Gerichten über Anliegen von Personen mit Migrationshintergrund entschieden wird, hängt in erheblichem Maße von regionalen Bedingungen und der politischen Einstellung der Entscheidenden ab.“ Lesenswert ist auch der Bericht von n-tv zur Studie.
Neben BAMF-Außenstellen, Jobcentern und Einbürgerungsbehörden untersucht die Studie auch Verwaltungsgerichte, insbesondere die Urteilspraxis der beiden Nazirichter Bengt Fuchs und Bernd Amelung am Verwaltungsgericht Gera:
„Das Verwaltungsgericht Meiningen in Thüringen zeigt mit 34,7 Prozent die niedrigste durchschnittliche Ablehnungsquote von Asylklagen, während das im selben Bundesland gelegene Gericht in Gera mit 87,3 Prozent die höchste Ablehnungsquote aufweist. Diese Unterschiede könnten mit der in Thüringen geltenden Zuständigkeitskonzentration zusammenhängen, die Gera und Meiningen unterschiedliche Herkunftsländer zuweist. Seit 2014 ist Gera für drei und seit 2015 für fünf sogenannte sichere Herkunftsländer zuständig, während Meiningen für kein sicheres Herkunftsland Entscheidungskompetenz besitzt. Für Hessen und Bayern, deren Verwaltungsgerichte in Darmstadt und Bayreuth besonders extreme Ablehnungsquoten aufweisen, sind uns keine vergleichbaren Zuständigkeitskonzentrationen an den Gerichten bekannt.
Erst seit 2018 werden Verfahren zu Klagen aus sicheren Herkunftsländern in der Verwaltungsgerichtsstatistik als separate Kategorie erfasst. Nach einzelnen Herkunftsländern unterteilt die Statistik jedoch nicht. Allerdings wurden nach Herkunftsland differenzierte Zahlen zu Asylverfahren regelmäßig im Zuge von Kleinen Anfragen der ehemaligen Bundestagsfraktion der Partei Die Linke seit Mitte der 2010er Jahre zusammengestellt. In der Antwort der Bundesregierung auf eine solche Anfrage sind erstmals auch Zahlen zu Klagen von Asylsuchenden aus ausgewählten Herkunftsstaaten für eine Reihe von Verwaltungsgerichten verfügbar.
Basierend auf diesen Daten hat eine Recherche des Mitteldeutschen Rundfunks ergeben, dass am Verwaltungsgericht Gera zwei Richter überproportional viele Klagen negativ entschieden haben. Einer dieser Richter, Bengt-Christian Fuchs – gegen den das Verwaltungsgericht Gera im Juli 2024 ein Disziplinarverfahren wegen mutmasslicher rechtsextremer Kommentare im Internet eingeleitet hat – gab nur einer der 546 Klagen statt, die zwischen 2015 und Mitte 2023 von nigerianischen Asylsuchenden erhoben wurden.
Diese Bewilligungsquote von 0,2 Prozent steht im Gegensatz zum Entscheidungsverhalten von anderen Verwaltungsgerichten im gleichen Beobachtungszeitraum. Sie entschieden in 2.867 von 42.326 Fällen gegen das BAMF und damit zugunsten der nigerianischen Antragsteller:innen, was einer Quote von 6,8 Prozent entspricht. Fuchs’ Kollege Bernd Amelung, der für die libyschen Fälle zuständig war, entschied 2018 in drei von 132 Fällen (2,3 Prozent) positiv, während die bundesweite Erfolgsquote bei 16,1 Prozent lag (152 von 946 Fällen).“

Bereits im März 2024 wurde im britischen Migration Studies Journal die Studie (als PDF) „How regional attitudes towards immigration shape the chance to obtain asylum: Evidence from Germany“ veröffentlicht. Auch diese Studie kam zu dem Ergebnis, dass es in deutschen Asylverfahren doppelte Standards gibt: „The mixed-effect logistic regressions unambiguously demonstrated that asylum decision-making in Germany is indeed associated with the prevailing regional public attitudes towards immigration and asylum. Asylum applications were inherently less successful in regions with a more immigration-averse population or a government with a more restrictive stance towards refugees. These findings strongly suggest that the responsible caseworkers of the BAMF—an agency working on behalf of the federal government—consciously or unconsciously aligned with the current immigration preferences of their regional peers.“