Am 24. April hat der 16-jährige Justin Polat, Schüler am katholischen Lycée Notre-Dame-de-Toutes-Aides im westfranzösischen Nantes, eine Mitschülerin ermordet und drei weitere verletzt – er stach 57 Mal zu. Kurz vor dem Messerangriff schrieb der Täter vom Schulklo eine Mail an alle SchülerInnen der Schule mit einem 13-seitigen Manifest im Anhang.
In dem Manifest preist der Mörder den Kampf gegen Umweltzerstörung als „Kampf für das Überleben der Lebendigen“. Widerständische Individuen stilisiert Polat biologistisch zu „Antikörpern“ gegen das System: „Denn angesichts eines zum Töten entworfenen Systems ist die Revolte keine moralische Wahl: sie ist eine biologische Notwendigkeit.“
Polat beklagt Entfremdung und strukturelle Gewalt in fortgeschrittenen Industriegesellschaften. Doch obwohl er Versatzstücke linker Texte aufgreift, argumentiert er nicht kapitalismuskritisch, sondern ebenfalls biologistisch: Schuld sei die vom „pathologischen System“ erschaffene „pathogene Umgebung“.
Nach seinem Attentat wurde Polat, der in seinem Manifest auch gegen die „Ära der digitalen und algorithmischen Überwachung“ wetterte, vom IT-Beauftragten der Schule überwältigt. Laut Antoine Leroy, Staatsanwalt in Nantes, habe Polat eine „Form der Faszination für Hitler“ gezeigt. Aber die Behörden und Medien betonen die psychischen Probleme des Täters, Justin Polat sei sehr einsam gewesen.
Zum besseren Verständnis von Polats Hitler-Faszination könnte sich Staatsanwalt Leroy mit dem Sohn von Louis Laugier unterhalten, dem neuen Direktor der Police Nationale. Denn Stanislas Laugier ist nicht nur mit Ombeline Gidoin verheiratet, die in Nantes bei den Kommunalwahlen 2020 auf Listenplatz 3 des Rassemblement National kandidierte, er hat auch eine militante Nazigruppe gegründet.