Montag, 26.05.2025

Zwei Wochen vor dem Pfingstkongress gab es am 24. Mai in Hamburg eine antifaschistische Demonstration gegen die „Landsmannschaft Mecklenburgia-Rostock Hamburg“ im „Coburger Convent“, an der sich etwa 150 Personen beteiligten. Organisiert wurde die Demo vom Hamburger Bündnis gegen Rechts, in dem auch die Hamburger Omas gegen Rechts organisiert sind. Diese verteilten in der Nacht über tausend antifaschistische Flugblätter in der Nachbarschaft der Sierichstraße 167, dem Verbindungshaus der „Mecklenburgia“ in Winterhude. Das Hamburger Abendblatt (Archiv) berichtete im Vorfeld:
„Anlass ist die Gedenkveranstaltung ,Erdbeeren in Burgunder‘ für den vom Bündnis als faschistisch eingestuften Autor Ernst Jünger (1895–1998) im Haus der Burschenschaft am Leinpfadkanal. Laut einem Flyer der Veranstalter wird auch der Journalist Harald Martenstein als Festredner erwartet. Der 71-Jährige veröffentlicht in regelmäßigen Abständen Kolumnen in der Zeitung ,Die Zeit‘ sowie in der ,Welt‘. Auch im Radio sind seine Meinungsstücke zu hören. Bei NDR Kultur spricht der ,Spiegel‘-Bestsellerautor immer wieder über verschiedene Themen, zuletzt zu ,Warum manche Lego sexistisch finden‘.“
Auch die taz hat das Thema aufgegriffen und schreibt zu Jünger und der „Mecklenburgia“:
„Im Jahr 1930 nahm der Erste-Weltkrieg-Erfahrene teil an einem von der SA angeführten Mob, dessen Ziel es war, einen Vortrag von Thomas Mann in Berlin zu stören: Der Literaturnobelpreisträger hatte seine reaktionär-nationalistischen Positionen aus den ,Betrachtungen eines Unpolitischen‘ spätestens angesichts der nationalsozialistischen Bewegung revidiert und war ins republikanisch-demokratische Lager gewechselt.
Mann sollte Jünger später als ,geistigen Wegbereiter und eiskalten Wollüstling der Barbarei‘ bezeichnen. Jünger waren die NSDAP und der Führer zwar zu vulgär. Bei aller ästhetischen Distanz zur nationalsozialistischen Bewegung suchte er als Autor praktisch ihre Nähe. So schrieb er Artikel für den Völkischen Beobachter und verteidigte rechtsterroristische Morde.
Seine entmenschlichte Ästhetik greift die Landsmannschaft mit dem gewählten Titel der Veranstaltung auf. Er spielt auf eine Szene an, die Jünger während seiner Zeit als Wehrmachtsoffizier im Mai 1944 im besetzten Paris in sein zur Veröffentlichung bestimmtes Tagebuch schrieb. Anlass war das Bombardement der Stadt durch die US-Luftwaffe, das er vom hohen Dach des Hotels, in dem er einquartiert war, genüsslich beobachtet: Zweimal habe er ,in der Richtung von St. Germain gewaltige Sprengwolken aufsteigen‘ sehen. Beim zweiten Mal ,hielt ich ein Glas Burgunder, in dem Erdbeeren schwammen, in der Hand. Die Stadt mit ihren roten Türmen und Kuppeln lag in gewaltiger Schönheit, gleich einem Blütenkelche, der zu tödlicher Befruchtung überflogen wird.‘
Kriegskitsch mit Sexassoziationen: In der französischen Hauptstadt nahm Jünger damals freiwillig an Hinrichtungen von Deserteuren und Geg­ne­r*in­nen teil. Die Landsmannschaft werden diese Schilderungen kaum stören. Sie beklagt schon lange einen ,deutschen Selbsthass‘ als ,ungesund und dekadent‘ und betont die ,Vaterlandsliebe‘. Die liegt auch den Ernst-Jünger-Festrednern am Herzen: Neben Uwe Tellkamp waren bisher der ehemalige Leiter des extrem rechten Magazins Cato, Andreas Lombard, sowie der Spiritus Rector dieses Heftes, Karlheinz Weißmann, zu Gast.“