Nach dem Tod von Harald Lönnecker bekam das jahrelang von ihm betriebene „Archiv der deutschen Burschenschaften“ Probleme. Bisher stellte das Bundesarchiv in Koblenz der „Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung“ (GfbG) kostenfrei Räume und Infrastruktur zur Verfügung. Nun forderte das Bundesarchiv, die von der GfbG kontrollierten Archivmaterialien sowie die ebenfalls in Koblenz lagernden Archive des Schwarzburgbunds und des VDSt öffentlich zugänglich zu machen – für die Naziburschen natürlich indiskutabel. Im Protokoll der Mitgliederversammlung der GfbG vom 3. Juni in Eisenach heißt es dazu: „Sofern Archiv und Bücherei im Bundesarchiv verbleiben sollten, verlangt das Bundesarchiv apodiktisch die Verstaatlichung sämtlicher Bestände sowie das Recht der Einsichtnahme für jedermann, was sowohl für den ungeschmälerten Fortbestand der Bestände als auch die Persönlichkeitsrechte der meisten Burschenschafter gravierende Folgen hätte. Um den Druck auf die GfbG zu erhöhen, hat das Bundesarchiv den derzeitigen Depositalvertrag einseitig zum 29. Februar 2024 gekündigt.“
Als Nachfolger Lönneckers hatte Franz Egon Rode aus Tauberbischofsheim, „Alter Herr“ der „Burschenschaft Allemannia Heidelberg“, die Leitung des Archivs und der Bücherei der „deutschen Burschenschaften“ übernommen. In einem Rundschreiben von Januar 2023 malte er blumig aus, was bei einer solchen „Verstaatlichung“ drohen würde: „Uns ist selbstverständlich an einer streng wissenschaftlichen Aufarbeitung der burschenschaftlichen Geschichte mit all ihren Höhen und Tiefen, Idealen und Irrtümern gelegen. Aber wir möchten nicht unseren partiell gewaltbereiten politischen Gegnern aus dem linksextremen Milieu, denen nicht an einer wissenschaftlichen Aufarbeitung, sondern an der Diffamierung und Delegitimierung der Burschenschaften gelegen ist, Archivalien (z. B. Mitgliederlisten, Adressverzeichnisse, Bundeszeitungen) in die Hände spielen.“
Die GfbG-Mitglieder beschlossen deshalb bei ihrer Mitgliederversammlung: „Das Archiv der deutschen Burschenschaften wird in ein vom Vorstand der Gesellschaft festzulegendes sicheres Magazin verlegt, die Bücherei hingegen als klassische Bibliothek an einem weiteren Standort fortgeführt. Der Standort der Bücherei wird Hauptsitz von Archiv und Bücherei der deutschen Burschenschaften.“
Während das Archiv nun voraussichtlich bei einem Dienstleister eingelagert werden soll, haben die Burschenschafter für die Bücherei neue Räumlichkeiten gefunden: Sie planen, einen Teil des Hauses der „Wiener Burschenschaft Gothia“ anzumieten. Die „Gothia“ hat keine Aktivitas mehr und deshalb viel Platz. Zu den „Alten Herren“ der rechtsradikalen „Gothia“ gehört auch Ekkehart Meroth, der frühere Bürgermeister von Bad Krozingen.