Der Journalist Nils Seibert hat in der ak 705 eine Langzeit-Reportage zur „Alltagsbarbarei in Gerichtssälen“ fernab der Öffentlichkeit veröffentlicht. Am Beispiel des Amtsgerichts Berlin-Tempelhof zeigt Seibert, wie brutal gegen arme Menschen in Deutschland prozessiert wird. Das reicht vom einschüchternden Setting bis zu völlig überzogenen Strafen.
Im Fall der Außenstelle des Amtsgerichts Tiergarten befindet sich der Verhandlungssaal im Gebäude des Landeskriminalamtes Berlin am Tempelhofer Damm. Andernorts erfüllt oft die Architektur des Gerichtsgebäudes den Zweck der Einschüchterung im unmittelbaren Vorfeld des Prozesses.
Die exemplarischen Strafen sind dann auch oftmals drakonisch und auf Vergeltung, nicht auf Korrektur unerwünschten Verhaltens ausgerichtet. Viele Urteile deutscher Gerichte gegen Arme halten kein Maß, sondern dienen der Abschreckung der Abgehängten.
Nils Seibert formuliert es am Ende seiner Reportage so: „Prozessbeobachter*innen können teils tiefe menschliche Abgründe und eine alltägliche, oftmals normal empfundene staatliche Barbarei erleben. Wer noch an die Gerechtigkeit der deutschen Justiz glaubt, wird hier eines Besseren belehrt.“