Telepolis, eines der ältesten deutschsprachigen Online-Medien, hat am 6. Dezember sein komplettes Archiv gelöscht: alle Artikel von 1996 bis 2021. Auch wir haben in acht Meldungen Links auf Telepolis gesetzt, die meisten davon zum Thema Zensur. Fünf haben im linksunten-Archiv überlebt, bei drei Artikeln kommt nun das, was bei zehntausenden anderen auch erscheint:
„Dieser Text wird von der Heise Medien GmbH & Co. KG nicht weiter zur Verfügung gestellt.“
Verantwortlich für die Zensur ist Chefredakteur Harald Neuber, der 2021 die Leitung von Florian Rötzer übernahm, welcher Telepolis 1996 gründete. Heuchlerisch stellt Neuber die „Deindizierung“ als „Qualitätsoffensive“ dar. Der offensichtliche Generalverdacht gegen alle, die in der Vergangenheit bei Telepolis publiziert haben, wird ohne jede Glaubwürdigkeit bestritten:
„Ältere Texte haben wir Anfang Dezember 2024 zunächst aus dem Archiv genommen, da wir für deren Qualität nicht pauschal garantieren können. Was uns sehr wichtig ist: Die Deindizierung ist keinesfalls ein Misstrauensvotum gegen frühere Autoren und damalige Beiträge heutiger Autoren. Wir mussten aber einsehen, dass es keine realistische Möglichkeit gibt, die enorme Menge von Artikeln aus gut 25 Jahren hinreichend zu prüfen.“
Hauptsächlich rechtfertigt Neuber seine rücksichtslose Zerstörung des Telepolis-Archivs mit Angst vor Abmahnungen zum Teil jahrezehntealter Texte: Feigheit in Reinkultur. Als letzten und lächerlichsten Grund führt Neuber die fehlende Barrierefreiheit von Bildern an, als ob eine vollständige Zensur daran irgendetwas ändern würde:
„Zudem waren Bilder nie barrierefrei und damit nicht für alle Leser zugänglich. Das waren auch Gründe, das Archiv aus der Zeit vor 2021 zunächst offline zu nehmen.“
Der Gipfel der Dreistigkeit aber ist die Ankündigung, alte Texte umschreiben zu wollen – „soweit sie noch einen Mehrwert bieten“ – obwohl es doch „keine realistische Möglichkeit gibt, die enorme Menge von Artikeln aus gut 25 Jahren hinreichend zu prüfen“:
„Wir werden die alten Inhalte systematisch und so schnell wie möglich sichten und – soweit sie noch einen Mehrwert bieten – nach unseren Qualitätskriterien bewerten und überarbeiten.“