Samstag, 11.06.2016

Am 7. Juni stimmte die baden-württembergische AfD-Landtagsfraktion nach öffentlichem Druck mit knapper Mehrheit einem Antrag zu, wonach der AfD-Landtagsabgeordnete Wolfgang Gedeon wegen antisemitischer Veröffentlichungen aus ihrer Fraktion ausgeschlossen werden kann. Zu einem Fraktionsausschluss kommt es jedoch nur, wenn bei der Fraktionssitzung am 21. Juni mindestens zwei Drittel der AfD-Abgeordneten für den Ausschluss stimmen. Der Bundesvorstand hat dem baden-württembergischen Landesverband bereits einstimmig die Prüfung eines Parteiausschlussverfahrens empfohlen, auch die Länderchefs schlossen sich der Ausschluss-Forderung an. Dem intern heftig umstrittenen und von der ebenfalls zerstrittenen Parteibasis teils als „Erpresser“, „Feind der freien Meinungsäußerung“ und „neuer Lucke“ bezeichneten Meuthen sind die antisemitischen Texte Gedeons, die dieser bei vielen Gelegenheiten parteiintern bewarb, seit Jahren bekannt. Da Meuthens übliche Strategie des Aussitzens aber im Fall Gedeon inzwischen nicht mehr funktioniert, drohte er für den Fall des Nicht-Ausschlusses Gedeons mit seinem Rücktritt als Fraktionschef und Austritt aus der Fraktion – und wäre damit wohl nicht allein.
Gedeon hatte den Islam als „äußeren Feind“ und in NS-Manier „die talmudischen Ghetto-Juden“ als den „inneren Feind des christlichen Abendlandes“ beschrieben und bezeichnete unter anderem den Holocaust als „Zivilreligion des Westens“, die „Protokolle der Weisen von Zion“ als authentisch und die Holocaustleugner Ernst Zündel, David Irving und Horst Mahler als „Dissidenten“. Mahler revanchierte sich dafür mit einem Brief an Jörg Meuthen (PDF), in dem er sich gegen den Ausschluss Gedeons aussprach und krude Thesen über den „völkermordenden“ Charakter der „Judenheit“ verbreitete. Als Beleg für die angeblich von Juden angestrebte Versklavung der Menschheit nutzte Mahler fast die selben Talmud-Zitate wie Gedeon in seiner Rechtfertigung. Mahler präsentierte sich als Kämpfer für die „Enttabuisierung des Holocaust-Narrativs und der Nationalsozialistischen Idee“ und beendete seinen Brief mit: „Das Reich der Lügen ist im Zusammenbruch begriffen“.
Währenddessen sorgte bei der Landtagsdebatte zur Causa Gedeon der AfD-Abgeordnete Udo Stein mit seinem Ausruf „Hier ist das Urteil schon gesprochen! Das ist schlimmer als in der Nazi-Zeit“ für Aufruhr. Bislang nicht für Aufruhr sorgte Udo Steins Wahlkampftätigkeit für die NPD bei der Bundestagswahl 2013.