Im Marburger Burschenprozess (AZ: 51 Ls 2 Js 9223/20) wurde schon am zweiten Prozesstag am 28. Februar das Urteil verkündet. Das Schöffengericht unter Amtsrichterin Melanie Becker verurteilte Nicolas Krömer von der „Marburger Burschenschaft Germania“ in der „Deutschen Burschenschaft“ wegen „gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung“ als Rädelsführer zu acht Monaten Haft auf drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Sein Bundesbruder Heinrich Mahling und der dritte Angeklagte Hans Fischer von der „Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn“ wurden freigesprochen. Etliche weitere der insgesamt bis zu ein Dutzend an dem Überfall auf den „Schwarzburgbund Frankonia Marburg“ beteiligten Naziburschen standen gar nicht erst vor Gericht.
Nicht nur das Gericht und die Staatsanwaltschaft beschützten die Burschen, auch die Bullen hatten extrem schlampig ermittelt. Trotz des bewaffneten Überfalls mit Teleskopschlagstöcken, Pfefferspray und Rammbock in Wehrmachtsuniform und Trachtenjankern, trotz der offen schwulenfeindlichen („Schwuchtel“) und antisemitischen („Judensau“) Gesinnung der Angreifer und trotz des hohen Sachschadens wurde am Ende lediglich ein Nazibursche verurteilt. Zudem hatte sich der schlecht vorbereitete „Frankonen“-Anwalt und „Altherrenvorsitzende“ der „Frankonia“ Michael Terwiesche äußerst dumm angestellt, indem er zwar den eigenen Korporierten die Akten zur Vorbereitung ihrer Aussagen überlassen, sie aber nicht ausreichend zu Stillschweigen über diesen Vorgang verpflichtet hatte. Als ein Frankone von einem der Nazianwälte gefragt wurde, woher er denn wisse, wie so ein von den Burschen eingesetztes Pfefferspray rieche, antwortete dieser, dass ein „Alter Herr“ ihnen nach dem Überfall ein solches Pfefferspray zugeschickt habe, was die „Frankonen“ dann in einem geschlossenen Raum an sich selbst getestet hätten.
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