Dienstag, 20.02.2024

Nazis haben einen Partytrend ausgelöst. Zum Technoschlager „L’amour toujours“ von Gigi D’Agostino skandieren sie auf Volksfesten und beim Karneval Naziparolen.
In dem Ohrwurmlied mit Beat, aber ohne großen Inhalt heißt es: „We’ll fly away, I’ll fly with you“. Die Nazis singen stattdessen „Ausländer raus, Ausländer raus, Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“.
Katapult MV schrieb im Februar über eine Abiparty am 2. Februar in Neukalen an der Mecklenburgischen Seenplatte und erinnert an den Ursprung des Nazitrends:
„Im vorpommerschen Bergholz fing alles an. Von hier aus gingen ausländerfeindliche und rechte Parolen zu einem 90er-Hit via Social Media viral.“
Gemeint ist das Erntefest in Bergholz, einem Dorf mit 300 EinwohnerInnen. An dem Fest am 14. Oktober 2023, bei dem auch „Hitlergrüße“ gezeigt wurden, nahmen mehr Menschen teil, als in dem Dorf leben. Rund 30 Kilometer westlich von Stettin, im Landkreis Vorpommern-Greifswald. Im Osten Mecklenburg-Vorpommerns, wo am 9. Juni Kommunalwahlen sind.
Von Mecklenburg-Vorpommern verbreitete sich der Trend in ganz Deutschland. Bei einer Party in Pahlen im Kreis Dithmarschen in Schleswig-Holstein am 7. Januar habe es „sich um einen vielstimmigen und lauten Chor gehandelt, der zu dem Lied gegrölt habe. Bei einer ,Beachparty‘ in Schenefeld (Kreis Steinburg) habe sich der Vorfall am [20. Januar] wiederholt.“
Am Rande des Parteitags der AfD im bayerischen Greding grölten am Abend des 13. Januar JA- und IB-Nazis in einer Dorfdisco „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus“. Unter ihnen waren die AfD-Landtagsabgeordneten Franz Schmid und Benjamin Nolte, „Alter Herr“ der „Burschenschaft Danubia München“ in der „Deutschen Burschenschaft“.
Am 23. Januar wurden die Nazigesänge auf einer Privatparty des Abschlussjahrgangs angehender Finanzbeamter mit rund 100 TeilnehmerInnen im Studienzentrum der Finanzverwaltung und Justiz in Rotenburg an der Fulda skandiert:
„Absolventen des Abschlussjahrgangs, die in Rotenburg für die Beamtenlaufbahn des gehobenen Dienstes ausgebildet werden, berichten über die rechtsextremen Ausfälle auf der Veranstaltung. Ihre Namen wollen sie jedoch nicht öffentlich nennen, ,aufgrund der eigenen Sicherheit‘, sagen sie.“
Die Tanzgruppe „Die Roten Funken Belmicke“ zeigte Rückgrat, nachdem bei ihrem Auftritt Anfang Februar bei einer Karnevalsveranstaltung in Drolshagen östlich von Köln Nazis die rassistischen Parolen gegrölt hatten. Sie nahmen das Lied aus dem Programm und antworteten: „Kein Kölsch für Nazis!“
Bei einem Faschingsumzug in Oberbayern erschallten die Gesänge vom Wagen der „Landjugend Hohenfurch“:
„Der Landsberger Faschingsverein Licaria hat die Landjugend vom Umzug im kommenden Jahr ausgeschlossen.“
Durch den Nazitrend auf der Social Media-Plattform TikTok wurden hunderte Partyvideos aus Deutschland und Österreich verbreitet. Die Polizei ermittelt in dutzenden Fällen wegen Volksverhetzung:
„Das Bundesverfassungsgericht bekräftigte 2010, dass die Parole ,Ausländer raus‘ einen Angriff auf die Menschenwürde darstellt, wenn weitere Begleitumstände hinzukommen. Dazu, ob der Ausruf der rechtsextremen Parole ,Deutschland den Deutschen‘ bereits als ein solcher Umstand gewertet werden kann, gibt es bisher keine gerichtliche Entscheidung.“
In Freiburg hat am 12. Juni 2021 die „Altherren-Mannschaft des SV Blau-Weiß Wiehre Freiburg e.V“ unter Führung des Haupttäters Polizeihauptkommissar Michael Dopatka vom Polizeipräsidium Freiburg als rassistischer Mob unter mehrmaligen „Deutschland den Deutschen, Ausländer raus!“-Rufen einen migrantischen Antifaschisten durch Freiburg gejagt. Für die beteiligten rassistischen Polizisten und die rechtsradikalen Altherrenfußballer blieben die Parolen weitgehend ohne Konsequenzen.