Montag, 11.11.2024

Der „Coburger Convent“ ist nie für eine Überraschung gut. Auf der „Greifensteintagung“ im thüringischen Bad Blankenburg verlief am 9. November alles wie geplant: der Ausschlussantrag des AHCC wurde nicht angenommen, der Antrag der „Landsmannschaft Brandenburg Berlin“ wurde angenommen. Damit ist der Ausschluss der „Landsmannschaft Thuringia Berlin“ aus dem CC vom Tisch, die Berliner Nazis wurden begnadigt und dürfen in ein paar Jahren wieder Pfingsten in Coburg fackelschwingend mitparadieren.
In der Ausgabe 2024/2 des frei zugänglichen „CC-Magazins“ (unser Kommentar zur letzten Ausgabe) fasste der wiedergewählte Pressesprecher Vaupel die düstere Stimmung beim diesjährigen „Pfingstkongress“ zusammen: „Das Wetter war trüb, ab und zu zogen dunkle Wolken auf, es war nasskalt und die einzig warme verlässliche Stelle auf dem Coburger Marktplatz war die Umgebung der Bratwurstbude.“
Vaupel mahnte zu „mehr Unaufgeregtheit“ beim umstritten Fackelmarsch und garnierte seine Mahnung dreist mit einem BILD-Artikel über den bekanntesten AfD-Nazirichter, Jens Maier:
„So schreibt auch die BILD im Sommer, dass ein ehemaliger Richter sich einem Disziplinarverfahren ausgesetzt sieht, weil er einen Text aus einem SS-Liederbuch zitiert hatte. Bei dem Zitat handelt es sich um eine Textzeile des über 200 Jahre alten Studentenliedes von Max von Schenkendorf (,Wenn alle untreu werden‘). Auch in diesem Fall wird außer Acht gelassen, dass Fontane diesen Text verwendet hat und vor allem, dass in der NS-Zeit damit auch Widerstand gegen das Regime zum Ausdruck gebracht wurde.“
Tatsächlich handelt es sich um das „SS-Treuelied“, das in Österreich erst kürzlich im Zentrum eines Naziskandals stand. Die Führungsriege der FPÖ trällerte das Lied zwei Tage vor der Nationalratswahl bei der Beerdigung des Naziburschen Walter Sucher in Wien und wurde dabei gefilmt. Gegen die FPÖler laufen zur Zeit Ermittlungsverfahren wegen Wiederbetätigung im nationalsozialistischen Sinne.
Für Vaupel lässt sich die Tradition des Fackelmarschs „auf das Wartburgfest von 1817 zurückführen“, zu dem er „Verbandsbruder Dr. Wolfgang Kauder“ zitierte, der „beim Aufräumen eine Postkarte gefunden“ habe:
„Bücherverbrennungen gab es beim Wartburgfest auch! Hierzu liest man: Später folgte die symbolische Verbrennung von Büchern und obrigkeitsstaatlichen Gegenständen. Zu den in Form von beschrifteten Makulaturballen symbolisch verbrannten Büchern gehörten Werke, welche die Kleinstaaterei verteidigten, die junge deutsche Nationalbewegung und deren Vertreter kritisierten oder als frankreichfreundlich (Napoleon!!!) galten. Mein Kommentar: auch hierbei kommt es auf den Kontext an.“
Saul Ascher, dessen Buch „Germanomanie“ von „Turnvater“ Jahn auf die Liste der zu verbrennnenden Bücher gesetzt und unter „Wehe über die Juden, so da festhalten an ihrem Judenthum und wollen über unser Volksthum und Deutschthum spotten und schmähen!“ von den Korporierten verbrannt wurde, kommentierte die Tat wie folgt:
„Man muß die Menge, um auch sie für eine Ansicht oder Lehre einzunehmen, zu begeistern suchen; um das Feuer der Begeisterung zu erhalten, muß Brennstoff gesammelt werden, und in dem Häuflein Juden wollten unsere Germanomanen das erste Bündel Reiser zur Verbreitung des Fanatismus hinlegen.“
Das Wetter dieses Jahr zu Pfingsten in Coburg war schlecht, die Fackeln brannten nicht so gut wie einst, aber es war stimmig: „Die Schwerpunkte des Conventes waren die Resolution gegen die Landsmannschaft Thuringia nach dem Bekanntwerden von neuen Vorwürfen aus den Veröffentlichungen der Communiqués der Antifa und die turnusmäßig anstehenden Wahlen. [...]
Der Coburger Generalconvent (CGC) hatte die Landsmannschaft Thuringia aufgefordert aus dem CC auszutreten, andernfalls dem CC-Tag und AHCC-Tag empfohlen, einen außerordentlichen CC-Tag und außerordentlichen AHCC-Tag in Bad Blankenburg einzuberufen, um über einen Ausschluss der Landsmannschaft Thuringia zu verhandeln. In allen Conventen fand der Resolutionsantrag des Präsidiums, des Vorstands und des CC-Rates eine deutliche Mehrheit.“

Das angekündigte Durchgreifen gegen Rechtsradikale in den eigenen Reihen hatte beim „Coburger Convent“ wie zu erwarten war eine sehr kurze Halbwertszeit. Kein Wunder, denn „Verbandsbruder Schollmeyer, Ghibellinae Heidelberg et Munichiae, stellte sich noch einmal der Wahl zum Schatzmeister auf dem AHCC-Tag und wurde bestätigt.“ Nach der Unterwerfung der „Thuringia“ vollzog der AHCC eine Kehrtwende und empfahl die Nichtwahl seines eigenen Ausschlussantrags in Bad Blankenburg und damit den Verbleib der „Thuringia“ im Dachverband.