Freitag, 01.11.2024

Am 4. September 2024 schickte die „Landsmannschaft Thuringia Berlin“ einen Brief an die sehr geehrten „Herren Verbandsbrüder“ des „Coburger Convents“ (Hervorhebungen im Original). In ihrem Schreiben betteln die „Landsmannschafter“ reumütig um ihren Verbleib im Dachverband. Allerdings verzichtet die „Thuringia“ darauf, drei offensichtliche Fragen zu beantworten:
„Wie konnte es allen Bundesbrüdern all die Jahre entgehen, dass der designierte CC-Sprecher Nils Jenssen und sein Stellvertreter Florian André Held steile Nazilandser waren?“ und „Wieso hat die Antifa jetzt schon wieder diesen Brief?“ und „War das der letzte oder geht das immer weiter?“
„Landsmannschaft Thuringia im CC
Haus Coburg • Schwendenerstraße 10 • 14195 Berlin
4. September 2024
An die Aktivitas und die Alten Herren
Sehr geehrte Herren Verbandsbrüder, wir wenden uns heute in einem ernsten Anliegen an Sie und bitten um wohlwollende verbandsbrüderliche Prüfung des Sachverhalts.
Aufgrund unerfreulicher und teilweise skandalöser Vorfälle wurde der L! Thuringia Pfingsten 2024 seitens der Convente der Austritt aus dem Verband nahegelegt.
Die L! Thuringia übernimmt die Verantwortung für die durch Teile unserer ehemaligen Aktivitas hervorgerufenen Vorfälle und hat entsprechende Schritte für einen Neuanfang unternommen.
Für den entstandenen Schaden bitten wir jeden Mitgliedsbund des CC sowie das CC-Präsidium aufrichtig um Entschuldigung.
Erste Maßnahmen sind umgesetzt. Die betroffenen Aktiven sind nicht mehr Mitglieder der L! Thuringia, eine Entschuldigung an direkt betroffene VbrVbr ist bereits umfänglich erfolgt. Gegen die Verleumdung in den Medien wird mit einem ersten kleinen Teilerfolg juristisch vorgegangen, eine grundlegende Überarbeitung der Satzung ist geplant.
Die Fehlentwicklung einzelner ehemaliger Bundesbrüder wurde durch dutzende Convente analysiert und sich daraus ergebende Maßnahmen umgesetzt, so dass zukünftig extreme Vorfälle nicht mehr vorkommen werden. Dies versichern wir unseren Verbandsbrüdern in aller Form. Die L! Thuringia bekennt sich unverändert und ohne Einschränkungen zu den Grundsätzen unseres Verbandes sowie zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung unseres Landes.
Thuringia befindet sich damit in der Aufbauphase und möchte nichts anderes als mit unserem Dachverband, dem Coburger Convent, und den darin zusammengeschlossenen Verbandsbrüdern – wie die vergangenen Jahrzehnte auch – in Freundschaft weiter verbunden sein.
Unser Bund blickt auf eine über 156 Jahre alte Tradition zurück, gehört dem Verband von Beginn an und hat ihn durch Persönlichkeiten wie unseren Bundesbruder Dr. Max Lindemann tief geprägt. Wir bedauern zutiefst, wenn dem Coburger Convent durch das Handeln ehemaliger Mitglieder Schaden entstanden ist. Nun wollen wir der gemeinsamen Sache weiter dienen, wie in den letzten Jahrzehnten zuvor.
Sehr geehrte Verbandsbrüder, wir bitten Sie, von einer überzogenen Reaktion abzusehen und die Entscheidung bei den angekündigten außerordentlichen Conventen unseres Dachverbandes in Bad Blankenburg im November 2024 entlang der im folgenden aufgeführten Details mit klarem Blick zu treffen.
Zu den Details:
1. Freiburg 2022
Die L! Thuringia hat nach dem Aufkommen der ersten Gerüchte bzgl. eines Fehlverhaltens unsere Aktiven in Freiburg mehrfach auf Conventen sowie in privaten Gesprächen nach den Ereignissen eingehend befragt. Es wurde uns wiederholt auf bundesbrüderliches Ehrenwort versprochen, keinerlei verbotene Aussagen getroffen oder Verhaltensweisen an den Tag gelegt zu haben. Initial gab es keine Zeugen oder konkret belastete BbrBbr, die Ergebnisse der Nachforschungen des CC wurden uns nicht weitergeleitet. Erst in Bad Blankenburg 2023 – nach ca. 1 Jahr – wurden konkret zwei Aktive der Landsmannschaft Thuringia mit Namen benannt. Die umgehend anberaumte Befragung des Zeugen ergab aufgrund erheblicher Widersprüche und Korrekturen in Kernpunkten seiner Aussage kein klares Bild, so dass die beiden beschuldigten Bundesbrüder nach nochmaliger Befragung durch den Convent in Anwesenheit einer Vielzahl von Bundesbrüdern von den Strafvorwürfen nicht leichtfertig ,freigesprochen‘ wurden. Das vom Obersten Ehrengericht des Coburger Conventes ergangene Urteil kurz vor Coburg 2024 wurde von uns ausnahmslos akzeptiert. Vielleicht hatten wir uns – rückblickend – in der Motivation verrannt, das bereits begonnene und auch bis dahin ausgefüllte Präsidialjahr in Coburg erfolgreich zu Ende zu führen. Aufgrund des Urteils haben wir das Präsidium kurz vor Coburg 2024 abgegeben.
2. Durch die Antifa veröffentlichter E-Mail-Verkehr kurz vor Coburg 2024
Am Donnerstag vor Coburg 2024 veröffentlichte die Antifa einen privaten und offensichtlich gehackten E-Mail-Verkehr aus dem Jahr 2020 zwischen zwei (damaligen) Angehörigen der Landsmannschaft Thuringia mit beschämenden Inhalten. Diese sind Ihnen angesichts der Erörterungen auf den Conventen in Coburg sicherlich inhaltlich bekannt und müssen an dieser Stelle nicht wiederholt werden. Da es ein rein privater Austausch zwischen zwei ehemaligen Bundesbrüdern war, konnte kein weiteres Mitglied Thuringias von dessen Inhalt wissen. Dies haben auch die jetzt noch verbliebenen aktiven Mitglieder der L! Thuringia
(es sind drei Aktive verblieben, sechs Aktive gegangen und einige Alte Herren haben aus beruflichen Gründen aufgrund des öffentlichen Drucks die Mitgliedschaft niedergelegt) nach nochmaliger eingehender Befragung bestätigt.
Beide Ereignisse führten zu dem kurzfristig durch den Vorstand in Coburg gestellten Antrag auf Ausschluss der L! Thuringia aus dem CC. Eine adäquate Reaktion vor oder auf dem Convent war seitens der L! Thuringia weder zeitlich noch personell umzusetzen. Die Aktivitas hat bedingt durch Ehrengerichtsurteil Coburgverbot und in dessen Folge war nur ein AH der L! Thuringia in Coburg anwesend.
Der von der Antifa als Protokoll dargestellte Semesterplan war nie ein offizielles Dokument unserer Verbindung. Dies wurde durch den AHV durch Sichtung aller BC-Protokolle 2017-2024, insbesondere das vom 12.07.2021, nachhaltig geprüft und bestätigt.
Unserer Bund versichert ausdrücklich, dass es zu keinem Zeitpunkt Veranstaltungen auf dem Haus der L! Thuringia Berlin mit rechtsextremistischen Inhalten, wie in den geleakten E-Mails dargestellt, gab.
Die geäußerten Inhalte sind in keiner Weise zu entschuldigen und nur schwer zu erklären. Denkbar ist,
dies soll keine Ausrede sein, dass sich im Zuge der Coronaisolation Teile der damaligen Aktivitas zu einer abgeschlossenen Gemeinschaft zusammengefunden haben und der Kontrolle und Erziehung durch den Bund entglitten sind.
Die Landsmannschaft Thuringia Berlin ist fest entschlossen, zu beweisen, dass die verbliebenen Mitglieder frei von rechtsextremem Gedankengut sind und hat bereits interne Veränderungen in den eigenen Reihen und in den bisher vorherrschenden Strukturen vollzogen:
Alle betroffene Aktiven, die maßgeblich an den Vorfällen (Silberkartelltreffen in Freiburg im November 2022, Veröffentlichung eines privaten E-Mailverkehr aus dem Jahr 2020 zwischen zwei Aktiven im Mai 2024), beteiligt waren, sind nicht mehr Mitglieder Thuringias
• Es wurde ein neuer unverbrauchter Altherrenvorstand (AHV) gewählt, welcher sich ebenso wie der vorherige AHV der Verantwortung bzgl. der vergangenen Vorkommnisse und seiner Verantwortung für die Zukunft voll bewusst ist
• die detaillierte Aufarbeitung vergangener Geschehnisse und deren Kommunikation nach außen
• Gegen die Falschdarstellung Thuringias in der Presse wird juristisch vorgegangen
• eine Überarbeitung und zielführende Anpassung bestehender Vereinssatzungen, insbesondere die jeweiligen Strafenordnung wird mit Unterstützung von KBr Kramartz angegangen
• die Präsenz der AH auf Aktivenveranstaltungen wird gesteigert, die endgültige Genehmigung des Semesterprogramms erfolgt durch die AHV
• darüber hinaus liegt das Amt des Fuxmajors vorerst beim AHV, das Nachwuchsamt des CC wird in die Fuxenerziehung eingebunden
• Die L! Thuringia verzichtet freiwillig auf ihre Mitgliedsrechte im CC bis zum 31.12.2027 und nimmt bis dahin nur an Conventen oder Veranstaltungen des CC teil, wenn diese direkt die L! Thuringia betreffen
Sehr geehrte Verbandsbrüder, Änderungen und Neuerungen bedürfen Zeit. Diese dringend notwendige Zeit zur Rückbesinnung und Neujustierung sollte der Landsmannschaft Thuringia Berlin als Mitglied des CC gewährt werden. Als Bund wollen wir uns sortieren, orientieren und uns auf unsere wesentlichen Werte besinnen, um diese an die zukünftigen Generationen weiterzugeben und auch nach außen zu transportieren.
Gerne stehen der Altherrenvorstand und der erste Vertreter der Aktivitas Ihrem Bund jederzeit Rede und Antwort und bitten hiermit ausdrücklich um Verbindungsaufnahme.
Fragen/Rückmeldungen bitte direkt an:
AH Mathias Krüger T!
AH Dr. Carl Döring N! T!
Manuel Güterbock III X T!“

Ihr Bekenntnis zur Freiheitlich demokratischen Grundordnung untermauert die „Thuringia“ also ausgerechnet mit einen Bekenntnis zu „Persönlichkeiten wie unsere[m] Bundesbruder Dr. Max Lindemann“. Zu dem Nazi hat die Stadtratsfraktion der Coburger Grünen am 28. Oktober 2024 einen Stadtratsantrag und am 1. November eine Pressemitteilung veröffentlicht:
„Im Jahr 2018 entfernte die Frankfurter Universität eine Ehrentafel für Albrecht Schmidt nach massiven Protesten von Studierenden und aus dem Umfeld der Universität. Der als Förderer der Universität Geehrte hatte neben seiner Tätigkeit als Chemiker in der NS-Zeit als frühes Mitglied der NSDAP auch die Leidenschaft verfolgt, den Deutschen einen Ahnenkult zu finden – und erforschte intensiv und mit fragwürdigen Ergebnissen am germanischen Ahnenkult. – Auch in Coburg gibt es Ehrentafeln für fragwürdige Personen, nämlich die Ehrentafeln für Dr. Max Lindemann und Dr. h.c. Ferdinand Nord am Ehrenmal des Coburger Convent im Hofgarten. Die Stadtratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen fordert nun in einem Antrag, sich mit den beiden Personen und ihrer Biografie auseinanderzusetzen und geeignete Maßnahmen für die Ehrentafeln der beiden NS-Unterstützer zu treffen.“