Der Coburger Convent ist eine dezentrale Organisation mit Verankerung an den meisten Hochschulorten. Dort fallen die „Landsmannschaften“ und „Turnerschaften“ mit ihren Uniformen und Übergriffen oft unangenehm im Stadtbild auf. Die „Vereinigungen Alter Herren des Coburger Convents“ und ihre Dachorganisation AHCC hingegen wirken bevorzugt im Hintergrund, wie wir in „Der Richter grüßt Hitler“ und „Skalpierungen unter Korporierten“ gezeigt haben.
Wir schauen uns in diesem Communiqué die Strukturen des Coburger Convents in Freiburg an, vor allem die der „Aktiven“. Neben Skalpierungen sind wir bei unseren Recherchen nicht nur wie erwartet auf toxische Männlichkeit und toxischen Bierkonsum gestoßen, sondern auch wieder auf „Heil Hitler“-Gegröle. Nur dieses Mal nicht in einer Coburger Spelunke, sondern in den Vorgärten der Herdermer Villen zweier Freiburger CC-Verbindungen. Aber wen wundert das Verhalten dieser „Aktiven“ bei diesen „Alten Herren“, die noch „Alte Herren“ kannten, die Offensiven der Wehrmacht geführt haben?
Die Täter sind in diesem Fall „Aktive“ der Landsmannschaft Thuringia Berlin, der nächsten „Präsidierenden“ des Coburger Convents. Turnusmäßig werden die Nazis der Thuringia an diesem Pfingstsonntag in Coburg den Ordnerdienst stellen und 2024 beim Fackelmarsch durchs nächtliche Coburg. Wer fühlt sich beim Anblick dieser „Waffenstudenten“ mit ihren Fackeln nicht an die Bücherverbrennungen erinnert, egal ob in der Coburger Ehrenburg oder im Freiburger Dreisamstadion?
Aber manchmal ist es dennoch wichtig, das Offensichtliche auch auszusprechen und zu belegen: Die Korporierten mit den Fackeln sehen nicht nur aus wie Nazis, oftmals sind sie es auch.
Autonome Antifa Freiburg
Communiqué vom 25. Mai 2023
Inhalt
- Die Präsidierende grüßt Hitler
- Inhalt
- Vorwort
- Kapitel
- 1. Die Präsidierende
- 2. Das Silberkartell
- 3. Die Kartelltreffen
- 4. Die Täter
- 5. Die Gastgeber
- 6. Die Kartellbrüder
- 7. Die Duellforderung
- Nachwort
Vorwort
Rund 90% der Mitglieder des Coburger Convents sind „Alte Herren“, aber sie alle waren mal „Burschen“ während ihrer Studienzeit. Auch wenn es in diesem Communiqué hauptsächlich um Letztere geht, so wollen wir im Vorwort einen Blick auf die „Alten Herren“ des CC in Freiburg werfen.
Nach ihrer Philistrierung, also der Aufnahme als „Alter Herr“, verstreuen sich die Mitglieder eines Bundes nach ihrem Studium meist und ziehen in andere Städte. Dort organisiert sich knapp ein Drittel der mehr als 9.000 „Alten Herren“ in einer VACC, einer Vereinigung Alter Herren des Coburger Covents. In einer VACC sind also diejenigen „Alten Herren“ des CC organisiert, die am gleichen Ort wohnen, egal in welchen CC-Verbindungen sie Mitglied sind.
Der „Vorort“ in der Sprache des Coburger Convents ist diejenige VACC, welche für zwei Jahre den Verband leitet und den „Vorsitzer“ und seinen Stellvertreter bestimmt. Die Legislatur eines Vorortes kann auf vier Jahre ausgedehnt werden. Bestimmt wird der „Vorort“ durch den „AHCC-Tag“ des Verbands Alter Herren des Coburger Convents, der jährlich Pfingsten in Coburg tagt. Dem „Vorort“ in der Welt der „Alten Herren“ des CC entspricht bei den „aktiven Burschen“ in etwa die „Präsidierende“.
Der derzeitige Vorort ist die VACC Düsseldorf mit mehr als 80 Mitgliedern, während die VACC Freiburg weniger als 30 Mitglieder hat. In den aktuellen CC-Blättern 01/2023 hat die VACC Freiburg bekannt gegeben, dass der Rechtsanwalt Volker Lindner, Akademische Landsmannschaft der Salzburger zu Salzburg, aus Waldkirch zum neuen Vorsitzenden gewählt wurde.
Von einem der bekannteren „Alter Herren“ des Coburger Convents in Freiburg ist nur wenigen bekannt, dass er überhaupt im CC war: Gerhard Fröhlich (1930 - 2015) war von 1975 bis zu seiner Pensionierung 1995 Freiburger Polizeipräsident. In seine Amtszeit fielen so polarisierende Ereignisse wie die Kämpfe gegen das Kernkraftwerk Wyhl in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre und die Häuserkämpfe in Freiburg in der ersten Hälfte der 1980er Jahre. Die Prügeleinsätze dieser Jahre hat ein „Alter Herr“ des Coburger Convents befohlen.
Kapitel
Im ersten Kapitel Die Präsidierende erklären wir das Konzept der Selbstverwaltung der „Aktiven“ und stellen die Landsmannschaft Cimbria Freiburg vor. Sie ist eine von drei Freiburger CC-Bünden und war 2018/19 „Präsidierende“ des Coburger Convents.
Im zweiten Kapitel Das Silberkartell erklären wir das Konzept der Unterorganisationen im Coburger Convent und stellen die Landsmannschaft Neoborussia Halle zu Freiburg vor. Auf dem „Neupreussenhaus“ fand die „Silberkartellkneipe“ am 22. Oktober 2022 statt.
Im dritten Kapitel Die Kartelltreffen erinnern wir an einen bis heute ungeklärten Überfall auf ein „Silberkartelltreffen“ bei den Neoborussen 2015.
Im vierten Kapitel Die Täter schauen wir uns die Perspektive der Landsmannschaft Thuringia Berlin an, für die es „phasenweise wie in all den Jahren zuvor ein wenig aus dem Ruder gelaufen“ ist. Alles wie immer.
Im fünften Kapitel Die Gastgeber stellen wir die Turnerschaft Markomanno-Albertia und ihre Perspektive als Gastgeber der Thuringia vor. Die Markomanno-Albertia sieht die Gefahr, dass die Hitlergrüße der Thuringia „den Ruf des gesamten Korporationsstudententums in hohem Maße schädigen“ können.
Im sechsten Kapitel Die Kartellbrüder diskutieren die einen die „verfassungsfeindliche[n] Parolen auf dem Grundstück unserer lieben Neoborussia“ und die anderen finden das alles nicht so schlimm.
Im siebten Kapitel Die Duellforderung passiert dann das, was meistens in Communiqués über den Coburger Convent passiert: Erst übt der eine Kritik, dann fordert ihn der andere zum Duell. In den Worten eines „Alten Herren“: Die dümmstmögliche Reaktion.
1. Die Präsidierende
Präsidierende
Bezeichnung des für das jeweilige Geschäftsjahr zum Vorsitz berufenen Bund des CC; zum Vorsitz werden die Bünde in der Reihenfolge des Datums ihrer endgültigen Aufnahme in den CC (DL, VC) berufen; die Präsidierende führt die Verbandsgeschäfte nach den Richtlinien und Entscheidungen des CGC und des CC-Tages
Aus: „Kleines studentisches Begriffslexikon“, abgedruckt im „Grünen Handbuch“ des Coburger Convent
Zur Organisationsstruktur des Coburger Convent gehört nicht nur der AHCC e.V., den wir im Text „Der Richter grüßt Hitler“ thematisiert haben. Es gibt auch die jährlich wechselnde Präsidierende, also die „Landsmannschaft“ oder „Turnerschaft“, die in diesem Jahr den Vorsitz übernimmt. Die Reihenfolge des „Präsidiums“ bestimmt sich aus dem Aufnahmedatum der Verbindungen in den Coburger Convent.
Das „Präsidialjahr“ wird im Roten Handbuch definiert:
Das Präsidialjahr beginnt am 1. August eines Jahres und endet am 31. Juli des folgenden Jahres.
Bis zum 31. Juli 2023 ist die Landsmannschaft Saxo-Suevia Erlangen die „Präsidierende“ des Coburger Convents. Anschließend übernimmt die „Nachpräsidierende“ Landsmannschaft Thuringia Berlin. Die Saxo-Suevia wird anschließend zur „Vorpräsidierenden“. Der „Übergabekommers“ soll am 15. Juli in Erlangen stattfinden.
Die jeweilige „Präsidierende“ bestimmt aus den eigenen Reihen den Sprecher, den 1. stellvertretenden Sprecher und den 2. stellvertretenden Sprecher. Bei der Saxo-Suevia Erlangen sind das Johann Steinhauer, der in Freiburg promovierende Rafael Arutjunjan und Peter Schol. Die Thuringia hat Nils Jenssen als „designierten Sprecher“ 2023/24“ vorgesehen.
Im Gegensatz zum „Vorort“ der „Alten Herren“ wird die Reihenfolge der „Präsidierenden“ also nach dem Eintrittsdatum in den CC oder seine Vorläuferorganisationen bestimmt. Ein Bund darf „Präsidierende“ werden, wenn er an der Reihe ist, aber er muss es nicht, falls er beispielsweise nicht genug „Aktive“ hat. Da die Landsmannschaft Cimbria Freiburg am 3. August 1885 in den Coburger Landsmannschafter Convent (LC) eingetreten ist, war sie entsprechend im Geschäftsjahr 2018/19 „Präsidierende“ des Coburger Convents.
Ein „Präsidialjahr“ wird Jahre zuvor bis ins Detail geplant, wie der Präsentation von Axel Müller entnommen werden kann, die er 2016 zur Vorbereitung auf die „Präsidiumsübernahme“ 2018 erstellt hat. Der „Sprecher“ der „Präsidierenden“ war Maximilian Baunach, Student der Katholischen Theologie. Baunach ist mittlerweile Beisitzer in der „Altherrenschaft Cimbria e.V.“, dem beim Registergericht Freiburg eingetragenen „Altherrenverein“ der Cimbria.
Die Landsmannschaft Cimbria Freiburg mit den Farben „weiß-grün-schwarz-weiß“ hat ihr Haus in der Wildtalstrasse 3 in Freiburg-Zähringen. Ihre Villa ist auf Apple Maps unschwer an den vielen Farbklecksen zu erkennen, ihre Beliebtheit auch.
Verwaltet wird das Haus vom „Verein Studentenwohnheim Wildtalstr. 3 e.V. Freiburg“, der beim Registergericht Hamburg eingetragen ist. Dabei handelt es sich wie bei Studentenverbindungen üblich um eine rein formale Trennung, denn vier von sechs Vorstandsmitgliedern sind identisch. Die Cimbria ist mit ihrem Hausverein Mitglied im „Verband für Studentenwohnheime e.V.“ aus Bonn.
Neben ihrem Haus in Freiburg besitzen die Cimbern noch eine „Hütte“ auf dem Feldberg, wo sie ihre „Keil-Hüttenwochenenden“ veranstalten. Sie wird vom „Schwarzwälder Ski- und Wandersportverein Alpenblick e.V.“ verwaltet. Einziger Vorstand: Holger Westermann, Landsmannschaft Cimbria Freiburg, VACC Heilbronn. Westermann gehörte zuvor bis 2019 als Beisitzer dem Vorstand des „Altherrenschaft Cimbria e.V.“ an.
2. Das Silberkartell
Die „Turnerschaften“ und „Landsmannschaften“ schließen sich teilweise auch innerhalb des Coburger Convents zu Unterorganisationen zusammen. Eine Art des Zusammenschlusses sind sogenannte „Kartelle“. Die deutsche Wikipedia, wo die Artikel zu Studentenverbindungen meist von Korporierten geschrieben werden, definiert „Kartelle“ folgendermaßen:
Das Kartellverhältnis geht über das Freundschaftsverhältnis hinaus. Kartellverbindungen betrachten sich oft als eine Verbindung an verschiedenen Orten.
Das Silberkartell, auch Silbernes Kartell oder abgekürzt SK genannt, ist ein Kartell von sieben „Landsmannschaften“ innerhalb des Coburger Convents:
Landsmannschaft Plavia-Arminia Leipzig
Landsmannschaft Neoborussia Halle zu Freiburg
Landsmannschaft Troglodytia Kiel
Landsmannschaft Verdensia Göttingen
Landsmannschaft Saxo-Suevia Erlangen
Landsmannschaft Thuringia Berlin
Landsmannschaft Hasso-Borussia Marburg
Das Silberne Kartell stellt also sowohl die „Präsidierende“ aus Erlangen als auch die „Nachpräsidierende“ aus Berlin.
Öffentlich trat die Thuringia Berlin zuletzt mit der Organisation von rechtsradikalen Veranstaltungen in Erscheinung: Am 17. November 2022 fand eine Lesung von Uwe Tellkamp statt und am 10. März 2023 eine Veranstaltung mit Thilo Sarrazin. Beide Veranstaltungen wurden von der Thuringia als Teil der Veranstaltungsreihe „Dahlemer Gespräche“ beworben und fanden auf dem „Haus Coburg“ der Thuringia in der Schwendenerstraße 10 in Berliner-Dahlem statt.
Einer der „Kartellbünde“ der „Silberkartells“ ist die Landsmannschaft Neoborussia Halle zu Freiburg mit den Farben „schwarz-weiß-schwarz-rosa“. Ihr Haus liegt in der Hansastraße 6:
Im Stadtteil Herdern, einem ruhigen Villenviertel am Rande der Freiburger Innenstadt, liegt unser Verbindungshaus am Fuß des Schlossberges. Drei Etagen mit neun Einzelzimmern, drei Bäder, zwei Küchen und eine Bar.
Einer der beiden Antihelden aus „Skalpierungen unter Korporierten“ ist Mitglied der Landsmannschaft Neoborussia: Alexander Künzelmann.
Alexander Künzelmann ist seit 2012 Mitglied der Pennälerverbindung Borussia Berlin. Bei der Neoborussia füllte Künzelmann im „Aktivenleben“ so ziemlich jede erdenkliche Funktion teilweise mehrfach aus, bis er schließlich auf dem „Altherrenconvent“ am 5. November 2022 philistriert wurde – ein richtiger Vereinsmeier:
Erstchargierter: WS 2017/18
Zweitchargierter: SS 2016
Fuchsmajor: WS 2015/16, WS 2018/19
Bierwart: SS 15, WS 2015/16, SS 17, WS 19/20, SS 2020
Hausvermietung: WS 17/18, SS 2019
Mit dieser beeindruckenden Liste bewarb sich Künzelmann auf den „Studienpreis“ des Coburger Convents. Er wurde von Andreas Schübeler vorgeschlagen, der daraufhin selber vorgeschlagen wurde. Der Gewinner des Studienpreises wird vom Coburger Convent Pfingsten feierlich in Coburg bekannt gegeben. Es ist Andreas Schübeler.
Für das Bewerbungsverfahren des „Studienpreises“ (es gibt auch noch einen „Wissenschaftspreis“) verfasste Künzelmann einen korporierten Lebenslauf:
Das Fuchsenband meiner lieben Landsmannschaft Neoborussia nahm ich am 20. September 2014 auf. Mein Leibbursch wurde mein Bundesbruder Oliver Loth (Neoborussia, fr. Plavia-Arminia). Meine Fuchsenpartie habe ich am 21. Februar 2015 mit einem Vertreter e.v. T! Markomanno-Albertia Freiburg ziehend gefochten. Die Reception erfolgte am 25. Mai 2015 mit Rahmen des Pfingstkongresses in Coburg und mir wurde unser vierfarbiges Burschenband verliehen.
Am 05. März 2016 habe ich die erste Burschenpartie mit einem Vertreter e.v. B! Saxo-Silesia Freiburg ziehend gefochten. Aufgrund eines unglücklichen Treffers auf meiner Seite mit mehrtätigem Krankenhausaufenthalt und nicht unerheblichem Substanzverlust aufgrund eines Scherzls war meine Fechtkarriere auf Anraten der Ärzte des Uniklinikums Freiburg sowie unserer verdienten Paukärzte beendet. Der Generalconvent m.lb. Neoborussia hatmir daraufhin die dritte Pflichtpartie erlassen.
Zum Sommersemester 2018 wurde ich durch meinen Burschenconvent inaktiviert. Zum Ende des Sommersemesters 2020 verließ ich Freiburg nach abgeschlossenem Studium und zog nach Berlin, später Los Angeles und wieder zurück nach Berlin. Am 05. November 2022 wurde ich in den Altherrenverband meiner Ib. Neoborussia aufgenommen.
Nachdem Künzelmann am 5. März 2016 skalpiert wurde, erließ ihm die Neoborussia seine dritte „Pflichtpartie“. Das ist ja wohl auch das mindeste für einen Veteranen, der vermutlich Zeit seines Lebens hochparietal wetterfühlig bleiben wird, zumal der Coburger Convent als Verband nur zwei „Pflichtpartien“ verlangt.
Ob das Geschenk der Neoborussen allerdings das Ende von Künzelmanns Fechtkarriere war, wissen wir nicht. Es bleiben Zweifel, denn immerhin stand Alexander Künzelmann noch im Oktober 2016 auf der „Annoncierungsliste“ des „Freiburger Waffenrings“. Mit solchen Listen Fechtwilliger organisieren die „schlagenden“ Verbindungen ihre „Mensuren“ („rechts“ steht für „Rechtshänder“):
Landsmannschaft Neoborussia | Künzelmann | 2. Burschen | rechts
Auch ansonsten scheinen seine schweren Kopfverletzungen Künzelmanns Ansichten zum studentischen Fechten nicht zum Guten geändert zu haben. Am 7. Juni 2017 schrieb er in einem Facebook-Forum an andere „Waffenstudenten“:
Sehr geehrte Herren,
Für zwei Burschenpartien meiner lb. Landsmannschaft am 24.06. in Freiburg (adH L! Cimbria) sind wir noch auf der Suche nach einem Paukarzt. Über eine baldige Rückmeldung würde ich mich sehr freuen!
Mit waffenbrüderlichen Grüßen,
Alexander Künzelmann, L! Neoborussia Halle zu Freiburg
Jörg Haverkamp von der Burschenschaft Saxo-Silesia – aus deren Reihen Künzelmanns Skalpeur kam – empfahl ihm Freiburger „Paukärzte“:
1. Dr. Bernd Gath, B! Saxo-Silesia
2. Michael Kröckel, B! Saxo-Silesia
3. Dr. Matthias Kasa, T! Markomanno-Albertia
4. Sven Stecher, C! Palatia-Guestphalia
Bernd Gath war Allgemeinmediziner in Merdingen und ist 2019 gestorben. Michael Kröckel ist Facharzt für Urologie am Ortenau-Klinikum in Offenburg-Kehl. Matthias Kasa ist Zahnarzt in Inzlingen bei Lörrach. Sven Stecher ist Allgemeinmediziner in Freiburg-Herdern.
Entgegen der öffentlichen Distanzierungen von Naziburschenschaften wie der „Saxo-Silesia Freiburg“ gibt es hinter den Kulissen eine enge Zusammenarbeit zwischen unterschiedlichen Verbindungsarten: „Burschenschaften“, „Corps“, „Turnerschaften“ und „Landsmannschaften“ arbeiten abseits der Öffentlichkeit zusammen – egal, welchen Dachverbänden die anderen Verbindungen angehören.
Die enge Zusammenarbeit in den Waffenringen ist um so bemerkenswerter angesichts der schlechten Presse in den letzten zehn Jahre für die „Deutsche Burschenschaft“, in der die „Saxo-Silesia Freiburg“ weiterhin Mitglied ist.
Geschichtlich gesehen ist der interkorporative Burgfrieden neu. Die „Landsmannschaften“ des „Silberkartells“ beispielsweise bildeten innerhalb der Vorläuferorganisationen des Coburger Convents eine streitbare Strömung, wie sich im „Grünen Handbuch“ nachlesen lässt:
Die Entwicklung der Landsmannschaften ab den 1870er Jahren war jedoch nicht reibungslos weitergegangen. Mangel an Geschlossenheit, eine allzu weit gehende Einmischung in bundesinterne Angelegenheiten, Rivalität zwischen Gold- und Silberkartell, Aufgehen in Äußerlichkeiten, Hinneigung zum KSCV und schließlich auch noch Paukschwierigkeiten an jenen Universitäten, wo nur eine einzelne Landsmannschaft bestand, führten leider bald zu einer Auflösung des Verbandes.
Am 17.2.1877 wird folgender Antrag gestellt und angenommen: „Die Neoborussia stellt den Dringlichkeitsantrag, den Coburger L.C. aufzulösen, weil sie die Überzeugung gewonnen hat, dass, wie die letzten Ereignisse darthun, ihm jede Existenzfähigkeit abzusprechen sei.“
3. Die Kartelltreffen
Das Silberkartell trifft sich regelmäßig zu „Kartelltreffen“. In der „Fuchsenfibel“ der Thuringia Berlin steht dazu:
In jedem Semester findet ein SK-Convent statt, im Sommersemester während des Pfingstkongresses des CC in Coburg, im Wintersemester während eines von der jeweiligen Präsidierenden auszurichtenden Silberkartelltreffens. In Coburg findet zusätzlich ein Gesellschaftsabend oder eine Kneipe und beim Silberkartelltreffen eine Kneipe statt.
Nicht nur der Coburger Convent, sondern auch das Silberne Kartell hat eine „Präsidierende“. Ausgerichtet werden die „Silberkartelltreffen“ von der jeweiligen „Präsidierenden“ des Kartells.
Bereits vor einigen Jahren machte ein solches Treffen Schlagzeilen. Am 31. Oktober 2015 wurde ein „Silberkartelltreffen“ auf dem „Haus Preußen“ der damaligen Kartell-Präsidierenden Neoborussia in der Hansastraße 6 im Freiburger Stadtteil Herdern von Unbekannten überfallen.
Die Landsmannschaft Neobprussia schrieb am 2. November 2015 dazu in einer Stellungnahme:
In der Nacht vom 31. Oktober auf den 1. November 2015 wurde ein junges Mitglied der Neoborussia mit einem Glaskrug niedergeschlagen, als eine Gruppe von 20 unbekannten Personen versuchte, das Verbindungshaus in der Hansastraße zu erstürmen. Ein weiterer junger Student wurde verletzt. Es wurden Studentenmützen gestohlen und eine Lampe am Haus zerschlagen.
Zum Zeitpunkt der Tat befanden sich Mitglieder verschiedener befreundeter Studentenverbindungen in den Räumen der Landsmannschaft Neoborussia. Es klingelte gegen halb zwei in der Nacht an der Tür und vier junge Frauen und Männer fragten nach einem ihrer Freunde, der über das Wochenende in Freiburg sei. Noch ehe das Mitglied unserer Verbindung, das die Tür geöffnet hatte, klären konnte, um welche Person es sich handeln könnte, erschienen weitere gut 20 Personen aus der Dunkelheit und versuchten gewaltsam in das Haus einzudringen.
Beim Versuch diese Personen zurückzudrängen wurde einem 29jährigen VWL-Studenten aus Freiburg ein Glaskrug an den Kopf geschlagen, sodass dieser mit einer Platzwunde blutüberströmt zu Boden ging. Die zur Hilfe eilenden Verbindungsmitglieder wurden mit Gläsern und Flaschen beworfen, und einige erlitten leichte Verletzungen. Nachdem Notarzt und Polizei gerufen waren, wurde der Verletzte klinisch versorgt.
Ein Göttinger Verbindungsstudent lief kurz darauf der Gruppe der Angreifer auf deren Flucht in die Arme. Diese erkannten ihn als Verbindungsstudenten und griffen auch ihn an. Er kam mit einer blutigen Nase und einigen Prellungen davon.
Obwohl die Freiburger Polizei hinter dem Überfall keine Linken vermutete, nutzten die damaligen „Aktiven“ der Neoborussia den Vorfall, um an der Freiburger Uni gegen die missliebige verbindungskritische Initiative „Falsch verbunden“ vorzugehen. In einer Rundmail an sämtliche Freiburger Verbindungen schrieb Marcel Friedrich von der Neoborussia am 4. November 2015:
Sehr geehrte Farbenschwestern und -brüder,
Sicherlich haben Sie von den Vorfällen am vergangenen Wochenende gehört, die dazu führten, dass zwei meiner Kartell- bzw. Bundesbrüder krankenhausreif geschlagen wurden. Die allgemein bekannte Seite falsch-verbunden.net, die von unserem Studierendenrat ideell unterstützt wird, quittierte diese Ereignisse mit den Worten: „Wir freuen uns jedenfalls über ein so beherztes Eingreifen. Für mehr Toleranz und Zivilengagement!“
Im Licht dieser neuen Ereignisse hat die Fachschaft Jura gestern im Studierendenrat den Antrag gestellt, der Seite die ideelle Unterstützung zu entziehen. Für falsch-verbunden würde das bedeuten, dass sie ihre Postanschrift verlieren würden, ihre E-mailadresse, ihr Recht Räumlichkeiten von der Universität zur Verfügung gestellt zu bekommen, ihre Verlinkung auf der Seite des StuRa und jede Menge weitere Vergünstigungen, die im Zweifelsfall von unseren Geldern finanziert werden.
Auch wenn wir nicht immer einer Meinung sind, bin ich mir doch sicher, dass es in unser aller Interesse ist, dieser Seite ihre „Arbeit“ enorm zu erschweren. Ich möchte Sie daher alle aufrufen, auf Ihre jeweilige Fachschaft einzuwirken, damit dieser Antrag bewilligt wird. Sie haben alle nach §15 (1) GO der Verfassten Studierendenschaft Sitz-, Rede- und Stimmrecht in Ihrer jeweiligen Fachschaft. Wenn genug von uns diesem Aufruf folgen, haben wir eine sehr gute Chance, dass der Antrag bewilligt wird. Bereits der letzte Antrag, der noch vor dieser Eskalation gestellt wurde, ging mit 31:34 Stimmen nur knapp für die Seite aus. Es könnte also im Zweifelsfall ausreichen eine einzige große Fachschaft zu überzeugen, um den Antrag durchzubringen. Die Abgeordneten im StuRa sind an ihr imperatives Mandat gebunden, wenn Sie Ihre Fachschaft also überzeugen können, muss der Abgeordnete so abstimmen wie seine Fachschaft abgestimmt hat. Zu welcher Fachschaft Sie gehören und wann diese tagt können Sie im Anhang nachsehen.
Bitte folgen SIe diesem Aufruf und motivieren Sie auch alle anderen Korporierten die Sie kennen, Ihre Stimme könnte das Zünglein an der Waage sein!
Mit farbenbrüderlichen Grüßen,
Marcel Friedrich Neob!
Mehr noch als der Vorfall 2015 interessieren uns die aktuellen Umtriebe des Silberkartells. Da der Kartellvorsitz in festgelegter Reihenfolge wechselt, war 2022 erneut die Neoborussia die „Präsidierende“ des Kartells. Sie richtete vom 21. Oktober bis zum 23. Oktober 2022 das letzte „Kartelltreffen“ aus.
4. Die Täter
Bei dem „Kartelltreffen“ im Oktober 2022 kam es zu Aufruhr. Einige der anwesenden „Landsmannschafter“ riefen „Heil Hitler!“ und randalierten auf dem Haus der Neoborussia. Sie selbst versuchen das zwar diese ersten Naziparolenrufe durch Schutzbehauptungen zu verschleiern, aber die NachbarInnen riefen die Polizei wegen der „Heil Hitler"-Rufe bei der Neoborussia.
Wie verräterisch Sprache sein kann, zeigt sich an der Tatsache, dass Korporierte einen eigenen Begriff für dieses durchaus übliche Verhalten haben: Die Thuringia „trümmerte“ – alleine die Renovierung der Neoborussen-Küche kostete über 600 Euro.
Die randalierenden Naziburschen wurden daraufhin von der Neoborussia rausgeworfen, woraufhin sie durch den Freiburger Villen-Stadtteil Herdern zum Haus der Turnerschaft Markomanno-Albertia zogen, wo sie mit erneuten, lauten „Heil Deutschland“- und „Heil Hitler“-Rufen die Nachbarschaft verstörten.
Den Vorfällen während des „Kartelltreffens“ auf dem Haus der Neoborussia Freiburg nähern wir uns aus verschiedenen Richtungen an: Aus Sicht der Neoborussia Freiburg, aus Sicht der Markomanno-Albertia Freiburg und aus Sicht der Thuringia Berlin. Es waren „Aktive“ der Thuringia, die sich der Volksverhetzung oder zumindest des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen schuldig machten. Die Thuringia ist die designierte „Präsidierende“ des Coburger Convents.
Die Vorfälle erschienen den beiden involvierten Freiburger Verbindungen so gravierend, dass sie sich schriftlich an die Täter wandten, um sich förmlich über deren Verhalten zu beschweren. Am 4. November 2022 erhielt die Thuringia Berlin zwei Schreiben: Einen an die Aktivitas adressierten Brief der Aktivitas der Turnerschaft Markomanno-Albertia und einen Brief des Altherren-Vorstands der Landsmannschaft Neoborussia, adressiert an den Altherren-Vorstand der Landsmannschaft Thuringia. Bereits zuvor hatte sich die Neoborussia weniger förmlich bei der Thuringia beschwert.
Bevor die beiden schriftlichen Beschwerden der Freiburger CC-Bünde in Berlin eintrafen, hatte das Verhalten der eigenen „Aktivitas“ während ihrer Freiburg-Reise innerhalb der Thuringia natürlich schon die Runde gemacht. Bereits am 24. Oktober verfasste der „Aktive“ Nils Jenssen eine Stellungnahme, in der er seine Sicht schilderte:
Thuringia reiste mit den folgenden Bundesbrüdern aus Berlin an: aFaF Güterbock III, König und Hollekamp, sowie aBaB Cramer, Held, Jenssen und Kostas. Wir kehrten gegen 21:00 bei unserer lbbfr. KL! Neoborussia am Freitagabend ein. Dort trafen wir aB Deynet, der aus Erlangen bereits mittags angereist war, sowie iaB v. Seydlitz, der auf dem Haus wohnt. aB Witlandt reiste am Samstag gegen 18:00 verspätet an. Thuringia war also mit insgesamt zehn Bundesbrüdern mannstark vertreten.
Zwar gab es bei den Neoborussen nicht einmal ein Kontinentalfrühstück, aber die Mark-Alberten hatten zum Glück noch Vorräte:
Am Samstagmorgen war angekündigt kein Frühstück im Hause der Neoborussia zu bekommen, weswegen wir bei den Gastgebern e.v. T! Markomanno-Albertia zu Austern, Sekt und Bier frühstückten
Problematisch war nach Jenssens Ansicht demnach allenfalls der Alkoholkonsum und eine Störung der „Kneipe“ durch „Quergesänge“.
Ich selbst wurde von dem hohen Kneipleiter in das Präsidium gebeten, in einem hoffnungslosen Versuch damit einen Teil des Verhaltens unsererseits zu bändigen. Vom Präsidium konnte ich beobachten, wie angetrieben von BbrBbr Cramer, Held und Kostas mehrere Quergesänge, Verstöße gegen das Silentium sowie undiszipliniertes Verhalten während der Kneipe angestiftet wurden. Dafür wurde Thuringia auch mehrfach in die Kanne geschickt. aB Kostas wurde dann mit der Kneipleitung anvertraut, welche aber bald unter den Tisch getrunken wurde.
Bei einer Kneipe gibt es eine klar geregelte Sitzordnung. Am Kopfende einer langen Tafel sitzt das Präsidium. Je zwei Burschen sitzen sich an der Tafel gegenüber, angefangen mit den ranghöchsten Verbindungsstudenten der Gastgeberverbindung bis runter zum kleinsten Fuchs der Gastverbindung. Laut Sitzordnung Ranghöhere können Rangniedere „in die Kanne“ schicken, woraufhin diese ihre Biere auf Kommando leeren müssen – eine skurrile Form von Disziplinierungsmaßnahme.
Dass die „aBaB Cramer und Held mit mehreren Kartellbrüdern lautstark das Lied der Deutschen im Garten anstimmten“ bezeichnete er als „normale Geschehnisse im Rahmen des Kartelltreffens“. Der Skandal war dann allerdings, dass Friedrich von Seydlitz-Kurzbach, der nicht nur das Band der Thuringia trägt, sondern auch bei der Neoborussia Freiburg aktiv ist, die Berliner Landsmannschafter vom Haus der Neoborussia warf und sich anschließend nicht sofort entschuldigte:
Ich habe das Verhalten von Bbr v. Seydlitz als zutiefst unbundesbrüderlich bewertet. Ich war auch am Sonntagmorgen noch sehr sauer auf das mir und meinen Bundesbrüdern gegenüber sehr respektlose Auftreten. Auf späterer Nachfrage wollte dieser sich auch nicht entschuldigen, sondern wiederholte eine Schuld, die sogar bei mir persönlich liegen würde, und verwies erneut auf mein Verhalten am Freitag- sowie Samstagabend.
In einem Rundschreiben vom 31. Oktober 2022 äußert sich Frank Joachim Peter, Spitzname „Nappi“, Arzt und Mitglied des Vorstands der VACC Berlin und des Altherren-Vorstands der Thuringia Berlin, ebenfalls verharmlosend:
Das Silberkartelltreffen ist hörenderweisend phasenweise wie in all den Jahren zuvor ein wenig aus dem Ruder gelaufen. Es wird noch aufgearbeitet, welche Rolle unsere anwesenden Bbr. Bbr. gespielt haben.
5. Die Gastgeber
Am 22. Oktober fand bei der Neoborussia ein ebensolches ritualisiertes Besäufnis der Landsmannschafter statt: Eine „Silberkartellkneipe“. Anwesend waren also nur Mitglieder des „Silberkartells“. Im Anschluss an diese Veranstaltung kam es aus Sicht der „Aktiven“ der Markomanno-Albertia zu „untragbare[m] Verhalten einiger Aktiver der Thuringia“. Die Berliner Gäste der Neoborussen übernachteten nämlich auf dem „Mark-Alberten-Haus“.
Die Turnerschaft Markomanno-Albertia mit den Farben „weiß-blau-karmoisinrot-weiß“ besitzt eine Villa in Freiburg-Herdern in der Mozartstraße 66. Die „Hütte“ der „Turnerschaft“ befindet sich im „Bärental am Feldberg“ und „ist ein altes Schwarzwaldbauernhaus“ samt Kapelle. Dort gedenken sie ihrer in den Weltkriegen getöteten Bundesbrüder.
Auch ansonsten pflegt die Markomanno-Albertia einen selbstbewussten Umgang mit der Vergangenheit. Auf ihrer Internetseite erklärt die „pflichtschlagende Turnerschaft“, was die „Machtergreifung“ den „waffenstudentischen Korporationen“ an Vorteilen brachte:
Der 30.01.1933 brachte die „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten. Unmittelbare Auswirkung für die schlagenden Studentenverbindungen war die Aufhebung des Mensurverbotes im Sommersemester 1933, gefeiert mit einem gemeinsamen Commers der Freiburger waffenstudentischen Korporationen, in dessen Verlauf der damalige Rektor der Freiburger Universität, der Philosoph Heidegger, eine Rede über den Sinn der Mensur hielt.
Eines der bekannteren Mitglieder der Markomanno-Albertia war der AfD-Bundestagsabgeordnete Thomas Seitz. Aber die „Alten Herren“ der „Markalberten“ haben ihrem prominentestes Nazimitglied im Dezember 2021 den Lebensbund aus Angst vor einer Rufschädigung der „Turnerschaft“ gekündigt.
Aber nicht alle „Bundesbrüder“ waren mit Seitz’ Rauswurf einverstanden. Gabriel Del Rio Hecklau beispielsweise fand die „Kampagne gegen Bbr. Seitz [...] nicht angebracht“. Lutz von Hirschberg antwortete dem „lieben Gabriel“:
danke für Deine Ausführungen als Bbr. und sicher nicht als Schatzmeister des Kreisverbandes Stuttgart der AfD.
Auch in ihrem Schreiben an die Thuringia Berlin geht es der „Aktivitas“ der Turnerschaft Markomanno-Albertia lediglich um die Außenwirkung.
Die Thuringia schreibt, dass der Vorfall am 23. Oktober 2022 stattgefunden habe, das wäre ein Sonntag. Da das Silberkartell-Treffen aber vom 21. bis 23. Oktober stattfand, ist vermutlich Samstag, der 22. Oktober 2022, gemeint.
Einer verehrlichen
Landsmannschaft im CC Thuringia Berlin
Schwendenerstrake 10
14195 Berlin
DeutschlandFreiburg i. Br., den 04.11.2022
Werte Herren Verbandsbrüder,
mit diesem Brief möchten wir Sie über das untragbare Verhalten einiger Aktiver der Thuringia am Wochenende 22/23.10.2022 informieren und eine entsprechende Stellungnahme Ihrerseits für unseren Convent einfordern.
Am 23.10.2022 erschienen einige Mitglieder der Thuringia sichtlich angetrunken auf unserer Antrittskneipe, nachdem sie laut eigener Aussage von der Silberkartellkneipe bei einer verehrlichen Neoborussia Halle verwiesen worden waren.
Nach unserer Kneipe kam es im Bierdorf zum im Folgenden erläuterten Verhalten mehrerer Ihrer Bundesbrüder:
Verschiedene Angehörige Ihres Bundes zeigten in der Öffentlichkeit rechtsnationalistisches Verhalten. Im Einzelnen fielen mehrmals die Phrasen „Heil Deutschland!“, „Heil Hitler!“, und es wurde einem unserer Fuxen mit selbiger Phrase zugeprostet. Dies geschah sowohl in unserem Haus, als auch in der Einfahrt und auf dem Hinterhof — mithin in der Öffentlichkeit.
Dies bringt uns einerseits intern, andererseits auch unseren Nachbarn gegenüber in schwere Erklärungsnot und lässt nicht nur unseren und Ihren Bund, sondern das gesamte Couleurstudententum in einem nicht haltbaren Außenbild dastehen.
Wir erwarten, dass dieses Verhalten in Ihrem Bund entsprechend aufgearbeitet wird und dass Sie uns über das Ergebnis in Kenntnis setzen.
Wir verbitten uns in Zukunft eine Anfrage nach Unterkunft für Ihre Bundesbrüder auf unserem Hause.
Des Weiteren wird unser Altherrenvorstand mit dem Ihren in Kontakt treten.
Es ergeht außerdem eine Kopie dieses Schreibens an die Bünde des Silberkartells.Mit verbandsbrüderlichen Grüßen
Justian Thomas Fischer Z!
Justian Fischer, „Aktiver“ der Markomanno-Albertia und Student der Forstwissenschaft, schrieb also für uns und die interessierte Öffentlichkeit auf, was sich aus ihrer Sicht zugetragen hat: Die besoffenen Aktiven der Thuringia waren laut eigener Aussage von der „Silberkartellkneipe“ geworfen worden. Anschließend zogen sie zum Haus der Markomanno-Albertia und zeigten dort „im Bierdorf“, also in dem auf eine „Kneipe“ folgenden, weniger förmlichen Teil eines Saufabends, „rechtsnationalistisches Verhalten“.
Anders als im Protokoll der Neoborussia schreibt die Markomanno-Albertia immerhin auf, was „rechtsnationalistisches Verhalten“ hier bedeutet: Die Berliner Korporierten riefen „Heil Deutschland“ und „Heil Hitler“ und einem „Fuxen“ wurde mit „Heil Hitler“ zugeprostet. Und wie bei der Neoborussia in aller Öffentlichkeit, also nicht nur im Haus, sondern auch in der Einfahrt und auf dem Grundstück - gut hörbar für PassantInnen und NachbarInnen.
Um ihren Ruf in der Nachbarschaft machte sich die Markomanno-Albertia entsprechend große Sorgen, sie schrieb von „Erklärungsnot“ und einem „nicht haltbaren Außenbild“ und sah nicht nur sich selbst, sondern „das gesamte Couleurstudententum“ in den Nazidreck gezogen.
Auf den Brief der „Aktivitas“ der Markomanno-Albertia antwortete die Thuringia zunächst nicht. Aber das förmliche Schreiben der „Kartellbrüder“ vom 4. November konnten sie nicht ignorieren. Die Thuringia entwarf ein Antwortschreiben an die Neoborussia:
Dem Altherrenverband einer liebbefreundeten
KL! Neoborussia Halle zu Freiburg
Hansastraße 6
79104 Freiburg im BreisgauBerlin, den 4. November 2022
Liebe Kartellbrüder,
zunächst möchten wir Euch für die gewährte Gastfreundschaft anlässlich des Silberkartelltreffens in Freiburg und die gute Organisation dieses traditionsreichen Treffens danken.
Zugleich müssen wir leider für das Fehlverhalten unserer Bundesbrüder um Entschuldigung bitten.
Wir bedauern sehr, dass mehrere unserer Bundesbrüder am Samstagabend Gläser und Flaschen vor dem Haus unserer lieben KL! Neoborussia mutwillig zerstörten und die mit dem Räumen der Trümmer beschäftigten Kartellbrüder angingen. Die ausgelassene Stimmung anlässlich des Silberkartelltreffens und das überreichlich genossene Bier mögen dieses Verhalten noch erklären, entschuldigen es aber keineswegs.
Anschließend sangen diese Bundesbrüder zusammen mit anderen Kartellbrüdern im Garten Eures Hauses lautstark das Lied der Deutschen und störten damit den nachbarschaftlichen Frieden, was dazu führte, dass unsere Bundesbrüder von Eurem Haus verwiesen wurden, was im weiteren Laufe des Abends von beiden Seiten bedauert wurde.
Leider kam es sogar nach einer erfolgten Aussprache noch dazu, dass auf Euer Haus zurückgekehrte Bundesbrüder die Küche der Aktivenebene Eures Hauses mutwillig beschmutzten und beschädigten. Dafür möchten wir besonders um Entschuldigung bitten. Selbstverständlich wird unser Bund für alle aus diesem Verhalten resultierenden Schäden aufkommen.
Im Nachgang zum Silberkartelltreffen wurden wir als AHV aus unterschiedlichen Quellen darüber informiert, dass es sowohl zum Zeitpunkt des lautstarken Singens im Garten als auch auf dem Haus einer verehrlichen T! Markomanno-Albertia, auf dem unsere Bundesbrüder freundlicherweise für das Wochenende untergebracht waren, zu rechtsradikalen Äußerungen gekommen sein soll.
Sollten derartige Äußerungen gefallen sein, würden Aktivitas und AHV Thuringiae dies zutiefst bedauern und auf das Schärfste verurteilen. Ein solches Verhalten hätte nicht nur uns und unsere gastgebende liebbefreundete KL! Neoborussia beschmutzt, sondern auch dem Ansehen des Silberkartells und des gesamten Verbandes geschadet. Ein derartiges Verhalten wäre für uns absolut inakzeptabel und würde dem Selbstbild und dem akademischen Anspruch unserer lieben Thuringia aufs Äußerste widersprechen. Selbstverständlich werden sich unsere Convente mit den Vorkommnissen und diesen Vorwürfen eingehend befassen.
Wir hoffen, dass die über ein Jahrhundert bestehende Freundschaft im Silberkartell und insbesondere zwischen unseren beiden Bündern durch das bedauerliche Verhalten Einzelner nicht anhaltend gestört wird, und wünschen unserer liebbefreundeten Kartell-Landsmannschaft Neoborussia Halle zu Freiburg auch anlässlich Eures Stiftungsfestes ein herzliches „Vivat, crescat, floreat in aeternum!“
Mit kartellbrüderlichen Grüßen
für den Vorstand der AHV
Ties Reese
Frank Peter
6. Die Kartellbrüder
Im „Protokoll des Generalconvents der Landsmannschaft im CC Neoborussia Halle zu Freiburg vom 5. November 2022“ wird der Vorfall anschließend folgendermaßen beschrieben – und die öffentliche Bekennung zum Nationalsozialismus euphemistisch als „schlechtes Benehmen“ umschrieben.
4. Kartell und Verband
Vor zwei Wochen fand das Treffen des silbernen Kartells in Freiburg statt. Leider konnten sich nicht alle Kartellbrüder benehmen, weshalb der Erstchargierte sich dazu gezwungen fühlte, die KL! Thuringia Berlin des Hauses zu verweisen. Im Nachgang an das Wochenenden meldete sich die Polizei bei AHV Koch, da es zu einer Strafanzeige gekommen war. Hierbei sollen verfassungsfeindliche Parolen auf dem Grundstück unserer lieben Neoborussia gerufen worden sein. Ein paar Waffenbrüder haben bereits den Kontakt zum AHV gesucht und sich erkundigt, was vorgefallen sei.
Zur Klärung der Angelegenheit steht der AHV sowohl mit der Polizei als auch mit dem AHV der KL! Thuringia in Kontakt. Leider war es bisher nicht möglich die entsprechenden Kartellbrüder zu ermitteln, welche die verfassungsfeindlichen Parolen gerufen haben sollen. Die Turnerschaft Markomanno Albertia Freiburg hat einen Brief an den AHV der KL! Thuringia versendet, da einzelne Kartellbrüder auch dort verfassungsfeindliche Parolen gerufen haben sollen. Dieser Brief wurde auch an die anderen Silberkartellbünde versendet. Der entstandene Sachschaden durch „Trümmern“ und andere Unsitten wird durch die KL! Thuringia Berlin beglichen.
Mehrere Mitglieder der Thuringia Berlin zerstörten also Teile der Inneneinrichtung des Hauses der Neoborussia und riefen anschließend rechtsradikale Parolen. Und das nicht nur im Haus, sondern auch auf dem Grundstück, was in der Beschreibung der Neoborussia dazu führte, dass die Freiburger Polizei den Altherren-Vorstand der Neoborussia kontaktierte.
Die unter Verbindungsstudenten übliche Omertà wurde wenig überraschend eingehalten, weswegen es „leider“ nicht möglich gewesen sei, „die entsprechenden Kartellbrüder zu ermitteln”.
Aber immerhin konnte die Neoborussia einen Erfolg protokollieren: Der durch das „Trümmern“ entstandene Sachschaden sollte durch die Thuringia beglichen werden. Mit „Trümmern“ verharmlosen Korporierte gezielte Zerstörungen von Gläsern und Einrichtungsgegenständen in Verbindungshäusern.
Am 9. November fand der „ordentliche Burschen-Convent” der Thuringia Berlin statt. Darin fällt insbesondere auf, dass sich die Aktiven vor einer Verantwortungsübernahme drücken und angebliches Fehlverhalten ihres auch bei der Neoborussia aktiven „Bundesbruders“ Friedrich von Seydlitz und der Markomanno-Albertia hervorheben. (Der „Alte Herr“ Dr. med. Frank-Joachim Peter wohnt lustigerweise in der Berliner Reichsstraße.)
Zu Top 2: Geschehnisse in Freiburg beim SK-Treffen
AH Peter hält fest, was der Altherrenschaft bekannt ist:
• Auf dem SK-Treffen wurde randaliert
• Aktivitas verhielt sich nicht Bundesbrüderlich gegenüber F. von Seydlitz
• Das Gesamtverhalten der Aktivitas ließ in Freiburg zu wünschen übrig
• Neoborussia bittet um Stellungnahme bezüglich der Anzeige von der Nachbarschaft
• Neoborussia streitet jegliche genannte Tat in der Anzeige von sich ab
• T! Markomanno-Albertia verwies Thuringia des Hauses aufgrund rechtsextremer Aussage und Trümmern Ihres Eigentums (neoborussia verwiesen)AH Peter merkt an, dass der AHV einen Antwortbrief schrieb an Neoborussia, in dem man sich für die Gastfreundschaft an dem Wochenende bedankt und sich für jegliches Fehlverhalten der Aktiven entschuldigt. Auch der Übermäßige Konsum von Bier entschuldigt ein solches Verhalten nicht. Trotzdem wurde das Lied der Deutschen, welches nicht verfassungswidrig ist, nicht von Thuringia angestimmt. Klar ist, dass die Küche von Thuringia verschmutzt wurde und der Bund den dadurch entstandenen Schaden übernehmen wird. Jegliche verfassungswidrigen Aussagen, die auf dem Haus der Neoborussia und der Turnerschaft gefallen seien sollen streitet Thuringia von sich ab und verurteilt diese aufs schärfste. Solche Aussagen passen nicht zum Selbstbild einer Landsmannschaft und man wird sich mit den Themen auf dem nächsten Convent befassen (dieser AobC).
[...]
aH Peter bittet aH Rese den Brief der Turnerschaft zu lesen:
Angesprochen wird das Untragbare verhalten Seitens Thuringia; dass Thuringia der SK-Kneipe verwiesen wurde; Bbr. Sich laut aussagen der Turnerschaft rechtsextrem Verhielten und dieser Brief an jeden Bund des SKs gesendet wird. Es wird um Stellungnahme gebenten. aB Jennsen:
Thuringia wurde auch nie eines Hauses verwiesen, jediglich wurde aF König der Ankneipe der T! verwiesen, zu der eingeladen wurde. Nach Einladung aufs Haus der NB am Sonntag entschuldigten sich Kbr. Schübeler II und Schübeler III für das Verhalten von iaB Seydlitz, welcher Thuringia bat zu gehen. aB Jenssen bedauert jedoch seinen eigenen Kontrollverlust in der Küche.
aH Bach erfragt welche Bbr. alle anwesend waren.
aB Kostas hält fest:
aBaB Kostas, Jenssen, Cramer, Held, Seydlitz, Deynet und Witlandt (verspätet am Samstag)
aFaF König, Hollekamp, Güterbock IIIaH Peter tut sich schwer mit erfundenen Geschichten und möchte auch nochmal aktive an 100 Jahre alte Freundschaft erinnern und fordert eine Antwort der Aktivitas an die T! in der gerne die Aussagen bestritten werden dürfen. Solche Aussagen gehören jedoch nicht zu Thuringia und selbst ein einziger der sich dazu bekennt sei fatal. Trunkenheit ist keine Ausrede! Er verweist unteranderem auf die Partys mit hundert Leuten, über die der AHV nicht in Kenntnis gesetzt wurde und betont, dass die Unberechenheit der Aktivitas Ihm Angst mache. Trotzdem soll eine Antwort an die T! gesendet werden, auch wenn man Sie zur PP fordert.
[...]
aH Peter hält fest, dass im Brief an die Turnerschaft stehen sollte, dass Thuringia jegliche Anschuldigungen von sich weist und andere zwischen fälle auf dem Paukboden geklärt werden sollen.
Offensichtlich wusste sich die kommende „Präsidierende“ nicht anders zu behelfen, als denen, die ihre Naziumtriebe kritisierten, eine Aufforderung zum Duell zu schicken.
7. Die Duellforderung
Die Turnerschaft Markomanno-Albertia wartete aber weiterhin auf eine Antwort der Landsmannschaft Thuringia Berlin. Der Konvent der „Turnerschaft“ drohte zwischenzeitlich sogar, sich förmlich beim Coburger Convent über die Thuringia zu beschweren. In einer Mail an seine Vorstandskollegen schrieb der Altherren-Vorsitzende Ties Reese, Landsmannschaft Thuringia Berlin und Landsmannschaft Troglodytia Kiel, VACC Berlin und VACC Hannover, am 27. November:
Auch bei unserem Problem gibt es etwas Neues: Der Gesamtconvent der Freiburger Turnerschaft hat wohl beschlossen, sich beim CC über uns zu beschweren, wenn nicht endlich eine Reaktion auf ihren Brief vom 4. November aus unserer Aktivitas kommt. Außerdem wurden die Anschuldigungen der Mark-Alberten jetzt durch eindeutig zuordenbare Beschreibungen zweier unserer BbrBbr ergänzt – aber alles wieder Hörensagen aus Freiburg und nicht offiziell. Bisher ist in den Medien glücklicherweise immer noch nichts zu der Angelegenheit zu finden.
Unsere Aktivitas hat der Turnerschaft nach Aussage des XXX gerade einen sehr aggressiv formulierten Antwortbrief einschließlich PP-Forderung geschrieben, der aber noch nicht versandt wurde – meiner Meinung nach die dümmstmögliche Reaktion, was ich den Aktiven auch vor dem Convent ausführlich erklärt habe. Der Brief soll auch an das ganze Kartell gehen.
Die rechtsradikale „Aktivitas“ der Thuringia Berlin plante also, auf das Schreiben der Markomanno-Albertia vom 4. November mit einer Duell-Forderung zu reagieren – mit einem „aggressiv formulierten Antwortbrief einschließlich PP-Forderung“. Dabei hatte sich die „Aktivitas“ der Freiburger Landsmannschaft lediglich in einem höflich formulierten Schreiben über die Nazirufe in der Öffentlichkeit beschwert und dazu eine Stellungnahme der Thuringia gefordert. Und die Thuringia diskutierte nicht nur über eine Forderung zu einer „Pro Patria-Suite“, sondern schickte tatsächlich eine Liste nach Freiburg.
Dies ist in einem auf den 12. Dezember datierten Brief zu entnehmen, den der Düsseldorfer Rechtsanwalt Patrick Rode, Altherren-Vorsitzender der Markomanno-Albertia, an die Thuringia schickte.
Herrn Verbandsbruder
Ties Reese
Schönhauser Allee 1 10
10439 BerlinDüsseldorf, den 12. Dezember 2022
vorab per Email an: tiesreese@web.de
Vorfälle im Rahmen des Silberkartelltreffens in Freiburg
Sehr geehrter Herr Verbandsbruder Reese,
mit diesem Schreiben wende ich mich in meiner Eigenschaft als Altherrenvorsitzender m.lb. Markomanno-Albertia zu Freiburg an Sie. Es geht um eine sehr unerfreuliche Angelegenheit, von der Sie wohl bereits über andere Verbandskorporationen – etwa e.v. Neoborussia Halle Kenntnis haben.
Am Wochenende vom 21.10.2022 bis zum 23.10.2022 weilten anlässlich des Silberkartell-Treffens mehrere Aktive e.v. Thuringia als Übernachtungsgäste und am Samstagabend auch als Kneipgäste auf dem Mark.-Albertenhaus. Die Übernachtungsmöglichkeiten wurden von unseren Aktiven auf Anfrage e.v. Neoborussia Halle, die das Kartelltreffen ausrichtete, gerne bereitgestellt (zur Erklärung: das Mark.-Albertenhaus liegt in kurzer Laufdistanz zum Neupreussenhaus).
Am Samstagabend (22.10.22) schlug m.lb. Markomanno-Albertia ihre Antrittskneipe. Abgesprochen war im Vorfeld, dass das Silberkartelltreffen bzw. die Unterbringung der Aktiven der Thuringia auf unserem Hause keinerlei Einfluss auf unsere eigenen Veranstaltungen (am Freitag Antrittsessen, am Samstag Kneipe) haben würde. Auf der Kneipe am Samstagabend erschienen in der Pause zwischen offiziellem und inoffiziellem Teil mehrere Herren Verbandsbrüder e.v. Thuringia. Sie waren nach eigener Aussage von der Silberkartellkneipe wegen schlechten Benehmens verwiesen worden.
Ihre Bundesbrüder wurden als Gäste auf der Kneipe willkommen geheißen. Während des Inoffizes kletterte ein sichtlich betrunkener Fux durch eines der Fenster ein – er hätte auch die Türe nutzen können. Die Kneipe fand recht schnell Ihr Ende. Im Bierdorf kam es nun zu den im Folgenden näher beschriebenen Vorfällen:
Der Erstchargierte m.lb Turnerschaft kehrte nach einem kurzen Spaziergang aufs Haus zurück und wurde von einem Bundesbruder darauf hingewiesen, dass sich mehrere Personen im Vorgarten sowie im Hinterhof des Hauses (beide öffentlich einsehbar) befänden und dass dort laute Ausrufe wie „Heil Deutschland!“, sowie „Heil Hitler!“ fielen. Auf Anweisung des Erstchargierten gaben betreffende Personen, die er im Nachhinein nicht mehr im Einzelnen, sondern nur als Angehörige e.v. Thuringia identifizieren kann, nach und begaben sich ins Haus zurück. Im weiteren feuchtfröhlichen Verlauf des Abends wurde im Zuge des Zuprostens gegenüber einem unserer Füxe statt eines üblichen „Prost!“ ein „Heil Hitler“ vorgebracht. In der Folge erfolgte wieder der kurz gefasste, aber deutliche Hinweis, dass dieses Verhalten auf unserem Hause nicht geduldet wird. Das ganze Ausmaß der nicht haltbaren politischen Äußerungen erschloss sich dem BC m.lb. Markomanno-Albertia erst im Anschluss an das Wochenende.
Herr Verbandsbruder, Sie werden nachvollziehen können, dass der BC m.lb. Markomanno- Albertia ein solches Verhalten nicht unkommentiert lassen kann, da es zum einen eine grobe Missachtung der den Thüringern gegenüber erwiesenen Gastfreundschaft darstellt und zum anderen durch seine Außenwirkung (unter anderem vor dem Haus und im Garten geschehen) geeignet ist, den Ruf m.lb. Turnerschaft, den Ruf des Coburger Conventes und den Ruf des gesamten Korporationsstudententums in hohem Maße zu schädigen.
Der BC m.lb. Markomanno-Albertia hat daher den BC e.v. Thuringia angeschrieben und seinen Standpunkt und seine Erwartungen deutlich gemacht (Schreiben vom 04.11.22; ich lege Ihnen den gesamten Schriftverkehr in Kopie bei). Am 28.11.2022 antwortete der BC e.v. Thuringia mit einem in doch sehr forschem Ton gehaltenen Schreiben, das ganz offensichtlich dem Ernst der Lage nicht gerecht wird und die Vorfälle rundweg leugnet. Es wird außerdem der völlig absurde Versuch unternommen, sich selbst als Beleidigten darzustellen und dem BC m.lb. Markomanno-Albertia dafür eine auch noch ausdrückliche so bezeichnete! – „Pro Patria Suite“ aufzubrummen. Wir nennen so etwas aus den bekannten Gründen lieber ganz unverfänglich „Fechtfolge zur Wahrung des Konservativen Prinzips“ (vgl. dazu z.B. Coburger Convent, Handbuch I, Wissenswertes und Hilfreiches, S. 85). In diesem speziellen Falle sieht der BC m.lb. Markomanno-Albertia dem Ernst des Sachverhaltes entsprechend eine Fechtfolge nicht als das geeignete Mittel zur Klärung der Lage an.
Ich gehe davon aus, dass Ihnen dieser Sachverhalt nicht in der Art nicht bekannt sein dürfte. Jedenfalls wäre es aus meiner Sicht wünschenswert, wenn Sie sich dieser Sache annehmen und intern eine Klärung herbeiführen. Ich stehe Ihnen – auch wenn ich bei der hier gegenständlichen Veranstaltung selbst nicht anwesend war – für eine Rücksprache zur Verfügung.
AH Rode Z! (x) Vorsitzender des Altherrenverbandes
Nachdem die Nazis der Thuringia im Vorgarten „Heil Hitler“ gerufen hatten, wurden sie von der Markomanno-Albertia also zum Bier eingeladen. Aber statt „Prost!“ gab es von der Thuringia noch mehr „Heil Hitler!“
Einem politischen Offenbarungseid käme der Satz „Das ganze Ausmaß der nicht haltbaren politischen Äußerungen erschloss sich dem BC m.lb. Markomanno-Albertia erst im Anschluss an das Wochenende.“ gleich, wäre er nicht gelogen. Oder welchen Teil von „Heil Hitler“ habt ihr nicht verstanden?
Offen schreibt die Markomanno-Albertia, dass es in Kreisen schlagender Verbindungen üblich ist, Duellforderungen nicht als solche zu bezeichnen, sondern „aus den bekannten Gründen lieber ganz unverfänglich“ von einer „Fechtfolge zur Wahrung des Konservativen Prinzips“ zu sprechen und vor allem zu schreiben. Grund dafür ist, dass auf Beleidigungen folgende „Ehrenhändel“ als „sittenwidrig“ und damit als illegal gewertet würden – wenn sie denn vor Gericht kämen.
Rode dürfte sich auf folgenden Absatz beziehen, der in der uns vorliegenden Version des „Grünen Handbuchs“ auf Seite 68 steht:
Der Bundesgerichtshof hat am 29.1.1953 entschieden, dass alle Mensuren, die der Austragung von Ehrenhändeln im Sinne eines Duells dienen, rechtswidrig sind. Dem wurde in den Satzungen des CC Rechnung getragen, insbesondere in der Fechtordnung, in der es heißt: „Mit dem Grundsatz der Bestimmungsmensur ist das Austragen von Ehrenhändeln sowie die Beilegung von Streitigkeiten mit der Waffe unvereinbar.
Und Papier ist geduldig: Austragungen von Ehrenhändeln mit scharfen Waffen sind unter den Mitgliedsbünden des Coburger Convents üblich, wie die Forderung der Thuringia Berlin einmal mehr belegt.
Auf dieses Schreiben der Markomanno-Albertia antwortet der AHV der Thuringia dann eine gute Woche später mit einem nichtssagenden Antwortschreiben voller Konjunktive, Phrasen, Ausflüchte und Schuldzurückweisungen.
Dem Altherrenverband e. v.
T! Markomanno-Albertia im CC
z.Hd. Herrn Vbr. P. Rode
Düsseldorfer Straße 72
40545 DüsseldorfBerlin, den 20. Dezember 2022
Sehr geehrter Herr Verbandsbruder Rode,
ich bedanke mich für Ihr Schreiben vom 12. Dezember d.J., dessen Eingang ich Ihnen bereits per E-Mail bestätigt hatte. Zunächst möchten wir Ihnen und Ihrem Bund recht herzlich für die meinen Aktiven gewährte Gastfreundschaft anlässlich des Silberkartelltreffens in Freiburg danken, auch wenn dieser Besuch im Nachhinein leider viel Anlass zu Unmut gab. Die bei diesem Kartelltreffen bestätigten oder vorgeworfenen Vorfälle beschäftigen unsere Convente und Unterfertigte als Vorstand der AHV seitdem leider immer wieder.
Da meine Bundesbrüder selbstverständlichen Erwartungen an das Verhalten von Gästen nicht entsprochen haben, möchte ich als Erstes für tatsächliches Fehlverhalten insbesondere in der Öffentlichkeit außerhalb Ihres Hauses um Entschuldigung bitten. Wir bedauern sehr, falls durch Fehlverhalten der nachbarschaftliche Frieden gestört worden sein sollte.
Im Nachgang zum Silberkartelltreffen wurden wir als AHV darüber informiert, dass es auf Ihrem Haus auch zu rechtsradikalen Ausrufen gekommen sein soll. Leider konnte aber bisher auf keinem Wege geklärt werden, welchem unserer Bundesbrüder konkret welcher Ausruf vorgeworfen werden kann, was sowohl unsere Convente als auch uns als Vorstand AHV in die unglückliche Situation bringt, dass wir solche Ausrufe nur allgemein verurteilen und zurückweisen, aber keine weiteren konkreten Maßnahmen veranlassen können.
Sich als Bund einem solchen unkonkreten Vorwurf ohne Nennung von Namen ausgesetzt zu sehen, macht uns eine angemessene Reaktion unmöglich, da wir so weder etwas angemessen ahnden noch mit Bestimmung zurückweisen können, was uns sehr belastet. Auch die Tatsache, dass diese Vorwürfe während des Aufenthalts meiner Bundesbrüder auf Ihrem Haus auch am nächsten Tag nicht thematisiert wurden, so dass unsere Aktiven sofort hätten reagieren können, verschärft die Problematik. Bitte interpretieren Sie das Schreiben unseres BC auch vor diesem Hintergrund.
Sollten derartige Äußerungen wie vorgeworfen gefallen sein, würden Aktivitas und AHV Thuringiae dies zutiefst bedauern und auf das Schärfste verurteilen. Ein derartiges Verhalten wäre für uns absolut inakzeptabel und würde dem Selbstbild und dem akademischen und demokratischen Anspruch unserer lieben Thuringia aufs Schärfste widersprechen. Ein solches Verhalten hätte nicht nur uns, Ihren Bund und unsere liebbefreundete KL! Neoborussia beschmutzt, sondern auch dem Ansehen des Silberkartells und des gesamten Verbandes geschadet, was wir zutiefst bedauern würden.
Wir hoffen, dass auch unser verbandsbrüderliches Verhältnis durch diesen leider nicht endgültig aus der Welt zu schaffenden Vorfall nicht anhaltend gestört wird, und wünschen Ihrem Bund ein herzliches „Vivat, crescat, floreat in aeternum!“
Mit verbandsbrüderlichen Grüßen
für den Vorstand der AHV
Dipl.-Ing. Ties Reese
Dr. Frank Peter
Die Behauptung, es habe „leider (..) bisher auf keinem Wege“ aufgeklärt werden können, wer hinter den Naziparolen steckte, ist offensichtlich eine Schutzbehauptung.
Denn bereits in ihrem oben zitierten Protokoll des „ordentlichen Burschen-Convents“ vom 9. November 2022 hatte die Thuringia festgehalten, dass zehn „aktive Burschen“ und drei damalige „Füxe“ nach Freiburg fuhren:
aBaB Kostas, Jenssen, Cramer, Held, Seydlitz, Deynet und Witlandt (verspätet am Samstag), aFaF König, Hollekamp, Güterbock III
Dabei handelt es sich um die „Füxe“ Christopher König, Tim Hollekamp und Manuel Güterbock. Manuel Güterbock war der älteste der drei Füxe, war er doch bereits im Jahr 2016 in die Thuringia eingetreten, dann aber im selben Jahr wieder ausgetreten – und erst ab November 2022 wieder mit dabei. Er ist auch Mitglied der Thuringia-nahen Schülerverbindung Borussia Berlin.
Die teilnehmenden „Burschen“ waren Nikolaos Kostas, Nils Jenssen, Sebastian Cramer und Florian André Held. Drei weitere der in Freiburg anwesende „Burschen“ der Thuringia sind gleichzeitig Mitglied einer weiteren Verbindung: Friedrich von Seydlitz-Kurzbach ist auch in der Neoborussia Freiburg, Philipp Deynet in der Saxo-Suevia Erlangen und Hans Fritz Otto Witlandt in der Landsmannschaft Rhenania Jena.
Hans Witlandt arbeitetet in der Abteilung Ordnungsangelegenheiten im Bezirksamt Reinickendorf und teilte seinen „Bundesbrüdern“ im Jahr 2020 mit, dass er „voll berufstätig bei unserem lieben AH Maack als Referent beim Bezirksamt Reinickendorf“ sei. Bei „AH Maack“ handelt es sich um Sebastian Maack von der Berliner AfD, der „Alter Herr“ der Landsmannschaft Thuringia Berlin und der Landsmannschaft Baltia Rostock ist.
Während die Saxo-Suevia Erlangen am 14. Juni 2021, also rechtzeitig vor ihrer Übernahme des „Präsidiums“ des Coburger Convents den JA-Kader Florian Simon wegen seiner rechtsradikalen Umtriebe rauswarf, denkt die Thuringia nicht ansatzweise über solche Konsequenzen nach.
Nachwort
Die „Aktiven“ der Thuringia führen sich auf wie die kommenden Herren der Welt, dabei sind sie nichts anderes als eine Bande verzogener Nazibengel mit Aussicht auf ein hohes Einkommen. Die einzige Sorge der „Alten Herren“ der Thuringia ist negative Berichterstattung „zu der Angelegenheit“, denn sie gefährdet ein hohes Einkommen.
Grundsätzlich scheint im Coburger Convent niemand ein Problem damit zu haben, dass die nächste „Präsidierende“ ein Nazibund ist oder ein korporierter Nazi Amtsrichter. Warum sollten sie auch? Es sind doch ihre Verbandsbrüder. Unter Ausnutzung von Feigheit und Korpsgeist können die Nazis im Coburger Convent die CC-Netzwerke nutzen, die zur Zeit noch einen Bonus in Wirtschaft und Politik bedeuten.
Aber wie schnell sich ein solcher Bonus in einen Malus verwandeln kann, mussten die Deutschen Burschenschafter vor zwölf Jahren erfahren. Damals wurden die internen Auseinandersetzungen um den Umgang mit Rechtsradikalen in den eigenen Reihen öffentlich. Erst durch die öffentliche Kritik wurden die „Burschen“ gezwungen sich zu positionieren und Konsequenzen zu ziehen.
Die Thuringia wird ab August die „Aktiven“ des Coburger Convents in der Öffentlichkeit vertreten. Und am Pfingsmontag 2024 werden die Nazis den Ordnerdienst beim Fackelmarsch in Coburg stellen – wie es der Tradition entspricht.
Es gibt noch so viel zu sagen.
Autonome Antifa Freiburg
Abkürzungen
AH | Alter Herr |
AHCC | Verband Alter Herren des Coburger Convents |
AHV | Altherren-Vorsitzender |
BC | Burschen Convent |
CC | Coburger Convent |
CGC | Coburger General Convent |
DL | Deutsche Landsmannschaft |
KL! | Kartell-Landsmannschaft |
L! | Landsmannschaft |
m. lb. | meiner lieben |
PP | Pro Patria-Suite |
T! | Turnerschaft |
SK | Silberkartell |
VACC | Vereinigung Alter Herren des Coburger Convents |
VC | Vertreter Convent |
X | Erstchargierter/Sprecher |
XX | Zweitchargierter/Fechtwart |
XXX | Drittchargierter/Schriftwart |
Z! | Zirkel |