Eine Frage, die bei der Beschäftigung mit „schlagenden“ Studentenverbindungen häufig auftaucht, ist die Frage nach den finanziellen Folgekosten: Wer zahlt eigentlich für die Behandlung, wenn ein Korporierter einen anderen beim studentischen Fechten verletzt?
Wie in Deutschland üblich lautet die Antwort in den meisten Fällen: Eine Versicherung. Fast immer ist es die Krankenkasse des verletzten „Paukanten“, weil die meisten Verletzungen durch Mensuren oder Duelle von den Korporierten als „Sportunfälle“ verschleiert werden. Allerdings fordern Krankenkassen manchmal – wenn auch viel zu selten – Regress vom „Gegenpaukanten“.
Wir diskutieren in diesem Communiqué zwei Fälle besonders schwerer Mensurverletzungen. In Freiburg wurde 2016 ein „CC-Landsmannschafter“ durch einen „DB-Burschenschafter“ bei einer „Mensur“ skalpiert. In Mainz wurde 2018 ein „CC-Landsmannschafter“ durch einen anderen „CC-Landsmannschafter“ bei einer „Pro Patria-Suite“ skalpiert.
Beide Verletzte waren gesetzlich versichert und in beiden Fällen wollten sich die Krankenkassen das Geld zurückholen. Wir wissen beide Mal nicht, wer am Ende gezahlt hat. Aber in beiden Fällen hat der Verband Alter Herren des Coburger Convents (AHCC e.V.) die Situation und mögliche Handlungsoptionen diskutiert.
Dieses Communiqué soll anhand dieser und anderer Diskussionen rund ums studentische Fechten einen Einblick in die Organisation Coburger Convent geben. Diskutiert werden medizinische, versicherungs- und haftungsrechtliche Folgen dieses archaischen Rituals eines Kampfes mit scharfen Klingen.
Und für den Fall der Fälle hat der Coburger Convent finanziell vorgesorgt. Damit die „Waffenstudenten“ weich fallen, sollte doch einmal eine Krankenkasse auf Regress klagen, statt die Kosten auf alle (bei ihr) Krankenversicherten umzulegen.
Autonome Antifa Freiburg
Communiqué vom 25. Mai 2023
Inhalt
- Skalperingen unter Korporierten
- Inhalt
- Vorwort
- Kapitel
- 1. Das Fechten
- 2. Die Mensur
- 3. Der Regress
- 4. Das Vermögen
- 5. Die Versicherung
- 6. Die Haftung
- 7. Die „Pro Patria-Suite“
- 8. Die Absicherung
- 9. Die Ehrlichkeit
- Nachwort
Vorwort
Der Coburger Convent ist ein Dachverband von rund 100 pflichtschlagenden Studentenverbindungen an etwa 50 Hochschulen in Deutschland und Österreich. Rund 90% der mehr als 11.000 Männer sind „Alte Herren“, nicht wenige davon in hohen Positionen in Wirtschaft und Verwaltung.
Die „Alten Herren“ und ihre Organisationsstrukturen haben wir uns in dem Communiqué „Der Richter grüßt Hitler“ vom 18. Mai 2023 angeschaut. Die dortigen Protagonisten werden in diesem Communiqué nicht erneut vorgestellt. Der Rest der CC-Mitglieder sind „Burschen“, also Studenten vor ihrer Philistrierung – nicht zu verwechseln mit „Burschenschaftern“. Im Coburger Convent sind ausschließlich „Landsmannschaften“ und „Turnerschaften“ Mitglied, was nicht heißt, dass sie nicht mit „Burschenschaftern“ fechten.
Um regelmäßig Fechtgegner für ihre „Mensuren“ zu finden, schließen sich „schlagende Studentenverbindungen“ zu „Waffenringen“ zusammen. Der Kampf um die Mitgliedschaft in einem solchen „Waffenring“ in Form eines blutigen Duells am 10. Februar 2023 ist Thema zweier Communiqués von Anfang des Jahres. Bei dieser „Pro Patria Suite“ zwischen der Burschenschaft Germania Erlangen im Süddeutschen Kartell und der Turnerschaft Munichia Bayreuth im Coburger Convent gab es zwei Schwerverletzte. Wir erzählen die Geschichte in „Duell unter Korporierten“ vom 23. Februar 2023 und „Ehrenhändel unter Korporierten“ vom 5. März 2023.
Der Grund für die „Pro Patria Suite“ war ein klassischer Ehrenhandel: Die Burschenschaft Germania Erlangen stellte einen Antrag auf Vollmitgliedschaft im „OCC-ENB-Waffenring“. Bisher gehört die Germania dem „Waffenring“ nur als assoziiertes Mitglied an, was nahezu identisch mit einer Vollmitgliedschaft ist. Allerdings hat die Germania bisher kein Stimmrecht, wenn es um die Aufnahme neuer Bünde im „OCC-ENB-Waffenring“ geht. Die Turnerschaft Munichia legte ein Veto gegen die Aufnahme der Burschenschaft Germania als Vollmitglied in den „OCC-Waffenring“ der CC-Bünde aus Erlangen, Bayreuth und Nürnberg ein. Deswegen forderte die Burschenschaft die Turnerschaft zum Duell.
Die Burschenschaft Germania Erlangen war bereits 2015 aus dem gemeinsamen „BKC-Waffenring“ mit der Turnerschaft Munichia Bayreuth ausgetreten, dem Bayreuther Korporations Convent. Bis zu diesem Zeitpunkt gehörten dem BKC sieben Bünde an, da die örtlichen Corps untereinander fechten: Vier CC-Bünde, die Burschenschaft Germania Erlangen und zwei weitere „Burschenschaften“: Die Burschenschaft Thessalia Prag zu Bayreuth und die Burschenschaft Frankonia Erlangen.
Die Burschenschaft Germania Erlangen war bereits zur Zeit des „Historischen Kompromisses“ 1971 aus der Deutschen Burschenschaft ausgetreten. Doch die Thessalia Prag zu Bayreuth und die Frankonia Erlangen sind auch heute noch aktive DB-Bünde. Und diese Mitgliedschaften in der Deutschen Burschenschaft waren der Grund für den Austritt der Burschenschaft Germania Erlangen aus dem „BKC-Waffenring“.
Zuvor hatten die B! Germania Erlangen, die L! Saxo-Suevia Erlangen und die L! Hansea Nürnberg versucht, die B! Thessalia Bayreuth aus dem Waffenring zu werfen, aber die T! Munichia Bayreuth, die T! Alemanno–Palatia Erlangen und natürlich die B! Frankonia Erlangen hatten gegen den Ausschluss gestimmt.
Auch die Turnerschaft Munichia Bayreuth verkündete fünf Jahre später innerhalb des „BKC-Waffenrings“ ihren Austritt. Sie wurde dafür im Oktober 2020 von der Burschenschaft Frankonia Erlangen zum Duell gefordert. Trotzdem war die Turnerschaft Munichia Bayreuth noch über ein Jahr, nämlich bis Ende 2021, Mitglied im „BKC-Waffenring“.
Kapitel
Im ersten Kapitel Das Fechten bestimmen wir den Abstand des „pflichtschlagenden“ Coburger Convents zu anderen „waffenstudentischen“ Korporationsdachverbänden. Was das alles mit Krieg zu tun hat, erzählt uns ein „Alter Herr“ im Bundesverteidigungsministerium.
Im zweiten Kapitel Die Mensur wird ein „Landsmannschafter“ von einem „Burschenschafter“ bei einer „Mensur“ 2016 in Freiburg skalpiert. Die Krankenkasse des Schwerverletzten „Landsmannschafters“ fordert Regress.
Im dritten Kapitel Der Regress befasst sich der AHCC mit den Regressforderungen der Krankenkasse. Erstmal ist Panik angesagt. Aber zum Glück ist jeder zehnte im CC Jurist.
Im vierten Kapitel Das Vermögen wirft der AHCC einen ersten Blick auf seine Finanzen. Sieht gut aus. Eigentlich könnte doch der CC die Rechnungen zahlen?
Im fünften Kapitel Die Versicherung empfiehlt der Versicherungsbeauftragter Denunziation. Das Rote Handbuch weiß: „Nicht versichert ist seitens des [CC] hingegen der Anspruch auf Schadensersatz des geschädigten Paukanten gegen einen die scharfe Waffe führenden Paukanten. Dieses Risiko ist für den Verband nicht versicherbar.“
Im sechsten Kapitel Die Haftung präsentiert der Coburger Convent seine Vorstellung von Privatrechts: In der Parallelwelt des CC ist für Zivilklagen der CC zuständig statt ordentlicher Gerichte.
Im siebten Kapitel Die „Pro Patria-Suite“ wird ein „Landsmannschafter“ von einem anderen bei einer „Pro Patria-Suite“ 2018 in Mainz skalpiert. Die Krankenkasse des Schwerverletzten „Landsmannschafters“ fordert Regress. Verteidigung gibt es pro bono, aber Seilschaft kann manchmal echt anstrengend sein.
Im achten Kapitel Die Absicherung lernt der AHCC endlich den Unterschied zwischen Kranken-, Haftpflicht- und Rechtsschutzversicherung. Am Ende zahlt meistens eine Krankenversicherung.
Im neunten Kapitel Die Ehrlichkeit bitten einige „Aktive“ einen „Alten Herren“ Juristen um ein Gutachten zur Strafbarkeit von „Mensur“ und „Pro Patria-Suite“. Ob es ihnen wohl gefällt?
1. Das Fechten
Der Coburger Convent „verlangt zwei Pflichtmensuren“ von „jedem seiner Mitglieder“, er ist also pflichtschlagend. Dabei ist der CC nur einer von drei großen „pflichtschlagenden“ Dachverbänden. Auch die beiden großen Verbände der „Corps“, der Kösener Senioren-Convents-Verband (KSCV) und der Weinheimer Senioren-Convent (WSC), sind pflichtschlagend. Daneben existieren auch kleinere „pflichtschlagende“ Dachorganisationen wie das Süddeutsche Kartell (SK) oder der Österreichische Pennäler Ring (ÖPR)
Weitere Dachverbände sind „fakultativ schlagend“. Sie verlangen meistens, dass alle Mitglieder „eingepaukt“ werden, also an einer „Mensur“ mit scharfen Waffen teilnehmen könnten, aber eben nicht müssen. Beispiele für „fakultativ schlagende“ Dachverbände sind die Deutsche Burschenschaft (DB), die Allgemeine Deutsche Burschenschaft (ADB), die Neue Deutsche Burschenschaft (Neue DB) und die Deutsche Sängerschaft (DS).
Manche Bünde stellen weitergehende Mitgliedsbedingungen als ihr jeweiliger Dachverband auf. So ist beispielsweise die Freiburger Burschenschaft Teutonia „pflichtschlagend“ und Mitglied in der Deutschen Burschenschaft. Oder die Landsmannschaft Neoborussia Halle zu Freiburg verlangt drei „Pflichtpartien“ von ihren Mitgliedern und ist Mitglied im Coburger Convent.
In der „Fechtordnung des CC“ im Roten Handbuch heißt es zur „Bestimmungsmensur“:
Die Bestimmungsmensur ist Grundsatz des CC und als solche für sämtliche Bünde des CC und deren Mitglieder verbindlich. Das studentische Fechten ist uns eine Schule mannhafter Selbstbeherrschung, einsatzwilligen Gemeinschaftsbewusstseins und echter Ritterlichkeit. Mit dem Grundsatz der Bestimmungsmensur ist das Austragen von Ehrenhändeln sowie die Beilegung von Streitigkeiten mit der Waffe unvereinbar.
Der „Alte Herr“ Jan Hoffmann von der Landsmannschaft Mecklenburgia-Rostock zu Hamburg, Jahrgang 1968, ist CDU-Politiker in Kamen und von Beruf Soldat bei der Bundeswehr: Jan Hoffmann ist Referent beim Bundesverteidigungsministerium in der Abteilung Planung I „Strategische Steuerung und Planung“, Unterabteilung BMVG Plg I 5 „Multinationale Verteidigung NATO, EU und VN, Interoperabilität, Standardisierung“. Und der Oberstleutnant war im Krieg: Auf dem Balkan und in Afghanistan.
In den aktuellen CC-Blättern 01/2023 wollte Hoffmann ein flammendes Plädoyer für mehr „Wehrhaftigkeit“ halten. Doch sein Beitrag wurde nicht abgedruckt, denn zu viel „Meinungsfreiheit“ schadet dem guten Ruf, zumindest im Falle des Coburger Convents. Aber nur, weil etwas nicht in der Zeitung steht, heißt das ja nicht, dass es die Gesinnung nicht gäbe.
Waffenstudenten: Wehrhaft in Wort und Tat
Das letzte Heft unserer CC-Blätter habe ich intensiv gelesen – wenn auch nicht studiert - und bin zu dem Schluß gelangt, daß es eine umfassende Lagedarstellung unseres waffenstudentischen Verbandes bietet. Dabei ist für mich das Fazit nicht besonders positiv, wenn es um die Behauptung eines gemeinsamen Selbstverständnisses der CC-Angehörigen gegenüber den ‘kritischen’ bis offen feindlichen Teilen der Gesellschaft in der Bundesrepublik Deutschland geht. Insbesondere zu einer Zeit, in der in Europa aber auch weltweit deutlich wird, wie leicht Völker weiterhin bis hin zum Krieg getrennt werden, obwohl sie viel verbinden sollte wie unsere Präsidierende betont.
Im Osten Europas zerbricht gerade - erneut - überdeutlich eine pazifistische Friedensillusion, die besonders in der Bundesrepublik genährt wurde und deren Hauptverfechter das politische Spektrum bilden, aus dem die Aktivisten kommen, die uns letztendlich feindlich bis zur Gewalttat gegenüber treten.
Wohltuend lassen sich dann die Worte lesen, die Coburgs 1. Bürgermeister Hartan unter donnerndem Applaus ausrief: „Ihr Motto Ehre, Freiheit Freundschaft Vaterland ist nicht aus der Zeit gefallen.“ Seine weitere Ergänzung fing dies aber bereits wieder ein, indem er sich letztendlich mahnend an uns wendete und uns zurief, daß uns eine Anpassung an den Zeitgeist - z.B. bei Fackelzug und Mahnstunde - „alles nichts nützen“ wird. Und während der Zeitgeist der Friedensdividende bereits in Afghanistan und nun auf der Krim und im Donbass wieder Witwen und Waisen gebiert aber auch in den Straßen und Bahnwaggons in Deutschland die Folgen der „bunten“ Gesellschaft den Bedarf nach persönlicher Werhaftigkeit steigen läßt, treibt er in so mancher vollmundig verkündeten Stellungnahme während des Pfingstkongresses 2022 und im CC-Magazin farbenstudentische Blüten.
Hoffmann schlägt in seinem nicht abgedruckten Artikel einen Bogen von der „Wehrhaftigkeit“ der „Waffenstudenten“ zur individuellen Bewaffnung Rechter. Nach Hoffmann zeigen sich „in den Straßen und Bahnwaggons in Deutschland die Folgen der ,bunten‘ Gesellschaft“, die „den Bedarf nach persönlicher Werhaftigkeit steigen läßt“. Die Chiffre der „bunten Gesellschaft“ steht für die von Korporierten verachtete parlamentarische Demokratie westlich-liberaler Prägung.
Die Folgen einer solchen Gesellschaft zeigen sich laut Hoffmann „in den Straßen und Bahnwaggons in Deutschland“. Hoffmann macht hier ganz auf AfD-Linie Liberale und Linke für islamistischen Terror verantwortlich, denn er benutzt eine Referenz auf islamistische Anschläge wie die Anschlagserie im Juli 2016. Damals gab es in Frankreich und Deutschland binnen zwölf Tagen fünf Anschläge in Nizza, Würzburg („Bahnwaggon“), München, Ansbach und Saint-Étienne-du-Rouvray. Die Anschlagsserie wurde zwar in den Medien zuerst als ausschließlich islamistisch motiviert dargestellt. Aber der Anschlag in München war ein Massaker mit neun Toten, verübt von einem Nazi mit der Waffe in der Hand.
Ich möchte eine Auswahl dieser Blüten auf folgender Grundlage kritisieren: Der Geist unserer waffenstudentischen Tradition mit den Leitbegriffen von Ehre, Freiheit, Freundschaft, Vaterland stellt uns vor die Aufgabe, nicht nur mit dem Wort, sondern auch mit der Tat, d.h. mit der Waffe in der Hand, wehrhaft zu sein.
Auch aus diesem Grund beurteilt mein Bund bis heute die Verweigerung des Wehrdienstes als unvereinbar mit der Mitgliedschaft in einer waffenstudentischen Verbindung.
Die Bedeutung, dies auch öffentlich zu bekennen, wird auch daran deutlich, daß nach neuester Umfrage, nur 10% der Deutschen bereit wären, die Bundesrepublik Deutschland gegen einen Aggressor zu verteidigen. Und es sind wohl eher diejenigen, die zu alt für die Front sind.
Mit offenem Visier bekennt sich Hoffmann zum Militarismus und fordert dies auch von allen anderen „Waffenstudenten“. Er kritisiert die Heuchelei, das studentische Fechten als Sport zu verschleiern. Vor allem aber kritisiert Hoffmann einen „Verbandsbruder“, der sich beim Anblick des CC-Fackelmarschs an die Bilder von SA-Aufmärschen erinnert fühlt.
Dies verwundert auch deshalb nicht, wenn in den CC-Blättern zu lesen ist, daß selbst in unserem waffenstudentischem Verband die Mensur als „die schönste Extremsportart der Welt“ bezeichnet wird und ein Verbandsbruder mit Blick auf den Fackelzug und die Mahnstunde sein Erschrecken äußert „ob der Assoziation“, die „unweigerlich vor meinem inneren Auge entstehen“. Da es die übliche „Assoziation“ ist, soll sie hier nicht näher benannt werden. Vielmehr soll noch Bezug auf die noch zusätzlich in den Raum geworfene Frage zum großen Zapfenstreich genommen werden, was ein „militärischer Ehren- und Dankesakt bei uns Alten Herren und jungen Studenten, die in der Regel alles Zivilisten sind, zu suchen hat.“
Ich komme nicht umhin, diese als exemplarisch herausgegriffenen Beispiele als geschichts-, traditions- und politikvergessen zu bewerten. Werden die zitierten Ansichten zu unserem Maßstab, sind wir in der Konsequenz für die, die nach uns kommen (sollen), nichts weiter als außerhalb der sozialen Medien vernetzte buntbemützte Spaß- und Sportvereine für aufstrebende Abiturienten. Das aber auch nur so lange, wie der uns feindliche Zeitgeist nichts anderes fordert, weil man zu den dabei übriggebliebenen Formen noch keinen medienwirksamen Bezug zur Propaganda der NS-Diktatur konstruieren konnte.
Ein „Bezug zur Propaganda der NS-Diktatur“ muss nicht „konstruiert“ werden: In den Reihen der SA befanden sich viele „Turnerschafter“ und „Landsmannschafter“. Alles andere ist entweder als „geschichts-, traditions- und politikvergessen zu bewerten“ oder stellt sich bewusst in die Tradition der SA. Wir werfen Jan Hoffmann als promoviertem Historiker nicht vor, geschichts-, traditions- und politikvergessen zu sein.
Wie sehr unter uns mit diesem Ansatz schon Wirkung erzielt wurde, wird auch daran deutlich, daß die oben erwähnten „unweigerlich“ beim Fackelzug entstehenden Assoziationen zu der Folgerung führen, sich den Forderungen unserer Gegner anzuschließen und dies mit Englischen Sinnsprüchen („form follows function“) zu garnieren, obwohl man sich bewußt ist, daß es sich hier um eine traditionelle studentische Ehrenbezeugung und akademischen Brauch handelt. Mancher mag es Pragmatismus nennen. Ich nenne es mangelnden Willen zum Widerstand, sich auch nur intellektuell gegen unsere Gegner zu wehren, die Fakten verdrehen, willentlich mißverstehen oder eben Toleranz zwar fordern aber nicht wirklich leben können. Dieser anbiedernde Ansatz fehlt auch völlig der Witz, der sich am letzten Pfingstkongreß aus unseren Reihen über die spießbürgerliche Sperrung des Rathausbalkons erhob.
Dieser Wille, sich kombinationsreich für unsere Sache einzusetzen, kommt auch in der Mensur zum Ausdruck. Sie ist für die Paukanten fordernd, aber per se kein Sport. Sie ist aber charakterbildend, weil sie innere Bindung herstellen kann. Nicht bei jedem und nicht bei allen zum Guten. Besonders nicht bei denen, die es als Sport oder Adrenalinstoß – ggf. auch als Abwechslung zum regelmäßig gepflegten Biercomment oder mangelnden studentischen Einsatz – verstehen und deshalb nicht davon lassen können. Sie zeigt unter den Bedingungen einer sich im Frieden befindenden Gesellschaft auf, bis wohin man gehen kann, wenn man sich für eine gemeinsame Sache einsetzt, ja einsetzen muß, weil man zu einer Gemeinschaft gehören und für sie eintreten will! Ich hielte die Mensur für grotesk und damit auch gesetzlich verbietenswert, wäre sie Kampfsport und eben nicht an Ehre, Freiheit, Freundschaft und Vaterland gebunden.
Es ist nachvollziehbar, dass der Text nicht im CC-Magazin abgedruckt wurde. Hoffmann negiert hier rundheraus den sportlichen Charakter des studentischen Fechtens und unterminiert damit eine zentrale Verteidigungsstrategie des Verbands. Offenbar wurde Hoffmann unter den „Landsmannschaftern“ und „Turnerschaftern“ nicht fündig, so dass er einen Corpsbruder als Feigenblatt anführen muss, der „bereits 1934 seinen Austritt aus der NSDAP vollzogen“ hat.
Und so haben unsere waffenstudentisch wehrhaften akademischen Bünde auch eine Bindung an den ebenfalls kritisierten großen Zapfenstreich. Sein christlicher Ursprung ist es, der uns mahnt: „Wir beten an die Macht der Liebe“. Das ist sein Choral! Es ist das musikalische Nachtgebet einer Gemeinschaft, die gemeinsam füreinander einsteht. Seine Übernahme aus u.a.der russischen in die deutsche – nicht nur militärische – Kultur ist gerade heute bemerkenswert. Und es sei das Folgende denjenigen deutlich gesagt, die Assoziationen mit und Vergleiche zum Nationalsozialismus als vermeintliche Argumente anführen: Peter Yorck von Wartenburg (Corps Borussia Bonn) schrieb seiner Frau am Neujahrstag des Jahres 1944 einen Brief. Darin nahm er Bezug auf „die Macht der Liebe“, „deren Verbannung aus der Welt das Urteil über diese Welt spricht“. Zu dieser Zeit sollte genau dieser Teil im Großen Zapfenstreich im Sinne des in Deutschland herrschenden Zeitgeistes ausgetauscht werden.
Der Bruder, Paul Yorck von Wartenburg (Corps Borussia Bonn), hatte 1934 seinen Austritt aus der NSDAP vollzogen und sich nach Verwundung an der Ostfront auch nach außen als Angehöriger der bekennenden Kirche zu erkennen gegeben. Seine Wertung des deutschen Protestantismus aus dem Jahr 1940, der stets „das Gesicht des Tages“ trage, soll uns Mahnung sein, die Bindung an die Traditionen nicht aufzugeben. Wir als Waffenstudenten haben auch die Tradition, wehrhaft zu sein. In jeder Hinsicht. Das sollten wir leben.
Mit verbandsbrüderlichen Grüßen
Jan Hoffmann
Mecklenburgiae
Wir finden, dass rechtsradikale „Waffenstudenten“ ihre Ideologie nicht im Bundesverteidigungsministerium ausleben sollten.
In Bezug auf den Krieg wie auf das Fechten ist bei Jan Hoffmann bemerkenswert, worüber er nicht schreibt: Über die Risiken schwerer körperlicher Verletzungen.
2. Die Mensur
Am 5. März 2016 wurde der Freiburger Neoborusse Alexander Künzelmann skalpiert. Als er ins Notfallzentrum des Universitätsklinikum eingeliefert wurde, war Künzelmann erst 19 Jahre alt.
Alexander Künzelmann hatte an diesem Tag seine „erste Burschenpartie mit einem Vertreter e.v. B! Saxo-Silesia Freiburg ziehend gefochten“, die Mensur gegen den „Burschenschafter“ wurde also auf die „Pflichtmensuren“ angerechnet.
Im Arztbrief zu Künzelmanns „Vorstellung“ am 05.03.2016 „in unserer Notaufnahme“ stellt das Universitäts-Notfallzentrum den Vorfall deutlich sachlicher, aber ähnlich anschaulich dar:
Unfalltag: Samstag, 5. März 2016
Diagnosen: Skalpierungsverletzung hochparietal Therapie Anlage Druckverband. Cefu 1,5g i.v., operative Versorgung in ITN.
Aktuelle Anamnese: Gegen 13.30 Uhr Zuziehen einer Skalpierungsverletzung am Oberkopf bei Fechten als Verbindungsstudent (Jura). Transport per RTW ins UNZ. Keine VE, keine Med., keine Allergien. Tetanusimpfschutz anamnestisch vohanden.
Befund: Skalpierungsverletzung am Oberkopf hochparietal ca. 7× 4cm mit freiliegender Kalotte auf 4x 2,5cm. Arteriell spritzende Blutung aus dem Skalp. Amputat verhanden auf Eis gekühlt. Fotodokumentation.
Procedere: Stat. Aufnahme. Proc. siehe OP-Kurzbericht.
Medizinische Abkürzungen
hochparietal = ganz oben am Kopf
Cefu = Cefuroxim = ein Antibiotikum
i.v. = intravenös
ITN = Intubationsnarkose = Vollnarkose
RTW = Rettungswagen
UNZ = Universitäts-Notfallzentrum
VE = Vorerkrankung
Med. = Medikamente
Kalotte = Schädeldecke
arteriell = stärker blutend und pulsierend
Stat. = Stationäre
In seinen eigenen Worten
Auf eine gewisse Art hatte Alexander Künzelmann aber auch Glück, denn seine liebe Neoborussia erließ ihm die dritte Pflichtpartie!
Aufgrund eines unglücklichen Treffers auf meiner Seite mit mehrtätigem Krankenhausaufenthalt und nicht unerheblichem Substanzverlust aufgrund eines Scherzls war meine Fechtkarriere auf Anraten der Ärzte des Uniklinikums Freiburg sowie unserer verdienten Paukärzte beendet. Der Generalconvent m.lb. Neoborussia hat mir daraufhin die dritte Pflichtpartie erlassen.
Der Ausdruck „Scherzl“ klingt harmlos, ist aber die Bezeichnung von Korporierten für durch Skalpierungen amputierte Kopfhautstücke. Der Begriff ist ein Synonym von Knust, Kanten, Knaust, Knäppchen, Kniestchen oder Knützchen – das Ende vom Brot, das als erstes abgeschnitten wird.
Zur Verfolgung des Anspruches erforderlich
Nach dem „Burschen“ schlug die Bürokratie zu: Die Techniker Krankenkasse meldete sich nach dem Unfall bei ihrem schwerverletzten Versicherungsnehmer mit einem Fragebogen. Denn der Krankenkasse lag eine „typische Unfalldiagnose“ vor, so dass sie gesetzlich verpflichtet war, etwaige Regressansprüche gegenüber dem „Unfallverursacher“ zu prüfen:
Wir sind gesetzlich verpflichtet zu prüfen, ob Ersatzansprüche gegenüber Unfallbeteiligten geltend gemacht werden können. Diese müssen dann die Kosten tragen, die aufgrund Ihrer Verletzung entstanden sind. In den meisten Fällen sind dies Haftpflichtversicherungen.
Neben den Basics wie Unfalltag, Uhrzeit, Ort, Straße, Hausnummer, Art der Verletzung wollte die TK auch wissen, ob eine Fremdbeteiligung vorlag, ob Ersatzansprüche geltend gemacht werden und gegenüber wem. Künzelmann hätte also den Namen, die Anschrift und eine etwaige Haftpflichtversicherung des Saxo-Silesen nennen müssen.
Außerdem wurde Künzelmann gefragt, ob er einen Anwalt eingeschaltet habe und welchen und ob eine Polizeidienststelle den Unfall aufgenommen habe und welche. Zudem wurde im Fall eines Sportunfalls gefragt, ob es sich um „Privatsport“ oder „Vereinssport“ handele und es wurde eine „ausführliche Unfallschilderung mit Ortsangabe, ggf. weitere Angaben - mit Skizze - bitte auf einem Beiblatt“ verlangt.
Und nicht zuletzt wollte die Krankenkasse von der Schweigepflicht entbunden werden, um die Ansprüche überhaupt geltend machen zu können:
Sofern sich Schadensersatzansprüche gegen Dritte als berechtigt erweisen, entbinde ich die Techniker Krankenkasse insoweit von der Schweigepflicht, als dieses zur Verfolgung des Anspruches erforderlich ist.
Alles Informationen, die Künzelmann seiner Krankenkasse nicht geben wollte. Also machte er das, was viele Mitwirkungspflichtige, aber Mitwirkungsunwillige tun: Kopf in den Sand. Der Neoborusse ignorierte die ersten beiden Briefe seiner Krankenkasse einfach. Aber am 18. Mai 2016 schrieb die Techniker Krankenkasse zum dritten Mal, wieder in verständnisvollem Ton, aber dieses Mal mit einer klaren Drohung: Wenn Künzelmann seinen „Gegenpaukanten“ nicht denunzieren sollte, könnte er auf den Behandlungskosten sitzen bleiben:
Unfall / Verletzung - Erinnerung
Sehr geehrter Herr Künzelmann,
in den letzten Wochen haben wir Ihnen mehrfach einen Fragebogen zugeschickt. Nun wenden wir uns noch einmal an Sie, da Ihre Angaben sehr wichtig für uns sind - auch wenn das Ereignis inzwischen schon eine Weile zurückliegt.
Gern erläutern wir Ihnen, warum wir Ihre Antworten so dringend brauchen: Liegt der Verdacht auf einen Unfall vor, sind wir verpflichtet zu klären, ob für einen Teil der Kosten die Haftpflichtversicherung eines Unfallgegners aufkommen muss. Das ist uns allerdings nur möglich, wenn Sie uns den Hergang schildern.
Wichtig zu wissen: Ohne Ihre Angaben müssen wir Ihnen gegebenenfalls einen Teil der Kosten für die Behandlung in Rechnung stellen. Das möchten wir natürlich vermeiden.
Deshalb nochmals unsere Bitte: Beantworten Sie die Fragen auf dem beiliegenden Bogen und senden Sie diesen so schnell wie möglich an uns zurück. Auch wenn Sie der Meinung sind, dass wir keine Ersatzansprüche gegenüber Dritten haben können, z. B. weil an dem Unfall niemand sonst beteiligt war, brauchen wir Ihre Angaben.
[...]
Vielen Dank für Ihre Unterstützung!
Was macht ein „Aktiver“, wenn er wirklich Hilfe braucht? Er rennt zu seinem Vater. Und wenn der „Alte Herr“ auch nicht weiter weiß?
3. Der Regress
Den Verband Alter Herren des Coburger Convents (AHCC e.V.) erreichten die schlechten Neuigkeiten aus Freiburg durch eine Email des „Alten Herren“ der Landsmannschaft Thuringia Berlin Erik Hannemann, dem Vater von Alexander Künzelmann – mehr als zwei Monate nach der Skalpierung und drei Tage nach dem „Pfingstkongress“ 2016:
Betreff: Krankenkasse / klinische Abfuhr in Freiburg
Von: Erik Hannemann
An: Veit Stößlein
Datum: 19. Mai 2016Sehr geehrter Vbr. Stösslein,
wie grade telefonisch besprochen sende ich anliegend den Klinikbericht und das letzte von drei Schreiben der Techniker Krankenkasse.
Wir haben noch nicht geantwortet und möchten das auch nur abgesprochen tun, die Gründe sind ja bekannt. Natürlich gibt es auch keine Anzeige, Klage oder Forderungen gegen den Gegenpaukanten.
Mein Sohn Alexander Künzelmann ist in Freiburg bei L! Neoborussia aktiv.
mit vbrl. Grüßen,
Erik Hannemann, L! Thuringia
Der „Rechtsamtsleiter“ des Coburger Convent Veit Stösslein war alarmiert: Eine Krankenkasse will Regressforderungen stellen und verlangt die Offenlegung der Identität des Gegenpaukanten. Wenn ein solches Beispiel Schule machen sollte, dann kämen auf Verletzte ehrverletzende Denunziationen und auf Täter erhebliche Kosten zu. Stößlein informierte umgehend den Vorstand des AHCC:
Betreff: WG: Krankenkasse / klinische Abfuhr in Freiburg
Von: Veit Stößlein
An: Ali Ottmar Mahdi, Hans Schollmeyer, Tobias Kretschmer, Winfried Grieger
Datum: 19. Mai 2016Sehr geehrte Herren Verbandsbrüder,
das ist so ein Fall, wie ich hoffte, nicht erleben zu müssen.
Die Versicherung verlangt vom versicherten Verbandsbruder die Nennung des Schädigers zum Zwecke des Regresses. Der mich anschreibende Vater hat bislang nichts unternommen und bittet um Mitteilung, wie verfahren werden kann/soll.
Ich halte das für eine wirklich riskante Geschichte. Das Strafrecht hat mir im Gegensatz zu den Reichsbedenkenträgern nie wirklich Kopfzerbrechen bereitet, sehr wohl aber genau dieses Haftungsrecht.
Nach einer ersten Einschätzung befürchte ich, dass wahrheitsgemäße Angaben gegenüber der Versicherung gemacht werden müssen. Dies sollte sich aber auf die Angaben zur Verletzung und nicht auf die Nennung des „Täters“ beschränken. Dann müsste man abwarten, was die Versicherung antwortet.
Was meinen Sie/Ihr?
Mfg
Veit Stößlein
Mittlerweile würde Veit Stößlein die Sache mit dem Strafrecht vermutlich nicht mehr so abtun. Bei einer „Mensur“ handelt es sich ohne Zweifel um eine gefährliche Körperverletzung. In die kann zwar eingewilligt werden, aber nur, wenn die Einwilligung nicht gegen die „guten Sitten“ verstößt. Das bis heute höchstrichterliche Urteil zur Mensur wurde aber 1953 von alten, weißen Männern mit Schmiss gefällt und fiele heute vermutlich anders aus.
Hans Schollmeyer war ebenfalls alarmiert und empfahl „DRINGENST“ einen Profi. Wie gut, dass mit Clemens Pflüger, Landsmannschaft Rhenania Jena, VACC Lüneburg ein „Fachanwalt für Versicherungsrecht“ auf der „Liste der CC-Rae“ steht, also auf der „Liste der Rechtsanwälte des Coburger Convents“, die 2016 etwa hundert Anwälte umfasste.
Die Initiative zur Erstellung einer solchen Liste versandete, weil „nur hundert“ Juristen oder 1% der „Alten Herren“ Interesse hatten, sich in eine solche Gefälligkeitsliste einzutragen: Ein Verbandsbruder ist ein Verbandsbruder und ein Honorar ein Honorar. Tatsächlich haben nach CC-internen Schätzungen etwa 10% der „Alten Herren“ ein Jurastudium abgeschlossen. Das sind mehr als eintausend Juristen mit zumindest einem geistigen Schmiss.
Betreff: AW: Krankenkasse / klinische Abfuhr in Freiburg
Von: Hans Schollmeyer
An: Veit Stößlein, Ali Ottmar Mahdi, Tobias Kretschmer, Winfried Grieger
Datum: 19. Mai 2016So, jetzt habe ich die wichtigsten Aufräumarbeiten erledigt und wende mich dem Aktuellen zu:
Ich empfehle DRINGENST eine Fachanwalt für Versicherungsrecht zu bemühen und vorher Nichts zu unternehmen. Gibt es in der Liste der CC-Rae einen. Hier in München gibt es einige aber keine Korporierten. Wichtig dabei ist auf folgendes zu achten: Ist der für die Versicherung regelmäßig tätig???? In normalen Haftpflichtsachen habe ich die Erfahrung gemacht, dass diese Anwälte oft nur von einer Versiucherung leben
Mit freundlichen Grüssen
Dipl. Kfm. Hans G. Schollmeyer
In seiner Antwort an Erik Hannemann fasst Veit Stösslein die Problematik zusammen und mahnt zu einer schnellen, „vorgerichtlichen“ Klärung – nicht, dass noch ein Gericht die Mensur für sittenwidrig erklärt. Veit Stößlein meint hier explizit keine „Pro Patria-Suiten“. Er hat Angst davor, dass ein Mensurverbot kommen könnte.
Betreff: AW: Krankenkasse / klinische Abfuhr in Freiburg
Von: Veit Stößlein
An: Erik Hannemann
Kopie: Ali Ottmar Mahdi, Hans Schollmeyer, Tobias Kretschmer, Winfried Grieger
Datum: 20. Mai 2016Sehr geehrter Herr Verbandsbruder Hannemann,
Ihre u.s. Mail habe ich erhalten. Der Inhalt ist und bleibt höchst brisant.
Nach einer ersten Einschätzung stellt sich das Problem zunächst wie folgt dar:
Der Versicherung ist aufgrund der ärztlichen Erläuterungen klar, dass die Verletzungen von einem Fremdschädiger stammen und begehren nun dessen Kontaktdaten zum Zwecke der Geltendmachung des Regresses, so es einen solchen Anspruch gibt. Hierüber kann man trefflich streiten. Die Frage ist nur, wollen wir das und ist das unserer Sache zuträglich. Am Ende sitzt ein uns wenig gewogener Spruchkörper eines Gerichts über dieses Problem zu Rate und beschließt, dass die Mensur als solche sittenwidrig ist. Dann haben wir alle miteinander nichts vermocht.
Ich bin der Meinung, dass wir schon „verloren“ haben, wenn das vor Gericht geht. Deswegen muss m.E. die Sache vorgerichtlich geklärt werden und sein. Das bedeutet:
Wir müssen prüfen, ob Ihre Versicherung einen Anspruch darauf hat, den Schädiger namentlich genannt zu bekommen. Dazu bedarf es einer genauen Prüfung Ihres Versicherungsvertrages.
Ist dies nicht der Fall, dann sollte dies auch nicht geschehen.
Besteht indes ein Auskunftsrecht, ist die Frage, ob wir nicht einfach mitteilen, dass wir den Namen nicht kennen. (was mit Sicherheit nur suboptimal sein dürfte!).
Ich bin gerade auf der Suche, nach einem wirklich guten Versicherungsrechtler, den wir – ggf. auch mit Hilfe des Verbandes – einsetzen. Wenn Sie einen haben, lassen Sie es mich wissen.
Ich rate zur Eile!
Mit besten verbandsbrüderlichen Grüßen
Veit Stößlein
Wer kennt das nicht? Kurz nach dem Absenden kommt die geniale Idee, wie das Problem ganz einfach aus der Welt zu schaffen ist: Mit Geld.
4. Das Vermögen
Zum fraglichen Zeitpunkt 2016 hatte der Coburger Convent ein Vermögen von fast 900.000 Euro angehäuft, davon knapp eine Viertelmillion in Aktien. Der Jahresumsatz des CC betrug rund 300.000 Euro und der „Pfingstkongress“ kostete damals „nur“ 50.000 Euro pro Jahr.
Zwar trifft die Inflation auch den Coburger Convent und der „Pfingstkongress“ ist mit geschätzten 75.000 Euro erheblich teurer geworden, aber das Barvermögen stieg nicht zuletzt durch Minderausgaben während der Corona-Krise in den letzten Jahren an, so dass der Coburger Convent mittlerweile ein Vermögen von über einer Million Euro besitzt.
Wie der CC mit sensiblen Daten umgeht, zeigte sich beim „Pfingstkongress“ 2022, als „der AHCC-Vorstand feststellen [musste], dass in drei Fällen unsere Tagungsdrucksachen mit sämtlichen Haushaltsdaten in zwei Restaurants und einem Cafe in Coburg aufgefunden wurden“.
Veit Stößleins Vorschlag, der Coburger Convent könne die Kosten im Fall Künzelmann übernehmen, war also durchführbar, aber ehrlos:
Betreff: AW: Krankenkasse / klinische Abfuhr in Freiburg
Von: Veit Stößlein
An: Erik Hannemann
Kopie: Ali Ottmar Mahdi, Hans Schollmeyer, Tobias Kretschmer
Datum: 20. Mai 2016Die 2.!
Ich vergaß soeben:
Ggf. sollten wir uns überlegen, ob wir die Krankenhauskosten nicht lieber selbst zahlen bzw. die verauslagten Kosten der KV erstatten, um dieser blöden Geschichte aus dem Weg zu gehen. Das mag zwar nicht waffenstudentisch sein, aber Bärendienste in dieser sensiblen Situation machen auch keinen Sinn!
Intern stimmte der Schatzmeister dem Vorgehen zu und erwähnt auch die „Versicherungsrücklage“ des Coburger Convents:
Betreff: AW: Krankenkasse / klinische Abfuhr in Freiburg
Von: Hans Schollmeyer
An: Veit Stößlein, Ali Ottmar Mahdi, Tobias Kretschmer
Datum: 20. Mai 2016Wenn wir damit die Kuh vom Eis bringen, dann sollten wir das tun, aber sehr diskret um nicht bei jedem Pipifall angesprochen zu werden. Für Sonderfälle haben wir eine Versicherungsrücklage; um wieviel geht es denn geschätzt ???
Mit freundlichen Grüssen
Dipl. Kfm. Hans G. Schollmeyer
Außerdem steuerte Schollmeyer die gesetzliche Grundlage zur Diskussion bei:
Nachtrag: vgl. Anhang, das ist die Rechtsgrundlage nach VVG, das steht in den Haftpflichtschreiben der der Versicherer und die weisen dann noch mit folgendem Text auf die weitere Rechtsfolge hin: „…..in Verbindung mit den entsprechenden ARB-Regelungen gehen die Ansprüche auf Erstattung der Kosten, die der Versicherer getragen hat, mit ihrer Entstehung auf diesen über (gesetzlicher Anspruchsübergang)“
So lauten die Schreiben der Versicherer
Im Anhang befand sich ein Screenshot des Paragraphen 86 des Versicherungsvertragsgesetzes:
Gesetz über den Versicherungsvertrag (Versicherungsvertragsgesetz - VVG)
§ 86 Übergang von Ersatzansprüchen(1) Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.
(2) Der Versicherungsnehmer hat seinen Ersatzanspruch oder ein zur Sicherung dieses Anspruchs dienendes Recht unter Beachtung der geltenden Form- und Fristvorschriften zu wahren und bei dessen Durchsetzung durch den Versicherer soweit erforderlich mitzuwirken. Verletzt der Versicherungsnehmer diese Obliegenheit vorsätzlich, ist der Versicherer zur Leistung insoweit nicht verpflichtet, als er infolgedessen keinen Ersatz von dem Dritten erlangen kann. Im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit ist der Versicherer berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen; die Beweislast für das Nichtvorliegen einer groben Fahrlässigkeit trägt der Versicherungsnehmer.
(3) Richtet sich der Ersatzanspruch des Versicherungsnehmers gegen eine Person, mit der er bei Eintritt des Schadens in häuslicher Gemeinschaft lebt, kann der Übergang nach Absatz 1 nicht geltend gemacht werden, es sei denn, diese Person hat den Schaden vorsätzlich verursacht.
In den CC-Bilanzen steht die „Versicherungsrücklage“ unter „Passiva, 2. Zweckgebundene Rücklagen, 2.3. Versicherungsfonds“ in Höhe von damals wie heute 61.000 Euro.
Schatzmeister Schollmeyer wollte also erst einmal wissen, um wieviel Geld es überhaupt geht. Veit Stößlein machten die Kosten des Rettungseinsatzes und die anschließende Operation keine Sorgen – ganz anders als die Kosten der stationären Klinikaufenthalts:
Betreff: AW: Krankenkasse / klinische Abfuhr in Freiburg Von: Veit Stößlein
An: Hans Schollmeyer
Kopie: Dr.Ali Ottmar Mahdi, Tobias Kretschmer
Datum: 20. Mai 2016Habe keine Ahnung, schätze aber sehr wenig!
Als ich vor kurzem in der Notaufnahme war wegen einer orthopädischen Angelegenheit mit zig Untersuchungen und Röntgen und Schmerzbehandlung habe ich am Ende 67,00 € bezahlt.
Auf die Frage an einen befreundeten Arzt, ob das denn schon alles gewesen sein kann, meinte der nur: „Die Notaufnahme ist regelmäßig ein Drauflegegeschäft!“
Hier scheint die stationäre Aufnahme (lt. Arztbrief) das Teure zu werden!
Dann müsste der Verbandsbruder seiner Versicherung mitteilen, dass er sie nicht in Anspruch nehmen möchte und bittet um Überlassung der Klinikrechnungen zum Zwecke der Erstattung an die KV und gut!
Und als Nachtrag:
Aber denen kann es ja egal sein, von wem sie die Erstattungsleistung wieder bekommen!
5. Die Versicherung
Wenn es einen Unfall gibt, geht die Krankenkasse gewöhnlicherweise in Vorleistung für die Behandlungskosten. So war es auch bei Alexander Künzelmann mit der Techniker Krankenkasse. Wenn aber der Versicherungsnehmer seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt und die Krankenkasse die Kosten deswegen nicht beim Unfallverursacher eintreiben kann, dann hat sie Regressansprüche gegenüber dem Versicherungsnehmer.
Der „Rechtsamtsleiter“ Veit Stößlein hatte ein verlockend klingendes Gerücht von seinem Stellvertreter Winfried Grieger gehört und fragte beim „Beauftragten für Versicherungen“ des Coburger Convents Andreas Strecke, „Alter Herr“ der Landsmannschaft Schottland Tübingen, nach:
Betreff: CC-Versicherungsamt
Von: Veit Stößlein
An: Versicherungsstelle CC
Kopie: Erik Hannemann
Datum: 25. Mai 2016Sehr geehrter Herr Verbandsbruder Strecke,
anbei übersende ich Ihnen eine Email eines Verbandsbruders mit der Bitte um Kenntnisnahme.
Mein Stellvertreter im Amt, Herr Vbr. Dr. Grieger, berichtete mir, der Verband verfüge über eine Versicherung, die Regressforderungen der eigenen KV im Rahmen von Mensurverletzungen abdecke.
Wäre dies hier so ein Fall? Ich bitte um Prüfung! Danke vorab!Mit besten verbandsbrüderlichen Grüßen
Veit Stößlein
Nüchtern wie ein Versicherungsbeauftragter bringt Alexander Strecke den Sachverhalt auf den Punkt: „Wenn ich das richtig interpretiere, ist unser Verbandsbruder skalpiert worden.“
Im Gegensatz zu Veit Stößlein dachte Strecke nicht einen Moment darüber nach, ob eine Denunziation vielleicht ehrenrührig sein könnte. Solange der Täter nicht im Coburger Convent ist, liegt das Problem nicht in seinem Sorgenbereich. Er empfahl den Fragebogen der Krankenkasse auszufüllen, denn dann gehen die Regressansprüche an den „Gegenpaukanten“:
Betreff: AW: CC-Versicherungsamt
Von: Versicherungsstelle CC
An: Veit Stößlein
Datum: 25. Mai 2016Sehr geehrter Herr Verbandsbruder Stößlein,
vielen Dank für die Übersendung der Unterlagen.
Der Verband hat im Rahmen seiner Haftpflichtversicherung den, sonst nicht üblichen Passus, dass Ansprüche der gegnerischen Krankenversicherungsträger als ungerechtfertigt für unsere Verbandsbrüder abgelehnt werden.
Wenn ich das richtig interpretiere, ist unser Verbandsbruder skalpiert worden. Ist der Contra ebenfalls Vbr oder welchem Verband gehört er an?
Der Fragebogen sollte auf jeden Fall ausgefüllt werden, da der Versicherte auch in der gesetzlichen KV dazu verpflichtet ist.
Wenn dann Ansprüche geltend gemacht werden, dann ggfls. gegen den Contra. Da es sich ja im weitesten Sinne um eine Sportverletzung handelt, ist mir bislang noch kein Fall bekannt, der zu Weiterungen gegenüber dem Versicherten geführt hat.
Ablehnung von Regeressansprüchen hatten wir bislang zwei Mal. Jedes Mal ohne großen Aufwand.Ich hoffe ich konnte Ihnen und dem Verbandsbruder damit weiterhelfen.
Mit verbandsbrüderlichem Gruß
Andreas Strecke
Wenn es nach dem CC ginge, sollte die ganze Sache jedenfalls nicht an die große Glocke gehängt werden. Denn eine Mensur birgt neben den strafrechtlichen Gefahren auch immer persönliche haftungsrechtliche Risiken. Wenn ein „Waffenstudent“ des Coburger Convents einen anderen verletzt, so ist er auf eine Privathaftpflicht angewiesen.
Der Coburger Convent hat zwar diverse Versicherungen bei der Gothaer Versicherungsbank abgeschlossen. Neben einer Geschäftsversicherung und einer Unfallversicherung gehört dazu auch eine Haftpflichtversicherung und eine Rechtschutzversicherung zur Abwehr von Regressforderungen gegnerischer Krankenkassen.
Im Roten Handbuch des Coburger Convents heißt es dazu:
4.3. Versicherungsfragen
A. Bestehende Versicherungen
Der Coburger Convent unterhält bereits seit den 50er-Jahren ein Versicherungspaket, welches die verschiedenen Notwendigkeiten des CC/AHCC und der angeschlossenen Institutionen abdeckt. Neben der Versicherung für die CC- Kanzlei bestehend eine Verbandshaftpflichtversicherung und eine Unfallversicherung für Sport- und Fechtangelegenheiten, letztere im nachbeschriebenen Umfang. Die Amtsträger sind mithin nicht unfallversichert über den Verband.
Die Unfallversicherung des Verbandes stellt die Basisabdeckung für bleibende Schäden durch Sportunfälle im Rahmen von CC-Sportveranstaltungen und Sportstunden sowie bei Paukstunden und für die Spektanten von Pauktagen dar. Die Versicherungssummen betragen bei Tod 3.000,00 EUR und bei 100 % Invalidität 20.000,00 EUR. Diese Unfallversicherung soll und kann nicht die Absicherung durch eine private Unfallversicherung ersetzen.
Die vorgenannte Unfallversicherung bietet zudem eine Basisabdeckung solchen Verbandsbrüdern, die zwischen Studienende und Berufseinstieg oder Meldung bei der Arbeitsagentur einen Schaden durch Sport- oder Mensurbetrieb erleiden und nicht krankenversichert sein sollten.
B. Haftpflichtversicherung auf Mensur
Nicht versichert ist seitens des Coburger Convents hingegen der Anspruch auf Schadensersatz des geschädigten Paukanten gegen einen die scharfe Waffe führenden Paukanten. Dieses Risiko ist für den Verband nicht versicherbar. Einer solchen Versicherung bedarf es auch nicht, weil jeder Paukant eine eigene Privathaftpflicht haben sollte. Schließt er eine solche Versicherung ab, so muss er nur darauf achten, dass in seiner Versicherung auch versichert ist das Führen von Hieb- und Stoßwaffen. Leistungsfähige Privathaftpflichtversicherungen haben dieses Risiko ohne Aufpreis mitversichert. Der Blick in die Police und ggf. beim Abschluss einer solchen Versicherung der Vergleich zwischen den Versicherern ist daher zwingend geboten.
Sollte ein Verbandsbruder vom Sozialversicherungsträger des bei einer Bestimmungsmensur verletzten Gegenpaukanten auf Schadensersatz in Anspruch genommen werden, ist der Verband unverzüglich hiervon zu unterrichten. Versagt dann die eigene Privathaftpflichtversicherung den Versicherungsschutz zur Abwehr dieser Ansprüche, so bietet die vom Verband abgeschlossene Haftpflichtversicherung Rechtschutz zur Abwehr dieser Ansprüche. Abwehrversicherungsschutz besteht nirgends, wenn der Schaden bei einer durch die Fechtordnung nicht gedeckten persönlichen Contrahage oder einer Suite pro patria eingetreten ist.
C. Maßnahmen
In den Satzungen des Coburger Convents, der Sportordnung und der Fechtordnung ist nunmehr vorgesehen, (1) dass die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem schuldhaften Entstehen von Personen- und Sachschäden gegen andere Verbandsbrüder im Rahmen einer nach der Fechtordnung durchgeführten Veranstaltung unzulässig ist, wenn das schädigende Verhalten nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich war, und (2) dass die Bünde verpflichtet werden, entsprechende Satzungsbestimmungen in ihre Satzungen mit aufzunehmen.
D. Privathaftpflichtversicherung
Verfügt der Paukant über eine Privathaftpflichtversicherung, so gilt, dass in der gesetzlichen Haftpflichtversicherung als Privatpersonen ausdrücklich regelmäßig mitversichert ist die sich aus dem erlaubten Besitz und aus dem Gebrauch von Hieb- , Stoß- und Schusswaffen ergebende Haftung. Es ist aber zu beachten, dass nicht alle Versicherungen automatisch dieses Risiko mitversichern. Nach den besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Privathaftpflichtversicherung sind zwar allgemein ausgeschlossen ungewöhnliche und gefährliche Beschäftigung. Inhalt dieses Risikoausschlusses sind solche Tätigkeiten, die über das übliche Risiko hinausgehen. Hierzu wird man das Mensurfechten regelmäßig nicht zählen können, sofern es sich um eine Mensur handelt, die nach einem bestehenden Regelwerk gefochten wird und das Hieb- und Stichwaffenprivileg mitversichert ist.
Wir wissen nicht, was aus dem Versicherungsfall Künzelmann wurde, also wer letztendlich die Behandlungskosten der schweren Mensurverletzungen getragen hat. Offenbar ist es aber überaus selten, dass überhaupt Regressforderungen seitens einer Krankenkasse gestellt werden. Warum eigentlich?
6. Die Haftung
Äußerst interessant ist das Kapitel „4.2. Haftungsfragen“ des Roten Handbuchs. Zuerst wird das Corpus Delicti definiert:
Wer sich als Paukant eine Bestimmungsmensur unterzieht und Körperschäden erleidet erfährt einen Unfall im Sinne des § 178 Versicherungsvertragsgesetz (VVG). Danach liegt ein Unfall vor, wenn die versicherte Person durch ein plötzlich von außen auf ihren Körper wirkendes Ereignis unfreiwillig eine Gesundheitsschädigung erleidet. Die Unfreiwilligkeit wird bis zum Beweis des Gegenteils vermutet.
Jeder Paukant muss zwangsläufig damit rechnen, dass auch er Hiebe vom Gegner erhalten wird, wenn er die entsprechende Schutzhaltung vermissen lässt. Daher hat die Rechtsprechung die Unfreiwilligkeit bejaht, wenn ein fechterfahrenes Mitglied einer schlagenden Verbindung eine Mensur schlägt und unter Einhaltung der Commentregeln Verletzungen erleidet (LG Frankfurt 25. Zivilkammer, Urteil vom 12. September 2003 – 2/25 O 185/02. Von daher darf der verletzte Paukant Versicherungsschutz in Anspruch nehmen, wenn er selbst in der Mensur verletzt wird.
Wie alle schlagenden Studentenverbindungen beruft sich auch der Coburger Convent auf das BGH-Urteil von 1953, nach dem eine „Mensur“ nicht gegen die „guten Sitten“ verstößt:
Fraglich ist jedoch ob der verletzte Paukant vom Gegenpaukanten Schadensersatz verlangen kann, wenn er selbst Verletzungen erleidet. Grundsätzlich gilt, dass bei einer Bestimmungsmensur mit Schlägern keine Schadensersatzansprüche bestehen, wenn die üblichen Schutzmaßnahmen eingehalten werden, da insoweit die Einwilligung des verletzten Paukanten vorliegt und somit keine strafbare Körperverletzung anzunehmen ist. (BGHSt 4, 24-32)
Alles, was außerhalb des Comments geschieht, ist ein Fall für die ordentliche Gerichtsbarkeit:
Erfolgt die Verletzung auf Grund eines Regelverstoßes des anderen Paukanten, ist fraglich, ob der Paukant dies hinnehmen muss. Hat der Paukant den Gegenpaukanten unter Verstoß gegen die Regeln verletzt, dann handelt er objektiv regelwidrig und rechtswidrig. Nach der Rechtsprechung hängt seine Haftung auf Schadensersatz davon ab, ob ihm Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist. Für einfache Fahrlässigkeit ist von einem stillschweigenden Haftungsausschluss auszugehen (vgl. BGH, Urt. v. 1.2.1976 – VI ZR 32/74 – VersR 1976, 591; OLG Stuttgart, NJW-RR 2000, 1043; OLG Hamm, NJW-RR 2005, 1477). 142
Der Coburger Convent schließt per Fechtordnung grundsätzlich zivilrechtliche Streitigkeiten bei allen Mensurunfällen aus, wenn das Verhalten des Täters nicht „grob fahrlässig oder vorsätzlich war“:
Im Falle eines Streites darüber, ob ein grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Regelverstoß vorliegt, kann es zu einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung kommen, weil der verletzte Paukant dies will, oder weil sein Versicherer Regress geltend macht.
Daher sieht die Fechtordnung des CC vor, dass im Rahmen des Austragens einer Bestimmungsmensur die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem schuldhaften Entstehen von Personen- und Sachschäden unzulässig ist, wenn das schädigende Verhalten (des Gegners) nicht grob fahrlässig oder vorsätzlich war.
Ganz am Ende, wie beiläufig, negiert der CC die Staatsgewalt:
Außerdem sind sämtliche zivilrechtlichen Streitigkeiten zwischen den an der Mensur Beteiligten unter Ausschluss des ordentlichen Rechtsweges den Schiedsgerichten nach der Ehrenordnung zugewiesen.
Indem der „ordentliche Rechtsweg“, also der Gang vor ein staatliches Gericht, bei „sämtliche[n] zivilrechtlichen Streitigkeiten“ ausgeschlossen wird, maßt sich der Coburger Convent staatliche Kompetenzen an.
Statt staatlicher Gerichte sollen die „Schiedsgerichte nach der Ehrenordnung“ über Privatrecht entscheiden. An Stelle ordentlicher Gerichte setzt der Coburger Convent seine eigene Paralleljustiz. Der CC erkennt also das staatliche Gewaltmonopol nicht an.
7. Die „Pro Patria-Suite“
In der Berichterstattung der letzten Zeit kommt der Coburger Convent als ziemliche Verlierertruppe rüber, wenn es ums Fechten geht. Aber zur Ehrenrettung sei gesagt: Sie können auch anders und sind manchmal auch die Täter: So wie Roy Furchner.
Roy Furchner wurde 1995 in Chemnitz geboren, machte 2014 Abitur wurde 2015 Fux bei der Landsmannschaft Hercynia Jenensis et Hallensis zu Mainz. Dort hatte er im Laufe der Jahre verschiedene Chargen-Ämter, ist aber noch immer kein „Alter Herr“.
Die Hercynia wäre nach Eintrittsdatum des Bundes vom 29.05.1887 in die Deutsche Landsmannschaft im Präsidialjahr 2025/2026 – von August bis Juli – als Präsidierende an der Reihe, aber eine definitive Zusage gab es unseres Wissens nach noch nicht. In Mainz gibt es neben der Hercynia als zweiten Bund im Coburger Convent noch die Landsmannschaft Merovingia Gießen zu Mainz.
Im Januar 2018 informierte der damalige Hercynen-Sprecher Sven Schwaab die „lieben Bundesbrüder“ über eine bevorstehende „Pro Patria-Suite“ gegen die Merovingia. Die „PP-Suite“ fand auf dem Haus der Landsmannschaft Hercynia Jenensis et Hallensis zu Mainz in der Kapellenstrasse 14 in Mainz-Gonsenheim statt:
Wie einige von euch schon mitbekommen haben fechten wir eine PP-Suite mit der Landsmannschaft Merovingia Gießen zu Mainz. Die PP-Suite wird am 12.1. auf unserem Haus ausgetragen. Anhieb ist 19 Uhr. Wir hoffen viele von euch begrüßen zu dürfen und das Mesurteam zu unterstützen.
Roy Furchner war erst 22 Jahre alt, als er am 12. Januar 2018 seinen „Gegenpaukanten“ bei der „Pro Patria-Suite“ auf dem „Hercynenhaus“ skalpierte. Die Verletzungen waren so schwer, dass dessen Krankenkrasse Regressforderungen stellte. Aber nicht jeder „Paukant“ hat eine Privathaftpflichtversicherung, wie vom Coburger Convent gefordert. So wie Roy Furchner.
Zum Glück für Furchner ist in einer „Landsmannschaft“ der nächste „Alte Herr“, der pro bono eine Skalpierung verteidigt, nicht weit. So wie Cornelius Maria Thora, „Alter Herr“ der Hercynia Jenensis et Hallensis, VACC Wiesbaden, Rechtsanwalt und Partner bei BLD Bach Langheid Dallmayr Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB.
Von: Roy Furchner
An: Cornelius Thora
Datum: 7. Juni 2018
Betreff: Aw: BLD Sicherheitsmail "AW: Furchner /DAK"Lieber Alter Herr Thora,
hier die geforderten Angaben.
Die Partie fand am 12.1.2018 auf dem Haus der Landsmannschaft Hercynia jet. et. hal. im CC zu Mainz statt. Die Partie wurde unter den Richtlinien des Mainzer Waffenrings Komment ausgetragen und auf 40 Gänge a 6 Hiebe angesetzt.
Ohrenleder sowie Nasenblech wurden bei beiden Parteien kommentgemäß gesetzt.
Gefochten haben: Roy Furchner ( Landsmannschaft Hercynia jen. et hal. im CC zu Mainz) und Jan van der Vegt (Landsmannschaft Salia im CC zu Bonn et Landsmannschaft Merovingia Gießen im CC zu Mainz)
Im dritten Gang ´, zweiter Hieb, der Partie wurde ein Scherzel auf dem Oberkopf von Herrn van der Vegt geschlagen.Der Unfall ereignette sich wahrscheinlich wie folgt. Wir befanden uns im A-Tempo und Herr van der Vegt schlug eine Hochterz während ich paralell eine Horizontalquart schlug. Dabei senkte er seinen Korb zu tief ab, sodass dieser die schützende Funktion hohe Hiebe zu verteidigen verlor. Des weiteren bin ich durch die Haltung des zu tiefen Korbes mit meiner Klinge nach oben abgeprallt und dann unglücklich und durch wucht der Hiebe horizontal über seinen Kopf geglitten. Dies hatte zur Folge das ein Scherzel geschlagen wurde.
Ich selbst hatte keine Verletzung zu verzeichnen.Bei Fragen stehe ich dir gern zur Verfügung.
Mit bundesbrüderlichen Grüßen
Roy Furchner
Aus der weiteren Kommunikation des „Alten Herren“ mit dem „Aktiven“ wird ersichtlich, warum so wenige Rechtsanwälte sich auf die CC-Rechtsanwaltliste schreiben wollten: Viel Ärger und kein Geld. Cornelius hatte sich die Mail auf Wiedervorlage gelegt, alles wie immer. Eine Erinnerung auf einem andern Kanal geschickt, es soll ja nicht an der Technik scheitern. Aber wenn der „Aktive“ dann immer noch nicht spurt, hilft der Erfahrung nach ein gezielter Verweis auf die Honorarsituation:
Betreff: 60118/12
Von: Cornelius Thora
An: Roy Furchner
Datum: 8. August 2018Lieber Roy,
meine Erinnerungs-WhattsApp liegt nun auch schon wieder zwei Wochen zurück, ohne dass ich IRGENDETWAS von Dir gehört hätte... Ich vertrete Dich selbstverständlich gerne und selbstverständlich auch ohne Kosten für Dich – meine Aufgabe kann aber nicht darin bestehen, Dir nachlaufen zu müssen.
Wenn es bislang keine Klärung mit dem Haftpflichtversicherer gegeben haben sollte, dann schlage ich folgende Alternative vor: Du nennst mir den Namen des Versicherers und Eure Versicherungsscheinnummer und ich leite das an die DAK weiter, dann sollen die sehen, ob und wie die sich mit denen auseinandersetzen (wahrscheinlich werden die dazu letztlich aber keine Lust haben und sich an Dich halten).
Herc-lich
Cornelius Z!
Die Grußformel „Herc-lich“ ist kein Tippfehler, sondern ein Kompositum aus „Hercynia“ und „herzlich“ – feinster Pennälerhumor eines „Alten Herren“.
Zwar schloss Roy Furchner eine Privathaftpflichtversicherung ab, aber erst nach der Tat – und die galt natürlich nicht rückwirkend. Er war zwar über seine Mutter familienhaftpflichtversichert über die „Erweiterte Haushaltsversicherung“ bei der Allianz Versicherungs-Aktiengesellschaft, welche „die Haftpflicht des Versicherungsnehmers und aller zu seinem Haushalt gehörenden Personen als Privatperson weltweit“ versichert. Aber Roy Furchner wohnte zum Zeitpunkt der „Pro Patria-Suite“ auf dem Hercynen-Haus. Vor allem aber hatte er sich einen Monat zu früh umgemeldet:
Betreff: Aw: 60118/12
Von: Roy Furchner
An: Cornelius Maria Thora
Datum: 13. August 2018Lieber Alter Herr Thora,
ich möchte mich bei dir aufrichtet entschuldigen, wie ich bisher mit dir kommuniziert habe. Dies ist auf persönlicher und bundesbrüderlicher Ebene schlecht und nicht angemessen gewesen. Dieses Defizit meiner Seits, versuche ich nun gezielt abzustellen und nicht mehr aufkommen zu lassen. Zu allem Überfluss und hierbei möchte ich vorwegnehmen, dies unter keinen Umständen als Ausrede aufzufassen, war mein Online-Speicher meiner Email Cloud voll und ich erhielt bzw konnte keine Emails mehr versenden. Da war auch die letzte Mail an dich dabei. Sie fand selbstverständlich nie den Empfänger. Ich bitte dich wie gerade erwähnt, diesen Umstand nicht als Ausrede zu sehen, da sich mein Verfehlen anderweitig gezeigt hat und ich mich nicht sorgfältig genug darum kümmerte.
Ich bin mir der Dringlichkeit in dieser Angelegenheit bewusst und schäme mich für meine Kommunikation bisher. Du hast dich, ohne mit der Wimper zu zucken, bereit erklärt, mich in diesem Fall als Anwalt zu vertreten. Dafür bin ich dir sehr sehr dankbar, denn dies ist keine Selbstverständlichkeit.
Ich hoffe ich kann die Umstände bessern und die Wogen glätten und hoffe du wirst mich weiterhin vertreten.Ich habe mich mit meiner Versicherungsgesellschaft auseinander gesetzt und folgendes "herausgefunden".
Zunächst die Daten meiner Versicherung und Ansprechpartner.
Allianz Versicherung
Angela Le Beau Sitz in Grüna. Gern kann ich Telefonnummer etc nachreichen.Ich habe mich am 14.6.2017 umgemeldet und meinen Erstwohnsitz nach Mainz verlegt. Laut Allianz ist man in seiner erst oder zweit Ausbildung weiterhin in der Haftpflicht der Mutter solange man seinen Erstwohnsitz bei Ihr gemeldet hat. Nach der Ummeldung ist man bis Ende des Jahres oder mindestens 6 Monate nach Ummeldung weiterhin in der Haftpflicht der Mutter enthalten, danach muss man eine eigene abschließen, damit man versichert ist.
Also mein letzter Stand ist, dass ich am 12. Januar 2018 nicht versichert war und somit keine Haftpflicht hatte. Ich hoffe diese Information hilft dir soweit erstmal weiter. Bei Fragen werde ich diesmal sofort anworten und mich um weitere Schritte kümmern.Ich bitte nochmals um Entschuldigung und verbleibe
mit treuen Hercynengrüßen,
Roy Furchner Z!
Der Anwalt war auch pessimistisch, aber immerhin war die Frau von der DAK bemüht, den Korporierten zu helfen:
Von: Cornelius Thora
Datum: 18. September 2018
An: Roy Furchner
Betreff: AW: : 60118/12Hallo Roy,
danke zunächst für die Versicherungsbedingungen. Danach sieht es in der Tat sod aus, dass Du bei Deinen Eltern nicht mehr versichert bist.
Erforderlichenfalls müsste ich das aber noch im Detail prüfen. Ungeachtet dessen wäre es natürlich sinnvoll, sich nicht auf einen Zuruf des Versicherungsvermittlers zu verlassen, sondern dem Versicherer zumindest die Chance zu geben, Versicherungsschutz zu gewähren oder diesen schriftlich abzulehnen.
Ich habe heute nochmals mit der DAK telefoniert, die natürlich daran interessiert ist, dass Du Versicherungsschutz hast, weil sie dann ohne Rücksicht auf die Rechtslage von dem Haftpflichtversicherer anteiligen Ersatz ihrer Aufwendungen verlangen kann. Hierfür gibt es zwischen vielen Krankenkassen und Haftpflichtversicherern sog. Teilungsabkommen, die das regeln. Wenn Du keinen Versicherungsschutz hast, müssen die prüfen, ob sie überhaupt gegen Dich klagen wollen. Das bliebe dann abzuwarten.
Ich habe mit der Dame von der DAK erörtert, dass ich ihr die Daten der Versicherung (Name und Versicherungsscheinnummer) mitteile und sie sich mit denen auseinandersetzen kann. Das kann ich natürlich nur machen, wenn Du und Deine Mutter damit einverstanden sind, erstens weil es unter das Mandatsgeheimnis fällt und zweitens weil bei mehreren Schadensfällen ein Versicherer einen Vertrag auch kündigen kann.
Ich bitte Dich daher, das mit Deiner Mutter zu klären und mir eine kurze Rückmeldung zu geben.
Herc-liche Grüße
Cornelius Thora Z!
Roy Furchner dürfte zum Zeitpunkt der Tat nicht haftpflichtversichert gewesen sein. Wir wissen nicht, ob am Ende die DAK aus „Rücksicht auf die Rechtslage“ vor einem Prozess zurückscheute. Oder ob die Krankenkasse den „Landsmannschafter“ auf Regress verklagte. Aber vermutlich hätten wir das mitgekriegt.
8. Die Absicherung
Parallel zur Infobeschaffung besorgte Cornelius Thora sich eine Rückversicherung beim AHCC für den Fall, dass sein Mandant tatsächlich nicht versichert sein sollte. Auf dem Jubiläumskonvent 2018 in Coburg führte er ein Gespräch mit dem „CC-Rechtsamtsleiter“ Veit Stößlein über die Regressforderungen gegen Roy Furchner. Stößlein erzählte Thora von dem „Versicherungsfonds“, den der Coburger Convent als Rücklage für genau solche Fälle angelegt hat.
Cornelius Thora meldete sich Mitte 2018 aus Wiesbaden beim AHCC wegen der Regresforderungen der DAK gegen Roy Furchner. Die Mail ging in Kopie an mehrere „Alte Herren“ der Landsmannschaft Hercynia Jenensis et Hallensis zu Mainz: Nils Holger Teske, VACC Wiesbaden, Roger Becker, VACC Mainz und Michael Goebel, VACC Dresden, Rechtsanwalt bei der SNP Schlawien Partnerschaft mbB und Mitglied des CC-Schiedsgerichts.
Betreff: Regressforderung der DAK ./. Furchner, Roy
Von: Cornelius Thora
An: Veit Stößlein
Kopie: Roy Furchner, Nils Holger Teske, Roger Becker, Michael Goebel
Datum: 6. Juni 2018Sehr geehrter Herr Verbandsbruder Stößlein, lieber Veit,
ich komme zurück auf unser am Rande des diesjährigen Pfingstkongresses geführtes Gespräch wegen der Schadensersatzforderung der DAK gegen meinen Bundesbruder Furchner im Zusammenhang mit der Mensurverletzung eines Gegenpaukanten und leite Dir zu Deiner Information meine unten angehängte heutige Mail an meinen Bundesbruder weiter.
Eine Abrechnung im Rahmen eines Teilungsabkommens wird voraussichtlich nicht möglich sein, da mein Bundesbruder – so der derzeitige Stand —am Tag der Mensur über keinen Versicherungsschutz verfügte. Dies klären wir aber noch. Andernfalls wird die DAK prüfen, ob „nach Sach- und Rechtslage* ein Schadensersatzanspruch besteht, was wir verneinen werden.
Vorsorglich beantrage ich im Namen und Auftrag meines Bundesbruders Leistungen aus dem hierfür vom Verband vorgehaltenen Fonds für den Fall, dass die DAK einen Anspruch sollte durchsetzen können. Falls hierzu weitere Angaben notwendig, Formalien einzuhalten sind etc. bitte ich Dich um einen Hinweis.
Ich gehe davon aus, dass wir uns einig sind, dass die Forderung der DAK zurückgewiesen werden sollte. Sollte der Verband – aufgrund der beantragten Leistungen aus dem Fonds – hier eine andere Auffassung vertreten und einen Vergleich mit der DAK anstreben wollen, bitte ich um ebenfalls um Mitteilung.
Über den wesentlichen weiteren Verlauf werde ich Dich unterrichten.
Beste vbr.liche Grüße
Cornelius Thora Z!
Angehängt war eine Mail an den „Aktiven“ vom gleichen Tag. Zu diesem Zeitpunkt hatte Cornelius Thora die Informationen zur Versicherungssituation seines Mandanten noch nicht, die kamen am nächsten Tag.
Betreff: AW: Furchner /DAK
Von: Cornelius Thora
An: Roy Furchner
Kopie: Nils Holger Teske; Roger Becker, Michael Goebel
Datum: 6. Juni 2018Lieber Roy,
ich habe gerade mit der DAK telefoniert, die um Mitteilung Deiner Haftpflichtversicherung bittet. Hintergrund ist, dass die Krankenkassen mit vielen Versicherungsgesellschaften sog. Teilungsabkommen haben. Das sind Vereinbarungen, nach denen der Haftpflichtversicherer auch dann Schadensersatz an die Krankenkasse leistet, wenn „nach Sach- und Rechtslage“ kein Schadensersatzanspruch bestünde. Im Gegenzug wird dann oft nur ca. die Hälfte der Forderung bezahlt und zwar auch in den Fällen, in denen ein voller Anspruch bestünde.
Ich hatte Dich gebeten, dass Du mit Eurem Versicherungsmakler noch einmal klärst, ob Du tatsächlich für den Tag der Mensur keinen Versicherungsschutz hast. Dies hängt von den konkreten Versicherungsbedingungen ab. Der Makler mag dies bitte beim Versicherer erfragen und prüfen. Bitte dann Info an mich.
Im Übrigen wolltest Du mir noch das erste Anspruchsschreiben der DAK schicken. Das schickt mir jetzt die DAK, das musst Du also nicht mehr tun.
Sollte tatsächlich kein Versicherungsschutz in der Haftpflichtversicherung Deiner Eltem bestehen, will die DAK prüfen, ob ein „echter“ Schadensersatzanspruch besteht. Man hat dort zwar eine Grenze, bis zu der das bei Sportunfällen kein Schadensersatz verlangt wird, hier lägen die Behandlungskosten von mehr als 5.000,- EUR aber darüber. Das warten wir dann ab...
Herc-liche Grüße
Cornelius Thora Z!
Der „Rechtsamtsleiter“ informierte den Schatzmeister, den damaligen „Vorsitzer“ und die „Beauftragten für Versicherungen“:
Betreff: Regress Mensurverletzungen
Von: Veit Stößlein
An: Hans Schollmeyer, Ali Ottmar Mahdi, Andreas Strecke
Datum: 6. Juni 2018Guten Tag zusammen!
Ich bitte von der anliegenden Email Kenntnis zu nehmen und mir mitzuteilen, wer denn hier der kompetenteste unserer kompetenten Ansprechpartner ist. Vielen Dank vorab!
Mit besten Grüßen
Veit Stößlein
Der AHCC-Schatzmeister Hans Schollmeyer erklärte Stößleim daraufhin, wie der „Versicherungsfonds“ entstanden ist und dass es keine festgeschriebenen Auszahlungskriterien gibt. Selbstverständlich will Schollmeyer Geld grundsätzlich nur rausrücken, wenn er mitentscheiden darf:
Betreff: AW: Regress Mensurverletzungen
Von: Hans Schollmeyer
An: Veit Stößlein, Ali Ottmar Mahdi, Andreas Strecke
Datum: 6. Juni 2018Sehr geehrte Herren Verbandsbrüder,
bezüglich des vorgehaltenen Fonds gibt es keine Regeln. Es ist also nicht so, dass der Verband grundsätzlich eine Verpflichtung zur Übernahme hat. Der Fonds wurde zu Zeiten des Vororts Dresden eingerichtet. Maßstab war, dort zu helfen wo eine Notsituation entsteht auf freiwilliger Basis unter Anrechnung von Gegenansprüchen. Ich bin der Auffassung, sollte der Verband in Anspruch genommen werden, dann müssen wir bezüglich des Prozessverlaufs und auch bezüglich eines Vergleichs ein Mitspracherecht haben, um einen Schaden ggf. so gering wie möglich zu halten.
Mit freundlichen Grüssen
Dipl. Kfm. Hans G. Schollmeyer
Der „Beauftragter für Versicherungen“ erzählte den anderen von der Verbandshaftpflichtversicherung, die zwar keine Regressforderungen zahlt, wohl aber die juristische Abwehr solcher Regressforderungen durch Krankenkassen:
Betreff: AW: Regress Mensurverletzungen
Von: Andreas Strecke
An: Veit Stößlein, Hans Schollmeyer, Ali Ottmar Mahdi
Datum: 6. Juni 2018Sehr geehrter Herr Verbandsbruder Stößlein,
ich hoffe sehr, dass gegenüber niemandem ein Schuldanerkenntnis ausgesprochen wurde.
Im Rahmen der Verbandshaftpflichtversicherung haben wir als Besonderheit, dass der Haftpflichtversicherer die Abwehr von Regeressansprüchen gegenüber Sozialversicherungsträgern bei Mensurverletzungen Dritter übernimmt.
Um den Schaden entsprechend melden zu können benötige ich die Daten des Verletzten und des Inanspruchgenommenen.
Weiter das Anspruchschreiben und die Details „was- wann -wo - wie“.Mit verbandsbrüderlichen Grüßen
Andreas Strecke
Landsmannschaft Schottland
Beauftragter für Versicherungen
des Coburger Convents / AHCC
Die Sache wurde diskutiert, beschlossen und noch am gleichen Tag umgesetzt:
Betreff: AW: Regress Mensurverletzungen
Von: Veit Stößlein
An: Hans Schollmeyer, Ali Ottmar Mahdi, Versicherungsstelle CC
Datum: 6. Juni 2018Das sehe ich auch so!
Ich würde also jetzt Herrn Vbr. Thora informieren. Er möge verhandeln im Sinne seines Mandanten. Bevor es zu einer entsprechenden Vereinbarung kommt, die seinen Mandanten belastet, kann er nur dann mit einer Entschädigung seitens des Verbandes rechnen, wenn wir dem Vergleich zugestimmt haben.
Ok?
Mfg
Veit Stößlein
Hans Schollmeyers Ziel jedenfalls ist klar: Am Ende soll eine Krankenkasse zahlen.
Betreff: AW: Regress Mensurverletzungen, Vorsicht !!! Von: Hans Schollmeyer
An: Veit Stößlein, Ali Ottmar Mahdi, Andreas Strecke
Datum: 7. Juni 2018Guten Morgen Herr Verbandsbruder Stößlein,
mich ruft soeben Vbr. Stecke an und weist auf folgendes hin:
1. Der Ra, der den Anspruchsgegner vertritt, der sollte auf die Bremse treten und zunächst die Versicherung über Vbr. Strecke vollständig mit Daten versorgen.
2. Wir sollen offensichtlich aufpassen, dass jetzt nicht Verhandlungen geführt werden, die letztlich dazu führen, dass die Versicherung nicht zahlt. Es scheint ja wohl so zu sein, dass die Einwilligung zur Mensur von beiden vorliegt und damit die Rechtslage wohl klar wäre?
Bitte verständigen Sie in dem Sinne die Partei, die sich an uns gewandt hat.
Gruß
Dipl. Kfm. Hans G. Schollmeyer
Wir wissen nicht, ob am Ende Geld aus dem „Versicherungsfonds“ des Coburger Convent gezahlt wurde. Vermutlich war das auch gar nicht nötig, weil Roy Furchner gar nicht von der DAK verklagt wurde. Aber wenn doch, dann wurde das Geld wieder aufgefüllt, denn der Kassenstand des „Versicherungsfonds“ von 61.000 Euro hat sich von 2018 bis heute nicht geändert.
9. Die Ehrlichkeit
Das Thema „Pro Patria-Suiten“/„Ehrenhändel“ hat nach der Berichterstattung über das Erlanger Blutduell Anfang März 2023 für viele „schlagende Verbindungen“ eine neue Brisanz bekommen und wird ausgiebig diskutiert. Vor dem Hintergrund der Ausführungen in diesem Kapitel müssten Krankenkassen bei „Mensurverletzungen“ oder „Sportverletzungen auf einem Korporationshaus“ immer prüfen, ob eine illegale „Pro Patria-Suite“ ausgetragen wurde. Uns ist kein einziger Fall bekannt, wo das geschehen wäre.
Auch in der Landsmannschaft Vitebergia Halle wurde über den Fall diskutiert. Viele Bundesbrüder fühlten sich ganz verloren mit der „neuen“ Situation und erbaten eine Bewertung des Vorstands der „Landsmannschaft“. Diese übermittelte Anfang April 2023 Jakob Garbe „für den Vorstand“:
Betreff: Causa Erlangen und PPs
Von: Jakob Garbe
An: Landsmannschaft Vitebergia Halle
Datum: 2. April 2023Liebe Bundesbrüder,
aus gegebenem Anlass informiert der Vorstand zum Thema Mensur.
Prolog:
Im Februar wurde eine Pro Patria Suite zwischen Germania Erlangen und Munichia Bayreuth im CC gefochten. Zwei Glieder wurden dabei so schwer verletzt, dass eine Behandlung im Krankenhaus erfolgen musste. Dieses Ereignis zog eine mediale Berichterstattung nach sich, z.B. [in der taz] und auch eine Stellungnahme des CC. Da Ermittlungen durch die Polizei stattfinden und Anzeige wegen Körperverletzung durch eine Seite gestellt wurde (CAVE: Hören-Sagen!), ist es möglich, dass die Mensur seit dem BGH Urteil von 1956 nun erneut auf den Prüfstand gestellt wird. Motiviert durch Bbr. Marsch III ist in einem kleineren Kreis Kieler, Göttinger und unserer AHAH die Diskussion entbrannt, ob die juristische Bewertung der Ereignisse durch den CC ausreichend ist und ob ggf. darüber hinausgehende Maßnahmen ergriffen werden sollten. Ein wesentlicher Beitrag erfolgte durch AH Scharf, der eine (aus meiner Laiensicht) verständliche, differenzierte und nüchterne Definition der Merkmale der Bestimmungsmensur formulierte. Seine juristische Expertise will ich hier nicht ungefragt weiterleiten, auf Anfrage wird er sie aber sicher gerne teilen. Im Ergebnis wurde der Vorstand durch AH Marsch III gebeten, unter Kenntnis des Stimmungsbildes dieses „kleineren Kreises“ sich der Sache anzunehmen.
Bewertung des Vorstands:
1. Zunächst sehen wir die Merkmale der Bestimmungsmensur (s. Expertise AH Scharf) für alle regulär im neuen Waffenring durchgeführten Bestimmungsmensuren erfüllt. Insbesondere ist keine Austragung von Ehrenhändeln o.Ä. vorgesehen. Ein Grund für den Austritt aus dem WR Halle-Leipzig war unter anderem mehr Kontrolle über den Pauk-Comment zu erlangen.
2. Im Hinblick auf PPs und PCs wird die ausstehende Bewertung durch Gerichte entscheidend sein. Dieser Bewertung z.B. durch ein pauschales bundesinternes Moratorium vorzugreifen, wäre nicht zielführend. Insbesondere, da PPs und PCs durchaus den Anforderungen der Bestimmungsmensur genügen können - da sind sich AH Scharf und der CC einig. Letztlich müssen die Merkmale im Einzelfall geprüft werden.
3. Dem Vorstand wurde vom xx versichert, dass aktuell keine der kritisch diskutierten Mensurformen terminiert oder geplant sind, sodass sich kein akuter Handlungsbedarf ergibt. Dennoch sollte die Angelegenheit, da von potenzieller Relevanz für den Mensurbetrieb, in geeigneter Form besprochen werden. Hierzu bietet sich der AHC/oGC im kommenden Januar an. Der etwas entfernte Termin erscheint durchaus sinnvoll, da dann vielleicht weitere Informationen vorliegen, die eine bessere Einordnung der Relevanz für den künftigen Mensurbetrieb erlauben. Weiterhin wird der Vorstand die Problematik mit den Aktivitas erörtern, um möglicherweise rechtlich unsichere Mensuren bis zum Vorliegen einer richterlichen Bewertungen der Causa Erlangen zu vermeiden.
Mit Wittenberger Grüßen,
Jakob Garbe Z!
für den Vorstand
Viele „Landsmannschafter“ waren an der juristischen Expertise des Vitebergia-Rechtsanwalts, Notars und Partner bei Brink & Partner in Flensburg interessiert: Klaus Scharf, Landsmannschaft Vitebergia Halle, Landsmannschaft Gottinga Göttingen und Landsmannschaft Slesvico-Holsatia vereinigt mit Landsmannschaft Cheruscia Kiel, VACC Flensburg-Nordmark.
Betreff: Causa Erlangen und PPs
Von: Klaus Scharf
An: Jakob Garbe, Landsmannschaft Vitebergia Halle
Datum: 2. April 2023Lieber Jakob,
angestoßen durch Deine E-Mail mich erreichen mich schon erste Anfragen zu meiner rechtlichen Bewertung. Diese bringe ich nunmehr allen Bundesbrüdern als Anhang zur Kenntnis sowie ergänzend dazu des Urteil des BGH vom 29. Januar 1953.
Eine Übereinstimmung von PPs mit dem Regelwerk der Bestimmungsmensur kann ich mir schwer vorstellen, da scheinst Du mich missverstanden zu haben. Bestimmungsmensuren werden nicht „für das Vaterland“ gefochten, sondern auf die eigenen Farben, als Bekenntnis zum eigenen Bund. Etwas anderes mag für „Fechtfolgen“ gelten, soweit sie denn nach den Regeln, die für Bestimmungsmensuren gelten, durchgeführt werden.
Ergänzend zu meinen Ausführungen möchte ich auch noch drauf hinweisen, dass alle diejenigen, die sich über die „Fechter“ hinaus an strafbaren Mensuren beteiligen ,ebenfalls in den Fokus der Justiz gelangen könnten, also die Beteiligten auf dem Mensurboden (Sekundanten, Schlepper, Testant, Unparteiischer pp.), auch der „Hausherr“, ferner auch alle Mitglieder, die an einer Beschlussfassung über eine derartige Mensur mitwirken. Das könnte als strafrechtliche Beihilfehandlung gewertet werden, bei einer regulären PP möglicherweise auch als Mittäterschaft, wenn die PP dem „Interesse“ des Bundes selbst „dienen“ soll (Ehre), was in aller Regel dann naheliegen dürfte .
Mit bundesbrüderlichen Grüßen
Dein Klaus Z! Z! Z! Z!
Die Stellungnahme dürfte nicht nur die Vitebergia interessieren:
Liebe Bunderbrüder,
auf die geführte Diskussion zum „Vorgang in Erlangen“ bezugnehmend verweise ich auf das als 1. Anlage beigefügte Urteil des BGH vom 29.01.1953, welches die Richtung vorgibt.
Im Abs. I der Urteilsbegründung setzt sich der BGH mit der Frage auseinander, ob die strafrechtlich zu würdigenden Bestimmungsmensuren ein „Zweikampf mit tödlichen Waffen“ i. S. § § 201-210 StGB waren, strafbar, auch wenn es zu keinen schwerwiegenden Verletzungen kommt (Gefährdungsdelikt). Das ist eine Vorschriften, die es nach einer Novellierung des Strafgesetzbuches nicht mehr gibt.
Im Gegensatz zur Rechtsprechung des Reichsgerichtes kommt der BGH (entsprechend der herrschenden Lehre und der Rechtsprechung der Untergerichte zu Zeiten des Reichsgerichtes) zu dem Ergebnis, dass die Schlägermensur kein Kampf mit einer tödlichen Waffe sei. Zur Begründung wird ausgeführt, dass es nicht auf die generelle Geeignetheit, tödliche Verletzungen zu verursachen, ankommt, sondern auf die konkrete Handhabung. Einerseits diene der Einsatz dieser „Waffe“ nicht dem Zweck, tödliche Verletzungen herbeizuführen, sondern dazu, Mensuren durchzuführen, bei denen lebensgefährliche Verletzungen weder beabsichtigt sind noch vorzukommen pflegen. Ferner würden feste Regeln gelten einschließlich ausreichender Schutzmaßnahmen gegen lebensgefährliche Verletzungen. Deswegen kommt der BGH zum Ergebnis, dass die Bestimmungsmensur kein Kampf mit einer tödlichen Waffe nach Maßgabe der seinerzeit geltenden Strafvorschriften war.
Interessant ist auch im Weiteren der Rückblick in die Historie, also auf das sich aus Standesitten entwickelte Sonderrecht in Bezug auf Duelle, welches infolge „soziologischer, politischer und wirtschaftlicher Einebnung von Standesunterschieden“ zurückgedrängt worden sei, sodass auch für Duelle das reguläre Strafrecht gelte.
Aber das ist Rechtsgeschichte, ebenso der im Jahre 1935 eingeführte § 210 a StGB, durch den die Schlägermensur ausdrücklich für straflos erklärt wurde, wenn die Kämpfer gegen Lebensgefahr geschützt waren (S 5. unten).Im Abs. Il setzt sich der BGH theoretisch, da nicht angeklagt, also hinweisgebend auch für die heutige Rechtslage mit der Frage auseinander, ob die Bestimmungsmensuren, hätte es Verletzungen gegeben, zumindest den Straftatbestand der gefährlichen Körperverletzung gemäß § 223 a StGB (heute § 224 StGB-Anlage 2) erfüllt hätten.
1. Der Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung (da mit einer Waffe ausgeführt) wäre ohne weiteres gegeben.
2. Strafbarkeit setzt aber auch die Rechtswidrigkeit der Tat voraus, die fehlt, wenn in die Tat wirksam eingewilligt werden kann (klassisches Beispiel: Einwilligung in einen ärztlichen Eingriff, der ansonsten eine Körperverletzung wäre). Was nun die Bestimmungsmensur betrifft, so ist nach Auffassung des BGH auf die geltenden „guten Sitten“ nicht ohne weiteres abzustellen, also darauf, ob eine Einwilligung in eine Mensur gegen diese guten Sitten verstößt und ihr deswegen nicht die rechtliche Kraft beizumessen sei, die Rechtswidrigkeit der Tat zu beseitigen. Der BGH (S. 7) sieht aber gleich, dass das ein schwieriges Unterfangen ist, weil es sich bei den „guten Sitten“ um Anschauungen und Wertungen handelt, die sich wandeln können und deshalb eine Rechtsunsicherheit darüber bestehen könne, welche Tatbestände mit Strafe bedroht sein sollen. Der BGH hat daher (auch nicht ohne Wertungsrisiko!) zum Maßstab gemacht, was „nach dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden zweifellos kriminell strafwürdiges Unrecht ist“ (S. 7 vorletzter Absatz).
Für die Bestimmungsmensur hat der BGH diese Frage knapp und klar verneint, auch mit dem Hinweis darauf, dass auch unter ihren Gegnern sich angesehene Persönlichkeiten befänden, die sie aus den verschiedensten Gründen nicht mit krimineller Strafe bedroht sehen wollen. Deswegen könnte keine Rede davon sein, dass alle billig und gerecht Denkenden über die Sittenwidrigkeit der Bestimmungsmensur einig seien. Deswegen könne man in eine solche Tat, ihr die Rechtswidrigkeit nehmend, einwilligen.
Auf die Frage der Schuld als letztes Merkmal einer Straftat kam es daher nicht mehr an. Diese wäre zweifellos gegeben im Sinne eines zumindest bedingten Vorsatzes, da man bei einer Mensur damit rechnen muss, dass es zu Verletzungen kommt und wenn man sie dann gleichwohl durchführt, nimmt man diese Verletzungen billigend in Kauf (bedingter Vorsatz). Diese Frage stellte sich jedoch nicht mehr, da schon das Merkmal der Rechtswidrigkeit fehlt.
Allerdings zeigt der BGH am Schluss seiner Urteilsbegründung auch den erhobenen Zeigefinger und zwar mit folgenden Hinweis: „Zur Vermeidung von Missverständnissen sei hervorgehoben, dass die vorstehenden Erörterungen sich nicht auf solche Mensuren beziehen, die der Austragung von Ehrenhändeln dienen.“Der „Erlanger Vorfall“ wird vor dessen Hintergrund (Entstehungsgeschichte) als „Auseinandersetzung zwecks Wahrung der Ehre“, nach allem, was ich darüber lesen durfte, zu werten sein. Diese „PP-Suite“ wäre dann zweifellos strafbar, da in diese nicht wirksam ihr die Rechtswidrigkeit nehmend eingewilligt werden konnte, sie somit rechtswidrig und strafbar wäre. Deswegen ist die Strategie der Verteidigung und der Öffentlichkeitsarbeit des CC darauf ausgerichtet, den Vorgang als „freundschaftlich - sportliches Treffen“ ohne jeglichen vorangegangenen Streit darzustellen. Das dürfte nach meiner Einschätzung nicht gelingen, dieses schon gar nicht mit Hinweis des CC in seiner Stellungnahme vom 15.03.2023 darauf, dass diese „PP-Suite“ nach festen Regeln durchgeführt worden sei. Diese geltenden, insbesondere den Schutz vor schweren Verletzungen dienenden Regeln waren der Grund, weshalb der BGH lediglich die zur strafrechtlichen Würdigung anstehende Bestimmungsmensur als kein nach dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden zweifellos kriminell strafwürdiges Unrecht angesehen hat.
Diese festen Regeln sind dagegen nicht geeignet, das Tatbestandsmerkmal eines Ehrenhändel zu beseitigen. Ganz im Gegenteil hat der BGH am Schluss seines Urteiles explizit darauf hingewiesen, dass die zur Straffreiheit (weil nicht rechtswidrig) der Bestimmungsmensur angeführten Gründe in Form der einzuhaltenden Regeln und Schutzmaßnahmen für Ehrenhändel eben nicht gelten, derartige Mensuren daher rechtswidrig und somit strafbar sind.Der CC wäre im Kontext dieser Angelegenheit daher gut beraten, die „Fechtgrundsätze“ des CC klar und deutlich öffentlich darzustellen, also die Unzulässigkeit jeglicher Ehrenhändel, sei es nun als „Fechtfolge“ oder einzelne „Verabredungsmensur“ (Ramschen). Dabei kommt es nicht darauf an, wie das Geschehen nach außen bezeichnet wird, sondern allein darauf, was sich tatsächlich ereignet.
Speziell die viel diskutierte „Fechtfolge“ ist deswegen kritisch zu beleuchten. Ist deren Anlass eine vorangegangene wie auch immer geartete Auseinandersetzung zwischen 2 Verbindungen, die dann in diese „Fechtfolge“ mündet, läge ein strafbarer Ehrenhändel vor.
Ist Anlass einer solchen „Fechtfolge“ kein Streit und wird diese nur aus „puren Vergnügen“ als „sportlicher Wettbewerb“ ausgetragen, also als „sportliche Fechtfolge“, liegt dann natürlich kein Ehrenhändel vor und könnte man geneigt sein, diese Form der „gegliederten Mensur“ als nicht strafbar anzusehen (so wohl die derzeitige Rechtsauffassung des CC). Allerdings unterscheiden sich derartige „sportliche Fechtfolgen“ von Bestimmungsmensuren dadurch, dass die einzelnen Paukanten nicht aufeinander „abgestimmt“ werden, also die Listengegner entsprechend ihrer Position auf der Liste unabhängig von ihrem jeweiligen können gegeneinander fechten. Ein eventuell technisch unterlegener Paukant ist dann natürlich einem erhöhten Verletzungsrisiko ausgesetzt. Dieser Unterschied zur Bestimmungsmensur könnte, soweit angezeigt, im Rahmen einer strafrechtlichen Würdigung als mit dem „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden als kriminelles strafwürdiges Unrecht“ angesehen werden. Hier liegt eben das Risiko, dessen sich alle Verantwortlichen bewusst sein sollten.
Und zu guter Letzt:
Die Sitten und Anschauungen wandeln sich. Deswegen ist auch nicht gesichert, dass nicht auch die Bestimmungsmensur eines Tages (seit dem BGH Urteil aus dem Jahre 1953 sind 70 Jahre vergangen!) nach dem „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden als kriminelles strafwürdiges Unrecht“ angesehen wird, in diese daher strafbefreiend nicht (mehr) eingewilligt werden kann.
Das Risiko einer derartigen strafrechtlichen Überprüfung wird durch den „Vorgang in Erlangen“ sowie angesichts der ansonsten zu verzeichnende Inflation von „Fechtfolgen“ geradezu heraufbeschworen.Der CC sollte daher seine Öffentlichkeitsarbeit in Bezug auf das Fechten, speziell auch zu dem „Vorgang in Erlangen“ sowie seine Fechtgrundsätze schleunigst überdenken und das hoffentlich positive mit dem geltenden Strafrecht vereinbare Ergebnis dieses Denkvorganges öffentlich wirksam vertreten.
Mit bundesbrüderlichen Grüßen Klaus Scharf Z! Z! Z! Z!
Nachdem seine „Bundesbrüder“ sich als Reaktion auf seine Stellungnahme die Welt so machten, wie sie ihnen gefällt, mahnte Klaus Scharf zu Ehrlichkeit:
Betreff: Mensur -Causa „Erlangen“-rechtliche Orientierung
Von: Klaus Scharf
An: Landsmannschaft Vitebergia Halle
Datum: 4. April 2023Liebe Bundesbrüder,
mein Anliegen war es, auch weil dazu angeregt, anhand des Urteil des BGH aus dem Jahre 1953 den rechtlichen Rahmen aufzuzeigen, in dem wir uns (noch) im Hinblick auf die Mensur bewegen. Es war nicht meine Absicht, konkretes Geschehen innerhalb unseres Bundes in der Vergangenheit zu bewerten. Dafür fehlt mir der Einblick. Insbesondere war es mein Anliegen, darauf hinzuweisen, dass im Falle einer tatsächlich strafbaren Mensur nicht nur die Paukanten im Fokus der Justiz stehen, sondern (was leider bislang übersehen wurde), auch alle Bundes-Verbands-und Waffenbrüder, die an dieser „Tat“ mitgewirkt haben, je nach Tatbeitrag entweder als Gehilfe (Unterstützer des Täters) oder gar strafrechtlich dem eigentlichen Täter gleichstehend als Mittäter, wenn die Tat (strafbarer Ehrenhändel) von einem gemeinschaftlichen Willen zum Zwecke einer gemeinsamen Sache getragen wurde.
Wenn darauf entgegnet wird, ein „Schläger“ sei keine Waffe mit der man einen Ehrenhändel durchführen könne, so mag dies zu Kaisers Zeiten nach Maßgabe der seinerzeitigen Standesregeln so gewesen sein, allerdings nicht mehr in der Gegenwart, schon nicht mehr im Jahre 1953, waren derartige Standesregelungen schon seinerzeit nach der vom BGH-Entscheidung durch die gesellschaftliche Entwicklung überholt. Es kommt daher nicht darauf an, aufgrund welcher Standesregeln die Auseinandersetzung mit der scharfen Waffe stattfindet, sondern auf die Zielsetzung und die Begleitumstände, die im Jahre 1953 den Angeklagten insbesondere wegen der herausgestellten Schutzmaßnahmen von einer Verurteilung wegen eines Zweikampfes mit einer tödlichen Waffe (die sie ja tatsächlich sein kann) bewahrt hat. Also, selbst eine Mistforke, dann aber eher in ländlich strukturierten Gebieten, ist durchaus geeignet für einen Ehrenhändel.
Die vorerwähnten Regeln, insbesondere die Schutzmaßnahmen, haben den BGH in einer rechtlichen Nachbetrachtung auch dazu bewogen, klarzustellen, dass die Bestimmungsmensur den Straftatbestand der gefährlichen Körperverletzung (sollte es zu einer Verletzung kommen) nicht erfüllt, weil in diese Tat ihr die Rechtswidrigkeit nehmend eingewilligt werden kann und zwar nach der seinerzeitigen Anschauung. Mittlerweile sind 70 Jahren vergangen !!! Das scheinen einige Bundesbrüder zu übersehen.
Auch die Abgrenzung von den Friseuren hilft nicht weiter, also die „Selbstvergewisserung“ in der „Blase“, wird auf diese durch die Gesellschaft nun einmal von außen geschaut und die Sitten und Regeln diese „Blase“ mit der Gesellschaft auf gesellschaftliche Akzeptanz abgeglichen.. Also, Unwissenheit insbesondere in der Form von Ignoranz schützt vor Strafe eben nicht!
Natürlich gibt es zwischen „Ehrenhändel“ und der Bestimmungsmensur nach unseren Statuten, insbesondere den Statuten des CC (Zusammenstellung der Partien unter Wahrung der Gleichwertigkeit der jeweiligen Fechter) eine gewisse Grauzone, in der auch ich selbst über die reinen Pflichtpartien hinaus mehrere Partien ohne Streitanlass, sondern „im jugendlichen Überschwang“ gefochten habe, allerdings ohne dies groß herauszustellen oder gar zu publizieren.
Aber leider ist es neben strafwidrigen (zumindest riskanten )Ehrenhändel gerade diese Grauzone in den vergangenen Jahren überstrapaziert, also die Kirche nicht im Dorf gelassen worden, wodurch das Interesse der Gegner der Mensur geweckt wurde, neben der Verfolgung (vermeintlicher?) Ehrenhändel (PPs) auch die Bestimmungsmensur einer neuen rechtlichen Bewertung in Hinblick auf eine gesellschaftliche Akzeptanz zu überprüfen, also dahingehend, ob in eine solche Mensur ihr die Rechtswidrigkeit nehmend auch noch 70 Jahre nach der Entscheidung des BGH unter Berücksichtigung gesellschaftlich geänderter Anschauungen eingewilligt werden kann.
Mich treibt so die Sorge um, dass wir durch Ignoranz und Übertreibungen Gefahr laufen, das Recht, Bestimmungsmensuren zu fechten, verlieren und somit unser Alleinstellungsmerkmal als pflichtschlagende studentische Kooperationen. Also schaut genau hin, was geschieht und bewertet es ehrlich!
Damit will ich es belassen und mich aus der Diskussion verabschieden. Ich wünsche Euch allen gute Gedanken und Entscheidungen für die Bewahrung der guten Sache.
Mit besten bundesbrüderlichem Grüßen und besten Wünschen für die kommenden Ostertage
aus der Nordmark
Euer Bundesbruder Klaus Scharf Z! Z! Z! Z!
Also schaut genau hin, was geschieht und bewertet es ehrlich!
Damit wollen wir es belassen und uns für heute aus der Diskussion verabschieden. Wir wünschen Euch allen gute Gedanken und Entscheidungen für die gute Sache.
Mit besten antifaschistischen Grüßen und besten Wünschen für die kommenden Pfingsttage
aus dem Breisgau
Nachwort
Schwere Verletzungen kommen beim studentischen Fechten sowohl bei „Mensuren“ als auch bei „Pro Patria-Suiten“ vor. Das ist auch nicht überraschend, denn meist wird auf den gleichen „Comment“ gefochten und entsprechend sind die Sicherheitsvorkehrungen identisch.
Der Unterschied ist, dass bei einer PP-Forderung ungeübtere gegen geübtere Fechter antreten – selten stimmt das Niveau wie bei einer „Mensur“ überein. Zudem erzeugt der Empfang einer Forderungsliste einen hohen Gruppendruck, der so bei einer „Mensur“ nicht besteht. Entsprechend häufig sind schwere und schwerste Verletzungen bei „Pro Patria-Suiten“.
Wir haben die Frage aufgeworfen, wer eigentlich am Ende die Behandlungskosten solcher Fechtverletzungen zahlt. Nach allem, was wir dazu gelesen haben, sind das fast immer über unsere Krankenkassenbeiträge wir alle. Denn „ein erfahrener Bundesbruder hätte 112 angerufen und Sportverletzung angegeben“.
Und wenn es sein muss, dann hat der Coburger Convent ein Vermögen von einer Million Euro angehäuft. Damit lassen sich viele Probleme lösen. Aber nicht alle.
Es gibt noch so viel zu sagen.
Autonome Antifa Freiburg