Sonntag, 26.10.2025

„Die 138. Cartellversammlung in Berlin (2024) hat zum sehr kontrovers diskutierten ,Memorandum Romanum‘ des Berliner Vororts ganz einhellig bei nur einer Gegenstimme festgestellt, dass das Memorandum Romanum ,weder als Ganzes noch in seinen einzelnen Abschnitten die offizielle Meinung des Cartellverbands noch der Mehrheit seiner Verbindungen [darstellt]‘.
Das steht so in den „Anträgen zur Cartellversammlung“, die in den „Vertreterunterlagen“ zur „139. Cartellversammlung“ des „Cartellverbands der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV) enthalten sind, welche vom 19. bis zum 22. Juni 2025 in Hannover stattfand. Und tatsächlich wurde angeregt diskutiert, wie sich dem „Sitzungsbericht“ aus Berlin entnehmen lässt:
„Dennoch gehe es hier darum ,Schaden, der angerichtet worden ist, ein bisschen schwächer zu halten‘. Egal wem er das ,Memorandum Romanum‘ gezeigt habe, seien die Reaktionen durchweg negativ gewesen. Er habe auch von etlichen tiefgläubigen und engagierten CVern gehört: ‚Das ist nicht mehr mein Verband; wenn solche Schriften publiziert werden, da überlege ich mir auszutreten.‘.
Um solchen Schritten vorzubeugen, müsse man diesem Antrag stattgeben. Es gehe ihm an der Stelle nicht um die ,Innenwirkung‘, die durchaus stattgefunden habe, sondern um die Außenwirkung.“
Eine Innenwirkung gab es aber natürlich auch: Der „Bericht des CV-Rechtspflegers“, nämlich „Cbr Dr. Möhlenkamp“, wurde „bei 62 Nein- Stimmen und 140 Ja-Stimmen angenommen.“ Und das, obwohl sich der rechtsaußen CV-Rechtspfleger zu „Aussagen verstiegen“ hat, die „schlimmer waren als das, was im ‚Memorandum‘ steht“.
Unser kurz vor dem Treffen im Mai 2024 in Berlin veröffentlichtes Communiqué „Ultramontanismus im Cartellverband“ dürfte einen gewissen Einfluss aufs Stimmungsbild gehabt haben. Auch wenn wir dem CV Recht geben müssen, dass es auf der Hand liegt, „dass die Antifa den CV ,nicht cool findet‘“.
Wir hätten uns übrigens dem zweiten Antrag der Region West angeschlossen, das Protokoll „zeitnah“, also „innerhalb von einer Frist von zwei Monaten nach der C.V.“ zur Verfügung zu stellen. Wieso sind Katholiken nur so schnarchlangsam? Das grenzt an Sabotage, wir können so nicht arbeiten!
Immerhin beginnen kirchliche Institutionen dem CV Auflagen zu machen, um den Sexismus und Missbrauch einzudämmen. Auch wenn es nur eine Satzungsänderung ist, das Feigenblatt eines jeden Bürokraten: „In den vergangenen Jahren wurden unsere Bemühungen um die Verbreitung und Festigung des katholischen Glaubens mit entsprechenden Veranstaltungen durch die Deutsche Bischofskonferenz, vertreten durch den Verband der Diözesen Deutschlands (VDD), finanziell unterstützt.
Die Deutsche Bischofskonferenz hat eine Bezuschussung nunmehr davon abhängig gemacht, dass sowohl die Rahmenordnung-Prävention [Rahmenordnung – Prävention gegen sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz] als auch die Interventionsordnung [Ordnung für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger und schutz- oder hilfebedürftiger Erwachsener durch Kleriker und sonstige Beschäftigte im kirchlichen Dienst] in die Satzung katholischer Verbände, also unsere Cartellordnung, aufgenommen wird.“

Auch über „andere Verbände“ ist einiges zu lesen, insbesondere zum „Zentralkomitee der deutschen Katholiken“ (ZdK): „Wie bereits in den vergangenen Jahren arbeiten wir mit den korrespondierenden Vorständen des Cartellverbandes der österreichischen katholischen Studentenverbindungen (ÖCV), des Schweizerischen Studentenvereins (SchwStV), des Kartellverbandes der katholischen Studentenvereine (KV) und des Verbandes der Wissenschaftlichen katholischen Studentenvereine Unitas e.V. eng und erfolgreich zusammen.
Seit dem Jahr 2024 ist der Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen wieder mit einem eigenen Vertreter im Zentralkomitee der deutschen Katholiken vertreten. Im Verbund mit den Cartellbrüdern, die ein Mandat aus anderer Quelle haben, haben wir somit nicht nur eine eigene Stimme im ZdK.“

Laut vorläufigen Haushaltsplan 25/26 hat der CV Einnahmen in Höhe von 926.000 Euro durch die „Alten Herren“, diese zahlen jeweils 46 € Mitgliedsbeitrag. Von den „Aktiven“ kommen 81.000 Euro bei einem Regelsatz von 16 €. Die offenen Rücklagen schwinden seit Jahren und liegen zur Zeit bei einer halben Million Euro. Der Mitgliederstand des Cartellverbandes betrug zum Stichtag 1. März 2025: 174 Ehrenmitglieder, 20.591 „Urphilister“ (also „Alte Herren“) und 3.826 „Urstudierende“ & „Verkehrsgäste“. Also hat der CV insgesamt 24.591 Mitglieder.
Zum „Europäischen Kartellverband“ steht auch ein bisschen was, der Auflösungsantrag des CV zur KVV des EKV am 15. November 2025 ist mittlerweile gestellt:
„Der Cartellverband (CV) und der Schweizerische Studentenverein (SchwStV) werden vermutlich in diesem Jahr mit dem Europäischen Kartellverband (EKV) brechen, und dessen Auflösung beantragen resp. ihren Austritt erklären: Der CV-Rat beanstandet seit über zehn Jahren die unkoordinierte und ineffektive Arbeit des EKV-Präsidiums und des EKV-Rates. Permanent werden Satzung und Geschäftsordnung so verändert, dass ein ungeheuerlicher Organisationsapparat entsteht, der aber nicht produktiv arbeitet.
Die dem EKV angehörenden Verbände werden über Projekte nicht informiert, oder so spät, dass sie nicht mehr umgesetzt werden können. Durch die Säumigkeit des Vorstandes hat der EKV den NGO-Status beim Europäischen Parlament verloren. Wiederholt drängt sich der EKV unabgestimmt in die Veranstaltungsorganisation der Verbände. Der CV-Rat hält die derzeitige Struktur des EKV für ineffektiv. Eine entsprechende Demarche wurde dem EKV mit einem Gesprächsangebot überstellt, eine Reaktion ist bisher nicht erfolgt.“

Zum Glück sind wir nicht Gianluigi Nuzzi, unser Communiqué nicht die Vatileaks und der „Cartellverband“ nicht der Vatikan. Aber ein bisschen nervös ist der CV schon.
Über Nuzzi schrieb der Spiegel (Archiv) kürzlich im Rahmen seiner Berichterstattung über die private Spionagefirma „First Wap“ und ihr Altamides-System. Das System wurde vom Vatikan genutzt, um Nuzzi über das SS7-Protokoll des Handynetzes zu orten. Der Spiegel berichtet über den Auftrag des Vatikans:
„Vier Tage später begann das Tracking von zwei Handys. Beide gehören Gianluigi Nuzzi, einem italienischen Investigativjournalisten. Sein Spezialgebiet sind Enthüllungen aus dem Kirchenstaat. Einige Jahre zuvor hatte er mit seinem Buch »Vatikan AG« weltweit Schlagzeilen gemacht, Korruption und skandalöse Finanzgeschäfte der Vatikanbank aufgedeckt.
Nun stand er kurz davor, den nächsten Aufreger zu veröffentlichen. »Seine Heiligkeit« basierte auf geheimen Briefen des deutschen Papstes Benedikt XVI., die aus dessen Wohnung verschwunden waren. Nuzzi beschrieb Intrigen und Machtkämpfe. Der Skandal wurde unter dem Namen »Vatileaks« bekannt. Entsprechend groß war die Nervosität rund um den Petersdom.
Fast 200-mal wurde der Aufenthaltsort des Autors in den folgenden Tagen abgefragt, zeitweise automatisiert einmal pro Stunde. Nur eine knappe Woche später verhaftete die Vatikanpolizei Nuzzis wichtigsten Informanten – den damaligen Kammerdiener des Papstes. Am nächsten Tag endete die Dauerüberwachung Nuzzis – das Interesse schien verflogen.“