Der Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine (KV) veranstaltet vom 29. Mai bis zum 1. Juni 2025 seine „109. Vertreterversammlung in Bautzen / Gut Schmochtitz“. Das „Bildungsgut Schmochtitz St. Benno“ ist eine katholische Bildungs- und Tagungseinrichtung des Bistums Dresden-Meißen. Der Kartellverband mit seinen rund 65 Bünden und über 16.000 Mitgliedern ist nach dem fast doppelt so großen „Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen“ (CV) der zweitgrößte Dachverband katholischer Korporationen. In Freiburg gibt es gleich vier „Katholische Studentenvereine“ (KStV): den „KStV Bavaria Freiburg“, den „KStV Brisgovia Freiburg“, den „KStV Germania-Hohentwiel Freiburg“ und den „KStV Neuenfels Freiburg“.
Während der CV um die Aufnahme von Nicht-Katholiken ringt, will der KV die Aufnahme auf Christen beschränken. Konkret beantragen die „Vororte“ des KV, also die für ein Jahr vom „Aktiventag“ gewählten vorstehenden „Aktivenvereine“ des Dachverbands, in der Satzung des KV festzuschreiben, dass nur „christliche Studierende“ Mitglied im KV werden können. Gemeint sind hier natürlich „christliche Studenten“, denn der KV ist wie der CV ein reiner Männerbund. Gemäß des Antrags des „KStV Askania-Burgundia Berlin“ und des „AV Gothia Hannover“ (AV steht für „Akademischer Verein“) sollen die einzelnen Mitgliedsbünde für sich selbst auch restriktivere Einschränkungen beschließen können.
Die österreichischen Bünde sind im „Kartellverband katholischer nichtfarbentragender akademischer Vereinigungen Österreichs“ (ÖKV) organisiert. Der ist analog zum ÖCV des CV und anders als bei den meisten „schlagenden“ Dachverbänden eine getrennte Organisation. Es gibt nur eine Doppelmitgliedschaft: Der „KStV Rhenania Innsbruck“ ist sowohl Mitglied im KV als auch im ÖKV.
Zwei Bünde außerhalb Deutschlands sind Mitglied im KV: Der Schweizer „KStV Carolingia Freiburg im Üechtland“ und der „KStV Urbano Rom“. Letzterer ist allerdings noch vereinsmeierischer drauf als die deutschen Bünde, zumindest sorgt er sich mehr als andere um die „Rechtsform des KV“. In einem Antrag für die „Vertreterversammlung“ in Bautzen beantragt „Urbano Rom“, dass der KV sich „die Rechtsform eines eingetragenen Vereins (e.V.)“ mit „Sitz in Würzburg“ und Eintrag „im Vereinsregister des AG Würzburg“ gibt:
„Bislang ist die Rechtsform des KV nicht definiert bzw. nur ein Zusammenschluss von Mitgliedern, den Kartellvereinen. Um für die Zukunft des KV einen breiteren Handlungsrahmen zu haben, wird die Rechtsform des eingetragenen Vereins gewählt. Hierdurch ergeben sich in Bezug auf die Geschäftsführung mehr Möglichkeiten.“
Der „Kartellverband“ hat wie die meisten anderen Korporationsdachverbände ein Demografie-Problem, denn er ist hoffnungslos überaltert. Aber alte Herren sterben gerne mal und zahlen dann keinen Mitgliedsbeitrag mehr. Da die Ausgaben offenbar sakrosankt sind, hat das in letzter Zeit zu immer höheren Beitragssätzen geführt, was wiederum für vermehrte Austritte sorgte.
Die „Katholische Süddeutsche Studentenverbindung Alemannia München“ (KSStV) stellt daher den Antrag: „Der Altherrenbeitrag wird auf 75 € gedeckelt.“ Die Begründung liest sich deprimierend (zumindest für Katholiken) und zwischen den Zeilen scheint die für deutsche Vereine übliche Korruption durch:
„Demografie-bedingt sind in den kommenden Jahren massive altersbedingte Mitgliederabgänge zu erwarten. Folglich sind damit auch erhebliche Mindereinnahmen durch ein geringeres Beitragsaufkommen verbunden. Dieser Umstand wird von der Antragstellerin als das drängendste Problem des Kartellverbandes angesehen und sollte somit absolut prioritär angegangen werden, wenn der Kartellverband dauerhaft bestehen bleiben soll.
Auf der Vertreterversammlung 2022 wurde eine Beitragserhöhung auf 75 €, ab 2026 auf 85 € und ab 2029 auf 100 € je A-Philister beschlossen. Alle Kartellvereine steuern demografie-bedingt auf die gleiche Finanzierungslücke zu. Diese wird durch die steigenden KV-Beiträge noch verschärft, was bei vielen Kartellvereinen existenzbedrohend werden kann. Seit Jahren sind die altersbedingt zu erwartenden Mindereinnahmen bekannt, ohne dass der KV-Rat oder die zuständigen Gremien bisher angemessen darauf reagiert haben.
Die dringend zu betrachtende Ausgabenseite bleibt
seit jeher unangetastet. Stattdessen wurde 2022 lediglich der bezeichnete Beschluss gefasst, ohne das Problem strukturell anzugehen. Dies führte zu dem derzeit allerorts vorhandenen Unmut in den Mitgliedsverbindungen und -vereinen. Um diesem adäquat entgegenzutreten, soll der Altherrenbeitrag dauerhaft auf 75 € gedeckelt bleiben (Obergrenze), um die Verantwortlichen zu zwingen, sich endlich der Kostenreduzierung auf der Ausgabenseite anzunehmen.“
Dieser Vorschlag mag für Münchner Lebensverhältnisse angemessen erscheinen, der „KStV Agilolfia Regensburg“ (unterstützt von 13 anderen Bünden) und die „Vororte“ wollen den Mitgliedsbeitrag hingegen auf 60 € pro „Alten Herren“ pro Jahr festsetzen. Das wären immer noch eine Million Euro an Mitgliedsbeiträge für den KV pro Jahr.
Der „Kartellverband“ und der „Cartellverband“ entstanden aus einer Spaltung des 1863 gegründeten „Kartells katholischer Studentenverbindungen“ entlang der Frage des „Farbentragens“. Zwar trugen auch die nicht-farbentragenden Vereine, die 1865 den KV gründeten, bei ihren Ritualen Schärpen in den Farben ihrer Verbindung. Aber sie lehnten den „Vollwichs“ für ihre „Chargierten“ (inklusive Dekoblankwaffe) ab.
Auch heute – 160 Jahre später – wird im „Kartellverband“ noch immer um das Thema „Wie hältst du es mit dem Farbentragen?“ gerungen. Die „Vororte“ beantragen eine Satzungsänderung, die den „Kartellverband“ als „fakultativ farbentragenden Verband“ anerkennen würde:
„Der Großteil der Kartellvereine ermöglicht es ihren Mitgliedern, Band zu tragen. Gleichzeitig gibt es zahlreiche, die dies entschieden nicht tun. Um der Heterogenität des Kartellverbandes auch in diesem Punkt gerecht werden zu können, wird an den einschlägigen Beschluss der VV 2019 angeknüpft und das realitätsferne ,nichtfarbentragender‘ in ein Realität anerkennender ,fakultativ farbentragender‘ geändert.
Die Spaltung in KV und CV geht wesentlich auf einen der Gründungsbünde des „Kartellverbands“ zurück und der ist in dieser Frage ganz anderer Meinung. Der „KStV Arminia Bonn“ wurde 1863 als Gegenpol zur ältesten katholischen deutschen Studentenverbindung „KDStV Bavaria Bonn“ im „Cartellverband“ gegründet. Beide Bünde bilden ein wesentliches Reservoir konservativer deutscher Spitzenpolitiker.
Auf der Liste der „Alten Herren“ der „Bavaria“ befinden sich die ewigen Schattenkanzler Hans Globke (Zentrum & CDU, sein NSDAP-Mitgliedsantrag wurde abgelehnt) und Friedrich Merz (CDU), auf jener der „Arminia“ stehen die deutschen Kanzler Georg von Hertling (Zentrum), Wilhelm Marx (Zentrum), Heinrich Brüning (Zentrum), Kurt Georg Kiesinger (NSDAP & CDU) und Konrad Adenauer (Zentrum & CDU).
Eben dieser „Katholische Studentenverein Arminia zu Bonn“ stellt auf der „Vertreterversammlung“ Ende Mai in Sachsen den Antrag, den seit 1949 verfemten Wahlspruch „Mit Gott für deutsche Ehre“ wieder zu verwenden und sich mit den Farben des „Kartellverbands“ zu identifizieren, statt sie nur zu „führen“: schwarz-weiß-rot.
„An die hohe Vertreterversammlung des Kartellverbandes
Unseren Gruß zuvor!
Eine Vertreterversammlung seines lieben Kartellverbandes erlaubt sich Unterfertigter um die Verhandlung folgenden Antrags zu bitten:
Antrag:
Die hohe Vertreterversammlung des KV möge beschließen: § 64 der Satzung wird wie folgt geändert:
(1) Sitz des Kartellverbandes ist Würzburg.
(2) Die Farben des Kartellverbandes sind Schwarz-Weiß-Rot; im Wappen Schwarz-Rot-Gold.
(3) Der Wahlspruch des Kartellverbandes lautet „Mit Gott für deutsche Ehre".
Begründung:
Um den Kartellgedanken und den Zusammenhalt unter der Kartellbrüdern zu stärken und zu festigen, bedarf es neben regelmäßigem Austausch auch symbolischer Formen.
Verbandsfarben und ein gemeinsamer Wahlspruch können solche Identifikationsmerkmale sein. Dies scheint in Zeiten, in denen der Verband zunehmend um Orientierung und Halt ringt, umso wichtiger zu sein. Glücklicherweise verfügt der KV bereits - wie andere Verbände auch - über solche und kann auf seine alten Traditionen zurückgreifen.
Es ist an der Zeit, bei allen Unterschieden der Vereine, auch ihre Gemeinsamkeiten zu betonen.
Mit den besten Wünschen für den weiteren Verlauf der Vertreterversammlung, ein dem Kartellverband stets treu ergebener und ihn voranbringender, sehr verehrlicher
K.St.V. Arminia zu Bonn“.