Am 12. Juni berichtete t-online unter dem Titel „Missbrauchsskandal um Priester: Der Cartellverband und der Menschenfänger“ über Edmund Dillinger, das „einstige Aushängeschild“ des „Cartellverbands“:
„Dillinger war auch Ehrenvorsitzender des Hilfswerks CV-Afrika-Hilfe, bis diese Ehrung nach Aufdeckung des jahrzehntelangen Missbrauchs aufgehoben wurde. Der Priester hatte die Hilfsorganisation 1971 gegründet. Er war auch von 1970 bis 1982 Bundesseelsorger des Cartellverbands.“
Edmunds Neffe Steffen Dillinger hatte „im Frühjahr 2023 das Haus seines wenige Wochen zuvor verstorbenen Onkels durchstöbert“ und dort in einer Kiste „zahlreiche Kleinbildfilme, die leicht bekleidete Jugendliche und junge Männer zeigten, teilweise in pornografischen Posen“ gefunden:
„Es seien Nacktbilder gewesen, Posing-Aufnahmen. Steffen Dillinger erkannte abgebildete Personen. Mehr als 4.000 Aufnahmen befanden sich im Haus des verstorbenen Priesters, davon zig Aufnahmen aus Afrika. In den 70er- und 80er-Jahren hatte er als Vorsitzender der CV-Afrika-Hilfe zahlreiche Reisen auf den Kontinent unternommen.“
Obwohl Dillingers Missbrauchstaten bereits 1961 auffielen und spätestens 1964 aktenkundig wurden, konnte er „mehr als 50 Jahre lang […] als Geistlicher in Schulen und Pfarreien weiterarbeiten.“
Erst 2012 wurde Dillinger kirchenintern „konfrontiert, ihm wurde das Recht entzogen, Messen zu lesen, und ihm wurde ein Kontaktverbot mit Kindern und Jugendlichen erteilt.“ Aber ein „Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Trier wegen des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern wird nach kurzer Zeit eingestellt – die Straftaten waren verjährt.“ Dieselbe Staatsanwaltschaft ließ später Dillingers Tagebücher verbrennen und vereitelte damit die Aufklärung des Missbrauchsskandals. Persönlich verantwortlich ist der Staatsanwalt Martin Casper, dessen Motivation noch unbekannt ist.
Der CV war jedenfalls über den Missbrauch informiert: „t-online liegen Nachrichten und Aussagen mehrerer Personen vor, die nahelegen, dass der CV-Rat bereits in der Vergangenheit Informationen über Vorwürfe gegen Dillinger hatte. So heißt es in einer Nachricht einer CV-internen Facebook-Gruppe, der Cartellverband ,habe das schon seit den 90ern gewusst‘. Auch im Abschlussbericht der Untersuchungskommission ist festgehalten, es habe ,bereits in der Vergangenheit innerhalb des CV Gerüchte zu Dillingers Umgang mit jungen Männern‘ gegeben. Es sei gemunkelt worden, dass er auf ,kleine Jungs‘ stehe.“
Der momentane „CV-Rat“ versucht mittels einer Nebelkerze vom Skandal des „Cartellverbands“ abzulenken:
„Der aktuelle CV-Ratsvorsitzende Claus-Michel Lommer erklärt auf Anfrage von t-online, der amtierende CV-Rat habe erst durch die aktuelle Berichterstattung nach dem Tod Dillingers von den Missbrauchsvorwürfen gegen den ehemaligen CV-Seelsorger erfahren. An der Aufklärung habe man mitwirken wollen, aber nichts beitragen können.“
Doch der CV-Ratsvorsitzende in den 1990er Jahren wusste Bescheid: der vor zehn Jahren verstorbene Erich Hasselkuss aus Bochum, „Alter Herr“ der „KDStV Bavaria Bonn“, der „AV Salia-Silesia Gleiwitz zu Oppeln“ (das polnische Opole), der „AV Cheruscia Münster“, der „KDStV Saxo-Thuringia (Dresden, Aachen) Bochum“, der „KDStV Merowingia Kaiserslautern“ und der „VKDSt Saxonia Münster“:
„Ein Cartellbruder, der anonym bleiben will, hat allerdings große Zweifel, ob die Vorwürfe damals wirklich unbemerkt geblieben sind. Im Gespräch mit t-online sagt er, schon 1995 habe ihn der damalige, heute bereits verstorbene CV-Ratsvorsitzende vor Dillinger gewarnt. Der damalige Vorsitzende habe geäußert, ,man solle sich mit Jugendlichen von ihm [Anm. d. Red.: Dillinger] fernhalten.‘ Die Thematik sei also im CV zumindest ,auf Verbandsführungsebene‘ schon damals bekannt gewesen.“
Der kritische Antrag der „KDStV Sugambria Göttingen“ im „Vorfeld der Cartellversammlung am vorvergangenen Wochenende“ in Berlin, wonach „Cartellbrüder, die ,wegen Missbrauchs oder Vertuschung von Missbrauchsfällen‘ angeklagt sind, ihre Mitgliedsrechte nicht ausüben dürfen“, war offenbar nicht erfolgreich. „Die KDStV Sugambria forderte dennoch: ,Der CV muss sich fragen, inwieweit er eine Mitverantwortung hat‘. Intern und öffentlich müssten Konsequenzen aus der MIssbrauchsproblematik deutlich werden. Der Cartellverband selbst verweist darauf, dass er die Taten Dillingers sofort nach Bekanntwerden verurteilt habe. Man habe sich auch den Empfehlungen der Bischofskonferenz zum Umgang mit sexuellem Missbrauch angeschlossen. Von diesem Ansinnen findet sich nichts in den internen Protokollen zur Versammlung.“