Seit Anfang August ist die linke Szene in Freiburg starker Repression von Seiten der Stadtverwaltung, der Lokalpresse und der Polizei ausgesetzt. Am 3. August wurde der Wagenplatz von Kommando Rhino auf dem M1-Gelände im Vauban von einem martialischen Polizeiaufgebot geräumt und vollständig zerstört. In der Nacht auf den 4. August drang eine Hundertschaft der Polizei in das Autonome Zentrum KTS Freiburg ein und in der Nacht auf den 5. August wurden BesetzerInnen der Gartenstraße 19 von der Polizei für den Rest der Nacht aus dem besetzten Haus geworfen. Als Reaktion wurde nach einer Kundgebung und einem Straßenfest eine linksradikale Vollversammlung einberufen, um gemeinsam die Situation zu analysieren und über das weitere Vorgehen zu beraten.
Die Räumung des Rhino-Wagenplatzes war einer der größten Polizeieinsätze in Freiburg seit Jahren. Die am Räumungstermin auf dem Gelände verbliebenen Wägen wurden beschlagnahmt und der ganze Platz zerstört. Viele Menschen aus Freiburg und anderen Städten waren an den Protesten gegen die Räumung beteiligt. Wir möchten uns ganz herzlich bei allen bedanken, die vor, während und nach der Räumung ihren Protest und ihren Widerstand auf die Straße getragen haben. Gegen die Räumung wurden vielfältige Aktionsformen gewählt. So wurden unter anderem in der Nacht vor der Räumung neben Barrikaden auch mehrere Baufahrzeuge auf dem V8-Gelände angezündet. Hier war am 25. März 1994 die erste KTS besetzt und bereits am 7. Juli des gleichen Jahres wieder von der Polizei geräumt worden. Nicht anders erging es den Schattenparkern, die das Gelände in den folgenden Jahren zwei Mal besetzten.
Das Rhino-Kollektiv selbst hatte für den Tag der Räumung beschlossen, dass es von, auf und im direkten Umfeld des Geländes ausschließlich gewaltfreie Aktionen geben sollte. Daran haben sich auch bis auf die Polizei alle gehalten. Diese verletzte während der Räumung AktivistInnen, SympathisantInnen, JournalistInnen und Gemeinderäte durch Knüppelschläge, Pfefferspray und Fauststöße. Trotz des hohen Sachschadens sieht es im Moment so aus, dass einer der wenigen, die überhaupt strafrechtlich verfolgt werden sollen, ein Journalist ist, der Fotos von der Räumung machen wollte.
In der folgenden Nacht führte die Polizei eine Razzia im Autonomen Zentrum KTS Freiburg durch. Kurz zuvor war sie wie bereits während der Rhino-Räumung auf das SUSI-Gelände eingedrungen und hatte den neuen Wagenplatz in der Lise-Meitner-Straße auf dem Vauban umzingelt. Die KTS wurde von einer Hundertschaft Polizei umstellt, welche vergeblich versuchte die Haustür aufzubrechen. Sie zerstörten daraufhin die Scharniere einer Notausgangstür und drangen ins Café ein. Der Einsatz wurde nach einigen Minuten abgebrochen, doch noch die ganze Nacht kam es um die KTS und in der ganzen Stadt zu willkürlichen Kontrollen. Sechs Personen wurden auf dem Heimweg von der KTS verhaftet.
Die KTS Freiburg ist ein selbstverwalteter Freiraum mit langer Geschichte. In den letzten Wochen und Monaten gab es vermehrte Angriffe auf das AZ. Auch wenn zur Zeit keine unmittelbare Gefahr für ihren Fortbestand besteht, werden wir Angriffe nicht dulden und die KTS verteidigen. Die Gartenstraße 19 hingegen ist in ihrer Existenz bedroht. Die Stadtverwaltung will das besetzte Haus und somit einen der wenigen Freiräume in der Innenstadt schließen. Die Polizei verbreitete im Vorfeld der Rhino-Räumung die Fehlinformation, dass es sich bei den BesetzerInnen der Gartenstraße und des M1-Geländes um denselben Personenkreis gehandelt habe.
Prompt folgte in der Nacht auf den 5. August eine Razzia im besetzten Haus in der Gartenstraße 19. Bereits am 24. Februar hatte es eine erste Razzia gegeben, doch diesmal gab die Polizei nicht Strafverfolgung als Grund für die Durchsuchung an. Sie wollte eine Verfügung der Stadtverwaltung durchsetzen, welche eine weitreichende Nutzungseinschränkung vorsieht. Und das, obwohl die Fahrradwerkstatt, der Info- und der Umsonstladen in der Gartenstraße vor allem von Jugendlichen rege genutzt werden. Durch diverse bürokratische Auflagen und angedrohte Strafzahlungen soll jetzt der Eigentümer doch noch dazu gebracht werden, einer Räumung zuzustimmen. Der erhöhte Druck auf die Stadtverwaltung zur Schließung der Gartenstraße 19 wurde maßgeblich durch die Lobbyarbeit zweier BZ-RedakteurInnen aus der Nachbarschaft initiiert. Die Stadt nutzt zur Durchsetzung der Forderung nach Ruhe und Ordnung die Bürokratie als Waffe gegen die BesetzerInnen.
Unterstützt wird die Stadtverwaltung in ihrem Angriff auf linke Infrastruktur von der Badischen Zeitung, die auch am Tag der Rhino-Räumung ihr Medienmonopol ausnutzte. Sobald die BZ vor Ort war, begann eine in Freiburg seit Jahren einmalige konservative Pressehetze. Die Lügen und die einseitige Darstellung der Badischen Zeitung wurden über die Presseagenturen in ganz Deutschland verbreitet und die restlichen Medien zogen nach. Auf das Rhino-Gelände selbst durften nur ausgewählte JournalistInnen. Solange die Badische Zeitung nicht selbst betroffen ist, findet sich zu einer solchen Einschränkung der Pressefreiheit kein Wort in der Zeitung. Manche Informationen wurden von der BZ gar nicht aufgegriffen. Ein besonders krasses Beispiel ist die Drohung eines mit einem Gewehr bewaffneten Anwohners gegenüber Autonomen, sie im Falle des Baus einer Barrikade zu erschießen.
Die Badische Zeitung erhielt noch vor der eigentlichen Räumung von der Polizei die Information, dass es Angriffe mit Molotov-Cocktails auf Feuerwehrleute gegeben habe. Statt derart sensible Informationen vor einer Verbreitung durch eine zweite Quelle zu überprüfen, stellte die Badische Zeitung sie als Fakten dar und verkam dadurch zum Sprachrohr der Polizei. Erst durch unabhängige JournalistInnen wurde die Molli-Lüge der Polizei aufgedeckt. Bis heute gibt es außer ein paar Kommentaren auf der Website keine offizielle Stellungnahme, in der die Badischen Zeitung die Falschinformationen in der gleichen Deutlichkeit und auf dem gleichen Weg zurückgenommen hätte, auf dem sie verbreitet wurden.
Dass der Kurs der Badischen Zeitung nicht alleine der Inkompetenz der BZ-Online-Redaktion zugeschrieben werden kann, machte die Berichterstattung der folgenden Tage deutlich. Polizei und rechten PolitikerInnen wurde viel Platz geboten, teilweise ohne die Möglichkeit einer Kommentierung durch LeserInnen. Nicht nur in Leitartikeln und Kommentaren wurden ungeprüfte Fehlinformationen offen zu Spaltungsversuchen gegen die linke Bewegung genutzt und eigentlich verantwortungsbewusst durchgeführte Aktionen zu hinterhältigen Anschlägen erklärt. Tendenziöse Darstellunge fanden sich auch in redaktionellen Artikeln und Reportagen, in Karikaturen und der Bildsprache. Sogar Kinder waren in der Kolumne „B.Zetti – Erklär’s mir“ zum Thema „Warum darf man nicht überall wohnen?“ Ziel der rechten BZ-Propaganda.
Diese öffentliche Diskreditierung linksradikaler Politik, Aktivitäten und Freiräume ist Teil einer Stragie, die zur Zeit von Presse und Polizei gemeinsam verfolgt wird. Kritische Stimmen sollen mundtot gemacht und alternative Politik und Kultur soll aus der öffentlichen Wahrnehmung verschwinden. Die verstärkte Nutzung unabhängiger Medien wie Radio Dreyeckland und Indymedia linksunten kann zumindest ein Gegengewicht zum de facto Meinungsbildungs- und Definitionsmonopol der Badischen Zeitung sein. Während die BZ beispielsweise bei der Rhino-Räumung einen Angriff mit Molotov-Cocktails auf Feuerwehrleute kolportierte, gab es keinen Artikel über den Angriff mit Mollis auf einen parkenden Polizeiwagen in der Nacht auf den 7. August.
Die Polizei wiederum versuchte mit den Razzien und Verhaftungen ein Zeichen zu setzen. Der linken Szene wollte sie zeigen, dass kein Rückzugsraum in Freiburg vor ihr sicher sei. Auch wurden Linke am Rande von Veranstaltungen aufgrund alter Justizrechnungen überfallartig festgenommen. Am 12. August beschlagnahmte die Stadtverwaltung vier Wägen, die auf einem Gelände in Zähringen vorübergehend Stellplätze bezogen hatten. Doch diese Strategie der Einschüchterung hat bisher nicht die erhoffte Wirkung erzielt, denn alle wissen, dass der polizeiliche Belagerungszustand nicht dauerhaft aufrecht erhalten werden kann.
In der grünen Hochburg Vauban machte die grüne Stadtverwaltung Politik gegen ihr eigenes Klientel. Denn im Quartier gab es eine breite Unterstützung für die Rhinos. Ihre unkonventionelle Lebensweise wurde von den Vauban-BewohnerInnen unterm Strich als Bereicherung gesehen und nicht als Angriff auf Wohlstand, Recht und Gesetz, wie es Stadtverwaltung und Presse gerne hätten. Nach den Rhino-Riots versuchten Presse und Stadtverwaltung Hand in Hand mittels dreister Distanzierungsforderungen bis hin zu Denunziationsaufrufen die linke Szene entlang der Gewaltfrage zu spalten. Verschiedene Aktionsformen sollen so gegeneinander ausgespielt und der Widerstand gegen den schwarz-grünen Ökokapitalismus gespalten werden. Als Reaktion fanden mehrere linksradikale Vollversammlungen statt. Wir lassen uns weder einschüchtern noch spalten:
Gegen die Hetze, gegen Gesetze — für mehr Bauwagenplätze!
Autonomes Zentrum KTS Freiburg
Autonome Antifa Freiburg
Anarchistische Gruppe Freiburg
Freiraumkampagne Plätze.Häuser.Alles.
Linksradikales Bündnis Kontrollverlust
[a§B] autonome Sport und Bastelgruppe
Communiqué mit Fotos, Audio und Links auf Indymedia linksunten