Der Bundesgerichtshof (Az.: 2 StR 237/23) hat am 13. März 2024 das Skandalurteil des Landgerichts Mühlhausen (Az.: 3 KLs 101 Js 47753/18 jug) vom 15. September 2022 im Fretterode-Prozess aufgehoben. Am 29. April 2018 hatten Gianluca Bruno und Nordulf Heise, die beide bei Nordulfs Vater Thorsten Heises wohnten, am Tatort Fretterode in Thüringen zwei Journalisten überfallen und schwer verletzt.
Die Göttinger Nebenklageanwälte Sven Adam und Rasmus Kahlen schreiben: „Das Landgericht hatte mit einem ersichtlich milden Urteil die zwei Neonazis Gianluca B. und Nordulf H. wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von lediglich einem Jahr, ausgesetzt zur Bewährung bzw. zu einer Arbeitsauflage von 200 Arbeitsstunden nach Jugendstrafrecht verurteilt. Die Nebenklage hatte eine Verurteilung insbesondere auch wegen schweren Raubes mit deutlich höheren Strafen und insbesondere die Berücksichtigung der neonazistischen Beweggründe bei der Strafzumessung gefordert.
Die Verurteilung wegen schweren Raubes hatte das Landgericht verweigert, weil es die Aussagen der Nebenkläger hinsichtlich des Raubes einer Spiegelreflexkamera in Zweifel gezogen hat und stattdessen insoweit den Neonazis mehr Glauben geschenkt hat, die den Raub und weite Teile des Tatgeschehens insgesamt bestritten haben. Auch neonazistische Beweggründe der Täter wollte das Landgericht nicht erkannt haben.
Auf die Revision der Nebenklage und der Staatsanwaltschaft hat der BGH die Beweiswürdigung des Landgerichts Mühlhausen nun für fehlerhaft erklärt. Es fehle an einer Gesamtwürdigung aller Indizien hinsichtlich des Raubes der Kamera – auch hinsichtlich des Tatmotivs. Zudem sei der Verbleib der Kamera nicht in der Beweiswürdigung erörtert worden. Das Verfahren wurde an eine andere Kammer des Landgerichts Mühlhausen zurückverwiesen, die die Beweisaufnahme neu durchführen muss.“
Der „Deutsche Journalisten-Verband“ (DJV) schreibt: „Der brutale Überfall von Rechtsextremisten auf zwei Journalisten in Fretterode war kein Kavaliersdelikt, wie die erste Instanz Glauben machen wollte. […] Der Angriff war nicht nur ein feiger Angriff auf Menschen, sondern auch ein Angriff auf das Grundrecht der Pressefreiheit.“
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