Nach der Berichterstattung des Coburger Tageblatts hat drei Tage später auch die zweite Coburger Tagesszeitung einen Artikel zur aktuellen Debatte um den CC-Kriegsklotz veröffentlicht. Am 15. November berichtete die Neue Presse Coburg unter dem Titel „Coburger Convent: Neue Debatte ums Ehrenmal“ über das Kriegerdenkmal der „Deutschen Landsmannschaft“ im Coburger Hofgarten, vor dem der „Coburger Convent“ an jedem Pfingstmontag bewaffnet aufmarschiert.
Die Coburger Grünen fordern die Entfernung zweier Naziplaketten von dem Kriegerdenkmal. Auf ihnen sind die Porträts von Ferdinand Ernst Nord und Max Lindemann abgebildet – samt Schmissen. Ihren Stadtratsantrag begründen die Grünen mit der kürzlich veröffentlichten Habel-Studie zum CC, die fundierte Informationen zu den beiden CC-Altnazis liefert.
Als CC-Counterpart hat die Lokalzeitung Markus Witte interviewt. Der Berliner HU-Prof für Theologie und Literaturgeschichte ist „Alter Herr“ der „Turnerschaft Alsatia Straßburg zu Frankfurt“ und der „Landsmannschaft Saxo-Suevia Erlangen“. Letzteres verschweigt Witte der Zeitung lieber, denn die „Saxo-Suevia“ ist ein Bund des Silberkartells und war 2023 „Präsidierende“ des CC.
Witte wandte sich an seine „lieben Kartellbrüder“ von der „Landsmannschaft Thuringia“, als diese Ende 2019 ein „Silberkartelltreffen“ in Berlin organisierten – an Wittes Wohnort: „gibt es ein detailliertes Programm für das Silberkartelltreffen in Berlin? Falls ja, würde ich mich über eine Zusendung sehr freuen. Ich wünsche euch einen guten Semesterstart. Mit herzlichen kartellbrüderlichen Grüßen, Prof. Dr. Markus Witte, T! Alsatia et L! Saxo-Suevia“. Offenbar fiel Witte nicht auf, dass er bei einem Nazibund zu Gast war. Oder es machte ihm nichts aus.
Bei Markus Witte handelt es sich qua Beruf um einen religiösen Dogmatiker, für den es keine Gesellschaft ohne Religion geben kann. Auf dem 125. Stiftungsfest der „Alsatia Frankfurt“ postulierte er offen seine antisäkularen Thesen, wie die CC-Blätter 2/2006 festhielten: „Ohne Gerechtigkeit, Solidarität und Religion sei Bildung nicht denkbar.“
Die „Alsatia Frankfurt“ stellt mit Stefan Naas den Fraktionsvorsitzenden der FPD im hessischen Landtag. Witte und Naas waren oder sind aber auch „Bundesbrüder“ des AfD-Bundestagsabgeordneten Thomas Seitz, der bis Ende 2021 zudem auch Mitglied der „Freiburger Turnerschaft Markomanno-Albertia“ war. Das ist kein Zufall: die „Alsatia Frankfurt“, die „Markomanno-Albertia Freiburg“ und die „Frisia Albertina Braunschweig“ gründeten vor etwa zehn Jahren den „Turnerring“, einen „Kreis“ im „Coburger Convent“.
Der „Turnerring“ trifft sich mindestens einmal jährlich und fungiert als eine Art Kartell im CC: „Die oben genannten Turnerschaften setzen sich in wichtigen Angelegenheiten in Verbindung, insbesondere soll vor einem o. und ao. CC-Tag eine Besprechung der Erstchargierten stattfinden. Das Recht der freien Stimmabgabe bleibt erhalten. In wichtigen Fragen wird eine einheitliche Stimmabgabe angestrebt.“
Wie alle CC-Verbindungen hat sich auch die „Alsatia“ aktiv am Nationalsozialismus beteiligt und hatte NS-Täter in ihren Reihen. Zu Wittes Verbindung gehörte beispielsweise das NSDAP-Mitglied Landgerichtsrat Kurt Bothe, geboren am 20. November 1906, gestorben am 6. August 1979. Bothe war während der NS-Zeit an 24 Todesurteilen beteiligt.
Nur schwer erträglich ist Wittes NS-Verharmlosung in der Neuen Presse. Dort äußert er sich zum CC-Kriegerdenkmal wie folgt: „,Wie würden wir heute, 100 Jahre später, ein solches Denkmal gestalten?‘, fragt Witte. ,Vielleicht würden wir Kinder mit angsterfülltem Blick darstellen, Mütter, die dem Betrachter ihre Hände hilfesuchend entgegenstrecken, Flüchtlinge mit ausgemergelten Körpern und Schwimmwesten. Und vielleicht würde die Aufschrift nun lauten: Unseren getöteten Geschwistern.‘“
Witte stellt damit die „grob behauenen nackten Jünglinge“ im Coburger Hofgarten als Opfer dar – vergleichbar mit Flüchtlingen im Mittelmeer – und nicht als Täter, die sie waren: Soldaten im 1. Weltkrieg, Freiwillige in den rechtsradikalen Freikorps, eine der Säulen der NS-Diktatur und schließlich Soldaten im 2. Weltkrieg. Der fanatische Nationalismus der Landser lässt sich noch heute an der Inschrift ihres „Ehrenmals“ ablesen: „Heiliges Vaterland, segne unsere gefallenen Helden und einige Dein Volk in Pflichttreue und Hingabe für Dich. Deutschland muss leben und wenn wir sterben müssen!“