Wie wir in „Alte neurechte Schule“ und „Die schützende Hand“ gezeigt haben, tummeln sich an bayerischen Unis einige neurechte Dozenten, insbesondere in den Geschichtswissenschaften, besonders an der Uni Würzburg. Da lohnt ein genauerer Blick und siehe da, ein alter Bekannter ist mittlerweile Lehrbeauftragter am Lehrstuhl für Neueste Geschichte an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg: Dr. Nicholas Nedzynski. Wir kennen den Herrn Doktor noch als Nick Nedzynski: Einer der Gitarristen der 2010 aufgelösten Naziband „Von Thronstahl“.
Im Sommersemester 2024 betreute Nedzynski, geboren am 29. November 1976, als einer von mehreren Dozenten das Seminar „The Western Allies and the German Resistance to Hitler, 1933-1944“ als Teil der Einführung in die Neueste Geschichte an der Uni Würzburg. Im Sommersemester 2025 betreut Nedzynski ein gleichlautendes Seminar an der Uni Bamberg.
Dort stellte eine Antirainitiative bereits 2013 auf Facebook die berechtigte Frage: „Wer ist eigentlich Dr. Nicholas Nedzynski, neuer Dozent für neuere und neueste Geschichte an der Universität Bamberg?“
Die Initiative wies auf das Kondolenzbuch von Otto von Habsburg hin. Zum Tode des letzten Kronprinzen von Österreich-Ungarn schrieb „Dr. Nicholas Nedzynski“ dort 2011: „Mein aufrichtiges Beileid! Mit dem Tode Ottos scheidet der letzte Verfechter der wahren Reichsidee hin. Möge er in Frieden ruhen!“
Auch auf Nedzynskis damalige Neofolk-Band „Lady Morphia“ wies die Antirainitiative hin, die „Nick“ und sein Bruder „Chris“ Nedzynski noch in Großbritannien gegründet hatten. „Nicks“ Identifikation mit der Band ging so weit, dass Nicholas Nedzynski seine E-Mailadresse LMorphia@aol.com auch in neurechten Kreisen nutzte. Mit dieser E-Mailadresse und seiner damaligen Postadresse Michelsberg 2, 96049 Bamberg, registrierte er sich auf einschlägigen Portalen. Allerdings nutzte er dafür zwei unterschiedliche Namen: „Nicholas Nedzynski“ und „Nick Nedzynski“.
Nick Nedzynski registrierte sich auf Musikseite discogs.com als Lead-Musiker von „Lady Morphia“. Mit dem gleichen Namen und dem gleichen Profilbild registrierte er sich auch auf der polnischen Seite winyle-online.pl. Dort findet sich in der Liste der „Aliasy“ sein musikalischer Zweitname: „Nick/Sussex“. Auf discogs.com wiederum ist „Nick/Sussex“ als Gitarrist auf dem 2007 veröffentlichten „Von Thronstahl“-Albums „Sacrificare“ aufgeführt.
Das ist alles öffentlich, nur bekannt ist es nicht. Der Zusammenhang lässt sich beispielsweise beim „Terrorverlag – Alternative Music Webzine“ in einer Rezension des „Lady Morphia“-Albums „Essence and Infinity“ vom 15. April 2007 nachlesen:
„Nach einer veröffentlichungstechnischen Ruhepause von immerhin 6 Jahren meldet sich nun LADY MORPHIA weniger lautstark denn akzentuiert zurück. Rückgrat des seit 1996 existierenden Projektes sind die Brüder Chris und Nick Nedzynski, die in England ansässig sind und folglich vorliegende Scheibe dort auch zwischen 2003 und 2005 aufgenommen haben. [...]
Eine übertriebene Deutschtümelei („Heimseite“, „Weltnetz“) sowie die Verwendung von roter Schrift auf grünem Grund im ansonsten gelungenen Booklet sei LADY MORPHIA verziehen, die auf ihrer MySpace Seite insbesondere die Beteiligung am neuen VON THRONSTAHL Werk ,Sacrificare‘ in höchsten Tönen loben. Jedem das Seine.“
Nedzynski posierte im „Lady Morphia“-Musikvideo „Widerstand“ von besagtem Album zu den Worten „We offer resistance“ vor dem Grab von Oswald Spengler – einem der Wegbereiter des Nationalsozialismus, der in dem Lied glorifiziert wird.
Es verwundert daher nicht, dass „Lady Morphia“ gleich auf mehreren Samplern zusammen mit der expliziten Naziband „Von Thronstahl“ vertreten ist. Darunter einem Sampler von 2001 mit dem Namen „Za Dom Spremni“, dem Gruß der faschistischen Ustascha-Bewegung in Kroatien.
Auch in dem von Andreas Speit 2002 herausgegebenen, einflussreichen Buch „Ästhetische Mobilmachung“ wird „Lady Morphia“ erwähnt: „Auch andere Autoren der Konservativen Revolution, etwa Oswald Spengler und Arthur Moeller van den Bruck, wurden von dem Kopf der britischen Band Lady Morphia hervorgehoben.“
Zu „Von Thronstahl“ heißt es dort unter anderem: „Im Frühjahr 1999 erfolgte bei Eis & Licht eine weitere Debütveröffentlichung – Sturmzeit der Gruppe Von Thronstahl. Josef Klumb ist der Kopf der Band, der nach seinen Arbeiten bei Forthcoming Fire und Weissglut mit Von Thronstahl ein neues musikalischen Betätigungsfeld fand. Der Verschwörungstheoretiker bewegt sich seit Jahren zwischen der braunen und Schwarzen Szene. Außer diversen Interviews in der JF, der Mitarbeit im rechtsextremen Verlag VAWS, seinem Plädoyer für den »Nationalen Sozialismus« und der Autorenschaft in der antisemitischen Zeitschrift Sleipnir unterstützte er musikalisch auch die nationalsozialistische Black-Metal-Gruppe Absurd.
Dem antisemitischen Verschwörungstheoretiker Jan Udo Holey widmeten Von Thronstahl ihr Lied Mitternachtsberg auf dem Riefenstahl-Sampler. Eindeutige Aktivitäten, die das Auftrittsverbot von Klump und seiner Gruppe beim Wave-Gotik-Treffen 2000 rechtfertigten. Die Gruppe war für die Stadt Leipzig ein Beweis, dass »mit dem Auftritt rechtsextremistischer Gruppen« zu rechnen sei und »die Verbreitung verfassungsfeindlichen Gedankenguts« zu erwarten wären. Daraufhin ließ Eis & Licht verlautbaren, dass sie, wenn sie auch »die musikalische Arbeit des Projektes noch immer schätzen«, keine weitere Zusammenarbeit mit Klumb planen.“
„Von Thronstahl“ baute Ausschnitte aus Reden des 1987 verstorbenen Pfarrers Hans Milch in ihre Songs ein, der die Piusbrüder nach Deutschland geholt hat. Hans Milch war seit 1962 „Alter Herr“ „KDStV Greiffenstein (Breslau) zu Frankfurt am Main“ im „Cartellverband“. Milch trat 1969 der „Bewegung für Papst und Kirche“ aus Regensburg bei, die unter anderem von Walter Hoeres gegründet wurde. Walter Hoeres ist der Vater von Peter Hoeres, dem Chef von Benjamin Hasselhorn und Nicholas Nedzynski an der Uni Würzburg.
Die „Bewegung“ und die 1972 gegründete „Spes unica“-Gemeinde – beide richteten sich gegen die „Irrlehren des II. Vatikanischen Konzils“ – fusionierte Milch 1979 zur „Actio Spes Unica“ am Ort seiner alten Gemeinde im hessischen Hattersheim am Main. Der 1976 gegründete „actio spes unica e.V.“ wird heute von Stephan Schüler aus Eschborn, geboren am 22. Januar 1976, und Jan Wedel aus Rauenberg, geboren am 9. Februar 1970, geleitet. Auf der Website finden sich dann auch heute noch die Reden von Richard Williamson, dessen Tod im Januar 2025 in aufgeklärten Kreisen gefeiert wurde.
In einer Landtagsanfrage wollte die oppositionelle SPD 2010 von der baden-württembergische CDU/FDP-Landesregierung unter Stefan Mappus wissen, „ob ihr die Aussagen des Oberen der Piusbruderschaft Distrikt Deutschland, Pater [Franz Schmidberger], in einer Veröffentlichung der Piusbruderschaft aus dem Jahre 1994 bekannt sind ([Franz Schmidberger]: Der Glaube: gestern – heute – morgen, Stuttgart 1994):
,Der Katholik [...] sieht sich einer ganzen Front von Feinden gegenüber – die Welt ist voller Teufel. Sie sprechen von alten und neuen Ketzern; ich sehe insbesondere den Neoprotestantismus bis hin zu den fundamentalistischen Sekten; die Freimaurer, nicht zuletzt vom internationalen Zionismus beeinflusst und gesteuert‘
und ob sie diese Aussage als antisemitisch wertet, ebenso wie die Aussage aus einer Veröffentlichung der Piusbruderschaft aus dem Jahr 2008 ([Franz Schmidberger]: Die Zeitbomben des II. Vatikanischen Konzils. Priesterbruderschaft St. Pius X., Stuttgart 2008, Vortrag vom 9. April 1989, gehalten vor der Bewegung actio spes unica), in der die Juden als ,des Gottesmordes mitschuldig‘ bezeichnet werden, ,solange sie sich nicht durch das Bekenntnis der Gottheit Christi und die Taufe von der Schuld ihrer Vorväter distanzieren‘“.
Sechs Jahre später wurde bekannt, dass unter Franz Schmidberger systematischer Kindesmissbrauch in Piusinternaten stattfand – bis hin zu baulichen Veränderungen wie dem Zaumauern von Fluchtwegen der Kinder vor dem regelmäßigen Missbrauch durch Priester der Piusbruderschaft. Und Schmidberger ist weiterhin aktiv, wie ein aktueller Rechercheartikel der antifaschistischen Gruppe anita f. aus Regensburg zeigt:
„Im ,Mitteilungsblatt der Priesterbruderschaft St. Pius X für den deutschen Sprachraum‘ wird 2009 unter ,Neues aus dem Distrikt 20‘ vom ,Treffen der Ärztevereinigung St. Lukas‘ berichtet. Beim zweiten Treffen der bis dahin informellen ,Ärztevereinigung St. Lukas‘ Oktober 2009 im deutschen Distriktsitz der Priesterbruderschaft St. Pius X. in Stuttgart kam ein gutes Dutzend Ärzte, Pflegefachkräfte und Medizinstudenten zusammen.
Vor Ort beschlossen und eingeleitet wurde die Vereinsgründung der ,Ärztevereinigung St. Lukas – Katholiken im Gesundheitswesen‘, um den bisher informellen Treffen einen festen Rahmen zu geben. Die im Vereinsregister hinterlegte Satzung des Vereins trägt das Datum des Treffens (11.10.2009) und führt als 1. Vorsitzende Dr. Angela Köninger aus Essen, als Schriftführer Franz Schmidberger aus Stuttgart und als Kassenwart Dr. Harald Keller aus Rheinstetten.“
Angela Köninger ist Leiterin der Gynäkologie des Regensburger Krankenhauses Sankt Hedwig und war am 18. Mai 2022 Sachverständige im Bundestag zur Aufhebung des Verbots der Werbung für Schwangerschaftsabbrüche gemäß § 219a StGB. Angela Köningers Aktivitäten in dem rechtsradikalen Piusverein und ihr Engagement in der reaktionären „Lebensschützer“-Bewegung wurden bisher ebensowenig thematisiert wie Nicholas Nedzynskis Neofolk-Nazivergangenheit.