Wieder gab es faschistische Vorträge in Freiburg. Die Nazis täuschten den Wirt einer Gastwirtschaft in Littenweiler über ihre wahren Absichten. Sie mieteten das Hinterzimmer seines Lokals an, um dort Vorträge über „deutsche Geschichte“ zu halten. Der Wirt war ehrlich entsetzt über seine Gäste und stellte klar, dass er den Nazis nie wieder seine Räumlichkeiten zur Verfügung stellen werde. Die erste von drei Veranstaltungen fand am 8. April statt. Bei der zweiten Veranstaltung am 20. Mai war Bernhard Schaub zu einem Vortrag zum Thema „Deutschland aus völkerrechtlicher Sicht“ geladen. Schaub veröffentlichte 2007 die Broschüre „Der Weg zum Reich“ zusammen mit dem „Collegium Humanum“ aus Vlotho, das am 7. Mai vom Bundesinnenministerium „wegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen und fortgesetzter Leugnung des Holocaust“ verboten wurde. Bereits 2004 wollte Schaub in Freiburg einen Vortrag halten, der jedoch wegen einer antifaschistischen Demonstration abgesagt werden musste. Die Badische Zeitung zitierte damals Gerüchte, die Nazis hätten „sich nach dem Auftrittsverbot für den Gastredner Bernhard Schaub durch die Stadt Freiburg schon am [16.01.2004] in Müllheim“ getroffen. Später gab der Organisator Patrick Fehrenbach „unter Kameraden“ zu, dass es sich bei der angeblichen Vorverschiebung um eine „Presseente“ gehandelt habe, um Freiburg „nicht dauerhaft Kampflos aufzugeben und vor allem aber das Gesicht zu wahren nachdem das alles ja relativ große Wellen in der Presse geschlagen hatte...“
Am 23. Juni konnte Wolfgang Grunwald aus Ballrechten-Dottingen dann endlich seinen Vortrag zum Thema „Heuschrecken-Kapitalismus“ vor 15 älteren Männern und Frauen halten. Der Unternehmensnazi verbreitet also nach wie vor völkische Ideologie, nationalsozialistische Propaganda und chauvinistische Demagogie: „Völkermord, Selbstbestimmung, das Volk. Nation wird uns verweigert, wir werden als Volk und Nation zerstört und die Frage ist: Warum ist das so und wer sind die Täter? Wir haben den Krieg der Weltanschauungen: Die Heuschrecken gegen die Völker. [..] Wir haben nicht nur die Heuschrecken der Ostküste, sondern wir haben auch diese Staatsfonds, die sagen: Beteilige ich mich doch an diesem oder jenem. Vor 20 Jahren hat das ein gewisses Aufsehen erregt, als Kuba angefangen hat, sich an Daimler, also einem bedeutenden deutschen Unternehmen, zu beteiligen. Das heißt, wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass wir uns in einem Weltschanschauungskrieg befinden. Da müssen wir selber uns entscheiden: Wir haben Eigennutz gegen Gemeinnutz, den individualistischen gegen den Gemeinschaftsgeist, Materialismus gegen Idealismus. Und in diesem Krieg befinden wir Deutsche uns schon seit über 100 Jahren, als in den 90er Jahren des 19. Jahrhunderts Deutschland exportstark wurde. Also es ist ein Krieg, um es nochmal zusammenzufassen, des Internationalismus gegen den Nationalismus.“
Grunwald bediente also das antisemitische Stereotyp von der „jüdischen Weltverschwörung“ geleitet durch die „einflussreichen Juden von der amerikanischen Ostküste“. Er machte klar, dass sein vermeintlicher „Antikapitalismus“ nichts anderes als eine zeitgenössische Variante von Gottfried Feders Antisemitismus ist: „Es wird also nicht ausreichend differenziert zwischen dem Finanzkapital und dem Produktivkapital. Vor 70 Jahren nannte man das das schaffende Kapital und das raffende Kapital. Wenn wir jetzt an diese Produktionsunternehmen denken, zum Beispiel Krupp oder andere, die da Maschinen produzieren, das heißt es waren ja schaffende Kräfte, es wurden vernünftige Produkte produziert. [..] Man muss einfach unterscheiden: Die Marxisten sagen immer nur: Das Kapital. Zerstören und zersetzen wollen sie immer nur das heimische Produktivkapital, aber niemals das Finanzkapital.“ Grunwalds verkürzte Kapitalismuskritik verkennt den Unterschied zwischen Wesen und Erscheinungsform des Kapitalismus. Wie sein historisches Vorbild – der Strasser-Flügel der NSDAP – verneint Grunwald, dass sich in den Waren die gesellschaftlichen Verhältnisse vergegenständlichen. Die abstrakten gesellschaftlichen Strukturen des Kapitalismus werden auf das bewusste Wirken von Personen reduziert. Die Juden sind in diesem Weltbild die Feinde jeder Gemeinschaft, der Antisemitismus ist bei den Freiburger Nazis nach wie vor virulent.
Die Naziveranstaltungen können nur stattfinden, wenn die Nazis Räumlichkeiten finden, wenn Gaststätten mit ihnen kooperieren. Wir fordern daher alle Gastwirte auf, sich ihr Klientel genau anzuschauen und uns etwaige Nazianfragen zu melden. Auf diesen Veranstaltungen wird der Nationalsozialismus offen propagiert und ein neues Auschwitz ideologisch vorbereitet. Sie dienen der Bekräftigung der menschenverachtenden Ansichten der bisher noch kleinen Gruppe bürgerlicher Nazis in Freiburg, die sich dort weiter vernetzen. In Zukunft dürfen keine weiteren faschistischen Veranstaltungen geduldet werden, wehret den Anfängen!
Autonome Antifa Freiburg