Donnerstag, 31.12.2020

Die Corona-Pandemie war 2020 ohne Frage das weltweit dominierende Thema. Die Ausgangssperren und die Schließungen von Autonomen Zentren wie der KTS hat die radikale Linke hart getroffen. Dafür zeichnet sich auf unerwartetem Gebiet ein überraschender Sieg ab: Das Vermummungsverbot wurde durch ein Vermummungsgebot ersetzt. Was für verrückte Zeiten, in denen Bullen Unvermummte anzeigen und große Supermarktketten Propaganda für Vermummung machen: „Heute trägt man Verantwortung.“
Im Januar hetzte die Nazipartei AfD auf zwei Demonstrationen in Köln und Baden-Baden gegen den öffentlichen Rundfunk. Die Naziorganisation „Combat 18“ wurde vom Bundesinnenminister verboten. Im Januar 2020 ging zweieinhalb Jahre nach dem linksunten-Verbot das Archiv von linksunten.indymedia.org online. Das linksunten-Archiv wird mindestens „in fünf Ländern auf drei Kontinenten dauerhaft gespiegelt“. Damit erfüllte sich unsere Vorhersage aus dem Winter 2017, „dass es den Repressionsbehörden nicht gelingen dürfte, das Archiv der Seite dauerhaft aus dem Netz zu verbannen.“ In Freiburg gab es eine Veranstaltungsreihe zum Tag (((i))) und wenige Tage vor dem linksunten-Prozess gab es in Leipzig eine militante Demo für Indy linksunten. Ende Januar wurde die Klage gegen das Vereinsverbot dann aus formalen Gründen abgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht weigerte sich wie erwartet das linksunten-Verbot inhaltlich zu prüfen. Mal schauen, was das Bundesverfassungsgericht sagt, in ein paar Jahren. So vorhersehbar das Leipziger Urteil im Januar war, so überraschend kam im Oktober das Urteil des VGH Mannheim, das die linksunten-Razzia in der KTS für rechtswidrig erklärte. Die KTS, höchstrichterlich geprüft nicht das Vereinsheim von Indymedia linksunten, wartet noch immer auf die 30.000 Euro, die im Haus als linksunten-Vereinsvermögen beschlagnahmt wurden.
Im Februar wurde die LU15 in Tübingen durchsucht. Für die WerteUnion war es kein tolles Jahr. Der Revolverheld und Nazianwalt Ralf Höcker trat im Februar als Vorsitzender des AfD-Lobbyvereins in der CDU zurück und im August folgten viele Austritte. Der FDPler Thomas Kemmerich wurde mit den Stimmen der AfD zum Ministerpräsident von Thüringen gewählt. Einen Monat später wählte die Linkspartei in Thüringen den AfD-Abgeordneten Michael Kaufmann zu einem von fünf Landtagsvizepräsidenten. Am 19. Februar war der Nazianschlag von Hanau mit zehn Toten: Ferhat Unvar, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtović, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Păun, Said Nesar Hashemi, Fatih Saraçoğlu, Gabriele Rathjen. In Berlin folgte die militante Kampagne „Die AfD hat mitgeschossen“.
Im März gab es erste Ausgangssperren. Am 10. März ist Stefan Rost vom Mietshäuser Syndikat gestorben. Das Bundesinnenministerum gab das Verbot einer Reichsbürger-Organisation bekannt und der Verfassungsschutz die Beobachtung des AfD-„Flügels“, der daraufhin seine Selbstauflösung bekannt gab.
Im April wurde der Burschentag der „Deutschen Burschenschaft“ auf November verschoben und schließlich im Oktober abgesagt. Die neue Vorsitzende „Normannia-Nibelungen zu Bielefeld“ wurde schließlich in einem Umlaufverfahren gewählt. Am 1. April gab es Razzien bei Nazihools in NRW. Die Chaoswochen führten in der AfD zu einem Stühlerücken und der abgesagte Bundesparteitag in Offenburg zu Anschlägen im Südwesten. In Freiburg gab es einen Anschlag auf ein Fahrzeug der WISAG-Gruppe. Die Naziattentäter von Kassel und Halle wurden angeklagt. Die City Cobras wurden trotz Nazishirt auf einer kommunistischen Kundgebung auf dem Platz der Alten Synagoge akzeptiert.
Im Mai nahmen die Corona-Demos der Verschwörungsgläubige zu. Es gab antifaschistische Proteste und die Garten-Coop positionierte sich gegen die Corona-Querfront. In Stuttgart wurde ein Nazigewerkschafter am Rande einer „Querdenken“-Demo verprügelt, was im Juli zu Razzien und einer Festnahme und im November zu einer weiteren Festnahme führte. Am 2. Mai versammelten sich knapp 60 AfD-Nazis unter Polizeischutz auf dem Platz der Alten Synagoge. Unter den Rednern war auch der Corona-Leugner Thomas Seitz, der lustigerweise im Dezember selbst an Covid-19 erkrankte.
Im Juni gab es wie auch im Rest des Jahres Repression gegen HausbesetzerInnen und Korruption bei der Polizei in Freiburg. In Frankfurt wurde ein §129a-Verfahren wegen eines Brandanschlags auf den Bundesgerichtshof in Leipzig an Neujahr 2019 eingeleitet. Der rassistische Mord an George Floyd in Minneapolis führte zu Antira-Unruhen in den USA unter Präsident Donald Trump. Die BlueLeaks sorgten für Transparenz mit der Veröffentlichung der persönlichen Daten von 700.000 US-Bullen. Der von der „Leipziger Burschenschaft Germania“ geplante „Rassenkrieg“ wurde von Sachsen-Anhat Rechtsaußen und in der taz nachgezeichnet und später vom MDR aufgegriffen. Die Badische Zeitung attackierte vergeblich die KTS. In Stuttgart war Krawallnacht, was die Polizei zu Aufrüstung und Rassismus nutzte. Die Naziorganisation „Nordadler“ wurde verboten. Ende Juni wurde der Nazi Tim Löffelbein vom Freiburger Amtsgericht zu dreieinhalb Jahren Knast verurteilt. Sein Komplize Daniel „Dalton“ Mikus stand bereits im Februar vor Gericht.
Im Juli gab es in Freiburg einen Anwerbeversuch und einen weiteren Anwerbeversuch bei einer Minderjährigen. In Hamburg wurde das harte Urteil im Elbchaussee-Prozess drei Jahre nach dem G20-Gipfel verhängt.
Im August wurde die „Burschenschaft Normannia Heidelberg“ öffentlich als Hort des Antisemitismus gebrandmarkt. Der Ruf war ruiniert, die Aktivitas aufgelöst, über ein Dutzend Alte Herren ausgetreten und nun prüft das Finanzamt auch noch die Gemeinnützigkeit des Hausvereins. Deswegen planen die Burschen gerade ihre Satzung noch schnell zu ändern, damit ihre Villa nicht wirklich an die Uni Heidelberg fällt, sollte ihnen die Gemeinnützigkeit aberkannt werden. In der Neuköllner Brandanschlagsserie wurden zwei Nazistaatsanwälte wegen Befangenheit vom Justizsenator abberufen. In der AfD wurde Kalbitz geschasst und der Syndikats-Brandstifter Joachim Scholtz stellte sich als AfD-Spender heraus.
Im September gab es Razzien gegen den Roten Aufbau im Norden und Westen. Am 2. September starb der anarchistische Anthropologe David Graeber. In Seattle wurde der Antifaschist Michael Forest Reinoehl von Bullen kaltblütig ermordet. Das Flüchtlingslager Moria in Griechenland brannte. In Niedersachsen und Schleswig-Holstein zerbrachen die AfD-Landtagsfraktionen an Austritten.
Im Oktober wurde in Nancy die Nazibücherei Les Deux Cités eröffnet. In Griechenland endete der Prozess gegen die Nazipartei Golden Dawn. In Basel wurden Haftstrafen gegen Basel Nazifrei verhängt. In Berlin wurde die Liebig34 nach mehr als 30 Jahren geräumt. Unter anderem in Freiburg wurde deshalb zwei Autos abgefackelt. Es gab riesige Waffenfunde bei Nazis in Süddeutschland und auch in Freiburg gab es Naziaktivitäten.
Im November wurde in einem §129-Verfahren eine Linke in Leipzig festgenommen. Zwei Tage später marschierten 20.000 Rechtsradikale durch die Stadt. Bei der Räumung des Dannenröder Walds gab es Schwerverletzte durch die Bullen. Nach dem Kauf einer Naziwaffe musste Lorenz Caffier als Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern zurücktreten. Die „Gruppe Somogyi“ wurde vor dem Oberlandesgericht Stuttgart angeklagt. Die französischen Aufstände hatten dieses Jahr ihren Höhepunkt am 28. November, als eine halbe Million Menschen gegen die Legalisierung des permanenten Ausnahmezustands durch die Macron-Regierung auf die Straße gingen und in Paris die Banque de France brannte. In Freiburg gab es eine Antirep-Kundgebung und in Basel eine große Antifademo.
Im Dezember gab es wie das ganze Jahr über Skandale um Bullen in Nazichatgruppen. Im September hofierte die BZ die AfD, im Dezember ließ sich von ihr kaufen. Im September wurde Dubravko Mandic wegen Nötigung verurteilt, im Dezember nach dem ersten und zweiten am dritten Prozesstag im Kaiserstuhlbrücken-Prozess wegen gefährlicher Körperverletzung. Eine überregionale „Querdenker“-Demo wurde in Freiburg verboten. Die AfD machte mit Waffenkäufen von sich reden. Es gab Brandanschläge auf die Zelle und eine Hambi-Mahnwache. Am 12.12.2020 um 13:13 ging die jährliche Demo gegen Überwachung und Repression zum Knast. Wegen des Corona-Versammlungsverbots an Silverster einen Tag früher endete das Jahr ansonsten wie jedes Jahr: Silvester zum Knast!